Interview

"Mit einer starken Verlagsgruppe im Rücken"

16. November 2010
von Börsenblatt
Jürgen Horbach über seinen Weggang von der Vemag - und über die Potenziale, die er beim Kalenderverlag KV&H heben will.

Warum wechseln Sie von der Vemag zum Kalenderverlag? Sind die Gestaltungsmöglichkeiten in Köln erschöpft, wie zum Beispiel der Boje-Verkauf an Lübbe nahe legen könnte?

Horbach: Mit dem Kalenderverlag KV&H, der ja zur Cornelsen-Gruppe gehört, gab es seit einigen Monaten gute Gespräche. Richtig ist, dass sich die Vemag-Gesellschafter entschlossen haben, das Geschäft wieder vorwiegend auf die Nebenmärkte zu beschränken, mit nur noch einem kleinen Buchhandelsanteil. Damit wurde der von den Gesellschaftern vor fünf Jahren an mich erteilte Auftrag, Vemag-Verlage mit einem klassischen Buchhandelsprofil und Qualität zu entwickeln, zurückgenommen – trotz der zwischenzeitlichen beachtlichen Erfolge. KV&H bietet, auf einer äußerst soliden Basis gründend, beste Entwicklungschancen.

Was reizt Sie am Kalendermarkt, mit dem man ja seiner Zeit immer ein Jahr voraus ist?

Horbach: Das ist kein Gegensatz etwa zum Sachbuch, das ich aus eigener verlegerischer Tätigkeit gut kenne. Auch hier müssen Sie Ihrer Zeit immer voraus sein. Kalender sind natürlich vom Bild her bestimmt, nicht vom Text. Hier wie dort muss man neue Themen und Auffassungen erspüren. KV&H bedient dabei alle Genres und Segmente, von Kinderthemen und Fantasy über Comics und Wissenskalender bis hin zu hochwertigen Landschafts-, Tier- und Kunstkalendern. Puzzles nicht zu vergessen. Die Spannbreite reicht inhaltlich vom Boulevard bis zu höchsten Ansprüchen. Das alles kenne ich aus langjähriger Arbeit, nicht zuletzt von der Vemag.

Wie sehen Sie denn die Gestaltungschancen beim Kalenderverlag?

Horbach: Die Fusion von KV&H ist ein Jahr her. Unmittelbarer Gesellschafter ist das Bibliographische Institut in Mannheim als Teil von Cornelsen. Wesentliche Fusionsziele wurden im letzten Jahr erreicht, das eine oder andere bleibt noch zu tun. Daneben besitzt der Verlag mit den Teilen Heye, Harenberg und Weingarten als Marktführer mit einem beachtlichen Volumen noch Chancen im Inland und auch im Ausland. Diese heben zu können – dem kommt die dezentrale Führungsstruktur bei Cornelsen entgegen. Mit dieser starken Verlagsgruppe im Rücken lassen sich mittelfristige Ziele gut verfolgen. Dabei ist die Konstante Claudia Knauss in der Geschäftsführung von hohem Wert.

Das Personalkarussell unter dem großen Cornelsen-Dach dreht sich im Moment kräftig. Ist Ihnen das nicht zu unruhig?

Horbach: Überhaupt nicht. Cornelsen ist die größte deutsche Verlagsgruppe im Schulbuch- und Bildungssegment. Und zwischen den einzelnen Personalmeldungen besteht kein innerer Zusammenhang. Das trifft auch auf Ulrich Granseyer, meinen Vorgänger bei KV&H, zu. Es gibt auch hier keinen Zusammenhang zwischen seinem Ausscheiden bei Cornelsen vor ein paar Tagen und meinem Eintritt zum 1. Januar 2011.

Bleiben Sie Schatzmeister beim Börsenverein?

Horbach: Ja. Ich wurde im Juni für drei weitere Jahre im Amt bestätigt.

Bislang sind Sie zwischen Ihrem Wohnsitz München und Ihrem Arbeitsplatz Köln hin- und hergependelt. Was tun Sie mit der gewonnenen Zeit?

Horbach: Der Standort von KV&H in Unterhaching bei München ist – was mich betrifft – ein reiner Zufall und nicht entscheidend. Aber durchaus ein willkommener. Vielleicht kann ich nun auch Freitag abends einmal Gäste einladen. Das Pendeln nach Köln ließ sich im übrigen besser organisieren, als ich dies 2005 gedacht hatte.