Buchwissenschaftler fragen Branchenköpfe

Fünf Fragen an Jens Klingelhöfer, Geschäftsführer von Bookwire

3. November 2010
von Börsenblatt
Jens Klingelhöfer, Geschäftsführer der E-Book-Vertriebsfirma Bookwire, hielt im Rahmen der Vortragsreihe "Das Buch in den Medien" der Fachschaft Buchwissenschaft am Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gestern einen Vortrag mit dem Titel "Aktuelle Fragen des E-Publishing – Das E-Book im Fokus”. Die Buchwissenschaftsstudenten fragten nach.

Herr Klingelhöfer, vor über einem Jahr haben Sie Bookwire gegründet. Was macht ihre Firma?

Die Kernkompetenz des Unternehmens ist die Beratung und Dienstleistung rund ums E-Book vor allem für mittelständische und kleinere Verlage. Wir konvertieren Inhalte oder machen sie elektronisch verfügbar. Und wir liefern die E-Books und Apps in alle Shops. Bookwire stellt also die Verfügbarkeit von E-Books sicher. Ihr könnt mein Unternehmen als eine Mischung von Buchauslieferung und Zwischenbuchhandel auf digitaler Ebene ansehen.

Ist das E-Book denn nicht nur ein Hype?

Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass es ganz sicher nicht nur ein Hype ist. Es gibt Prognosen, dass 2010 zwar nur 1,5 Millionen E-Books verkauft werden, 2014/15 aber der E-Book-Absatz schon über 60 Millionen betragen wird. Ich selber glaube, der Markt wird sogar noch rapider wachsen. Die E-Book-Entwicklung findet nämlich in einer Zeit statt, in der die Welt mobil im Internet wird. Die Geräte laden geradezu zum Lesen und Kaufen von E-Books und Apps ein. Wir befinden uns gerade mitten im großen Umbruch, weshalb einige Menschen den E-Book-Markt noch als Hype ansehen.

Stellt das E-Book eine Gefahr für den Buchmarkt dar?

Die Entwicklung des E-Book-Marktes ist nicht mehr aufzuhalten. Vor der Gründung von Bookwire war ich lange Zeit in der Musikbranche tätig und habe dort beobachtet, wie die digitale Musikbranche durch die eigene Untätigkeit von den Konsumenten überrollt wurde. Diese Fehler dürfen im Buchmarkt nicht geschehen. Daher sollte man meiner Meinung nach auf keinen Fall versuchen, das E-Book zu verhindern. Stattdessen ist es wichtig, gemeinsam Mechanismen zu entwickeln, wie ein gutes Nebeneinander von Buch und E-Book möglich ist. Die Situation in Deutschland ist dafür durch die Buchpreisbindung sehr gut. Ich gehe davon aus, dass Dreiviertel des Buchvertriebs weiterhin im Printbereich erfolgen wird. Insbesondere interessant gedruckte Bücher werden weiterhin gefragt sein.

Wie sieht für Sie ein gutes E-Book aus?

Immer wichtiger werden die so genannten „Enriched E-Books". Diese enthalten neben dem klassischen Inhalt Zusatzfunktionen wie Audiodateien, Videos oder Links. Die Verkaufszahlen zeigen deutlich, dass der Trend in die Richtung geht, denn ein normales EPUB sieht wie eine HTML-Seite von 1996 aus. Und wer will das noch sehen? Doch noch sind die Möglichkeiten für die kreative Form der E-Books sehr gering.

Sie haben sehr jung den Weg in die Selbständigkeit gewählt. Auch für uns Buchwissenschaftsstudenten steht bald die Frage an, wie es beruflich weitergehen soll? Welche Vorteile hat ein eigenes Unternehmen?

Die Selbstständigkeit hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Es macht mir Spaß, etwas Eigenes zu erfinden. Und ich mag es, wenn niemanden einem sagt, was man machen soll. Wenn ihr das ebenfalls sucht, kann ich euch die Selbstständigkeit nur empfehlen.

 

Interview: Elisabeth Böker