Weihnachtsfeier

Malen verbindet

16. Dezember 2010
von Börsenblatt
Warum nicht unkonventionelle Wege gehen? Rainer Moritz über Alternativen zur Gans.
Lang ist es nicht mehr hin. In den Süßwarenabteilungen türmen sich seit Mitte Oktober die Lebkuchenherzen und Spekulatius. Und jede Buchhandlung, die etwas auf sich hält, hat einen Thementisch gedeckt, auf dem sich advent- und weihnachtliche Anthologien ausbreiten und, zumindest in südlichen Gefilden, für Karl-Josef Waggerls weinendes Christuskind ein Plätzchen findet.

Für alle abhängig Beschäftigten, auch im Buchhandel und Verlagswesen, liegt im näherrückenden Fest der Liebe die Verheißung auf die allseits beliebten Weihnachtsfeiern. Daran sollte man nicht sparen, selbst wenn Vorgesetzte wie Angestellte in ehrlichen Momenten sofort einräumen würden, dass sie derartige Zusammenkünfte als Belastung empfinden.

Wie die Ansprache des Verlegers ertragen, der die Lage schönredet, abgedroschene Bilder (»Lassen Sie uns gemeinsam in die Offensive gehen!«) bemüht, Theodor Storm zitiert und den billigen Rotwein vom Discounter kredenzt? Wie verkraften, dass der Kollege aus der Taschenbuchabteilung nach ein, zwei Gläsern »touchy« wird und ausführlich davon berichtet, dass ihn seine Frau nicht versteht, ja, im Grunde nie verstanden hat.

Sogar Franz Beckenbauer hat das erotische Potenzial solcher Abende unterschätzt, damals 1999, als er mit seiner Sekretärin ... Das alles wollen wir kurz vor Jahresende nicht über uns ergehen lassen, und offen gesagt, fiele es uns sogar leicht, auf die köstliche Gans nebst Rotkohl zu verzichten, auf jenes fettige Geflügel, das unseren Magen belastet und ohne zwei Birnenschnäpse gar nicht zu verdauen ist. Wer mit der Zeit gehen will, muss Kreativität entwickeln, gerade beim Thema Weihnachtsfeier. Mitarbeiter brauchen Motivationsschübe, die schwerlich in Wichtel- und Julklapporgien ihren Höhepunkt finden. Warum nicht unkonventionelle Wege gehen und Gemeinsamkeit zelebrieren, wie früher im Kindergarten?
Ich für meinen Teil würde zum Beispiel gern an einem Paint Event teilnehmen, wie es mir Christine Napp auf ihrer Homepage www.colour-feeling.de nahebringt, bewusst konzipiert als Alternative zu trostlosen Festbesäufnissen auf der Bowlingbahn.

Worum es bei einem Paint Event geht? Passen Sie auf: »Paint Event ist ein kreatives Happening, das allen Beteiligten Spaß macht und die Gemeinsamkeit und Individualität fordert. In Kleingruppen malen und gestalten alle unter Anleitung Bilder, die anschließend zu einem Gesamtwerk gefügt werden.«
Könnte das nicht eine Weihnachtsfeier werden, die wir nie vergessen? Mit der Kollegin aus der Buchhaltung dekorativ-expressive Bilder auf die Leinwand werfen, sich den Rock mit grüner Farbe versauen und den Chef für seine künstlerische Ausdruckskraft loben – das sind Eindrücke, die eine polnische Hafermastgans nicht zu schenken vermag.

Ein solches Weihnachtsmalen schmiedet das gern beschworene Team zusammen, stärkt die Verbundenheit, und im Anschluss besteht die Möglichkeit, das so erarbeitete Kunstwerk im Empfang oder im Besprechungsraum aufzuhängen – auf dass die Erinnerung an dieses einmalige Erlebnis nie verblasse. Für Buchhändler wäre es denkbar, interessierte Kunden mit Volkshochschulerfahrung in das Happening einzubinden, denn eines ist sicher: »Spaß und Freude beim Malen ist garantiert.«