Frankfurter Buchmesse: Verlegerworkshop in Marokko

Strategietraining in Casablanca

6. Dezember 2010
von Börsenblatt
"Verlegen in Gegenwart und Zukunft: Moderne Strategien für Programmplanung, Marketing und Vertrieb" war das Thema eines Workshops, zu dem die  Frankfurter Buchmesse vom 29.11. bis 2.12. marokkanische Verleger und Buchhändler nach Casablanca eingeladen hatte.
Wegen der extremen Witterung musste der Beginn des Workshops zunächst verschoben werden. Bis zu 100 Liter Regen pro Quadratmeter waren innerhalb einer Nacht auf Casablanca und weite Teile des Landes niedergegangen und hatten Straßen und Bahngleise unter Wasser gesetzt.

Mit einem halben Tag Verzögerung, am 30. November um 14 Uhr, konnten die Referentinnen Gabriele Rubner (Verlag Kunst + Reise) und Sabine Schubert (Klopotek) endlich mit ihrem Programm beginnen. 14 der insgesamt 20 Teilnehmer hatten es bis dahin ins Konferenzhotel geschafft.

Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer beginnt das Programm mit einem Vortrag über Planung im Unternehmen. Dabei gilt es, zunächst eine Vision zu entwickeln: Wie positioniert sich das Unternehmen im Markt, wo will es hin? Wofür steht das Unternehmen, welche Werte repräsentiert es? Welche Strategie muss es wählen, um seine Ziele zu erreichen? In drei Arbeitsgruppen spielen die Teilnehmer einen konkreten Fall durch. Ausgangslage: "Sie erben einen Verlag mit einem sehr heterogenen Programm. Welche Schwerpunkte würden Sie setzen?"

Um Zielgruppenansprache geht es im zweiten Teil des Workshops: Kann man typische marokkanische Konsumenten definieren und bestimmten Milieus zuordnen – analog zur deutschen Sinus-Studie? Wohl nur begrenzt, da sind sich die Teilnehmer einig. In Großstädten wie Casablanca gibt es beispielsweise schon moderne Performer, nicht aber im ländlich geprägten Süden.  

Mit voller Teilnehmerzahl startet der Workshop in den zweiten Tag. Die Arbeitsgruppen stellen die von ihnen entworfenen typischen Zielgruppenvertreter vor. Nächster Programmpunkt ist das strategische Management, ohne das Programmplanung, Marketing und Vertrieb nicht zum Erfolg führen können.

Dabei geht es um das Marktumfeld und die Marktstruktur, um die Konkurrenzsituation, um Statistiken, rechtliche Rahmenbedingungen und das Potential an Fachkräften – alles Punkte, die den marokkanischen Verlegern manchmal Kopfzerbrechen bereiten. Standards wie die Anerkennung des Urheberrechts können nicht vorausgesetzt werden, es fehlen signifikante Marktzahlen, und der Alphabetisierungsgrad in der Bevölkerung liegt bei nur etwa 50 Prozent.

Der dritte Workshop-Tag beschäftigt sich mit dem Marketing. Wegen der geringen Margen werden Werbemaßnahmen häufig gar nicht einkalkuliert – was man auch im Buchhandel merkt. Vor allem in Buchhandlungen mit arabischer Literatur fehlt jede Form der Präsentation oder Kundenansprache. Dabei ließe sich, wie auch der Workshop vermitteln soll, schon mit Bordmitteln viel erreichen.

Den Workshop in Casablanca betreute Ursula Holpp von der Frankfurter Buchmesse, Kooperationspartner war das Goethe-Institut Marokko. Die Veranstaltung war Teil eines Fortbildungsprogramms, das die Frankfurter Buchmesse in zahlreichen Ländern anbietet – unter anderem auch im Iran, wo Ende Oktober / Anfang November ebenfalls ein Verleger-Workshop stattfand.