Noch ein Preis und noch eine Bestenliste. Mehr Unübersichtlichkeit oder echte Orientierungshilfe? Unter den vielen Übersetzungen, die jedes Jahr erscheinen, dominieren Werke aus Europa und den USA. Der Weltempfänger und der Internationale Literaturpreis-Haus der Kulturen der Welt lenken die Wahrnehmung auf andere Kontinente. Die Weltempfänger Bestenliste gibt alle drei Monate Empfehlungen für Literatur aus Asien, Afrika und Lateinamerika an die Leser (litprom.de) und wurde von litprom – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, e.V. ins Leben gerufen. Im September erhielten Marie NDiaye und die Übersetzerin Claudia Kalscheuer den seit zwei Jahren gestifteten Internationalen Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt für den Roman Drei starke Frauen (hkw/literaturpreis). Können diese beiden Instrumente internationaler Literatur mehr Aufmerksamkeit verleihen? Auf der Buchmesse diskutierten darüber Torsten Casimir (Frankfurt am Main), Chefredakteur Börsenblatt,; Andreas Fanizadeh (Berlin), Ressortleiter Kultur taz, Jurymitglied Weltempfänger; Friederike Meltendorf (Berlin), Übersetzerin, 1. Preisträgerin Internationaler Literaturpreis - Haus der Kulturen der Welt 2009; Uwe Wittstock (Frankfurt am Main, Feuilleton WELT); moderiert von Claudia Kramatschek (Berlin), Literaturkritikerin und Kulturjournalistin.
Claudia Kramatschek: Wie steht es um die Literaturen der Welt auf deutschen Buchmarkt? Brauchen wir eine globale Alphabetisierung und wenn ja, wie würde jeder von ihnen diese definieren?
Torsten Casimir: Auf dem deutschen Buchmarkt haben wir eine deutliche Fokussierung, sowohl des Marketings als auch des Konsums von belletristischen Büchern auf den deutschsprachigen Raum. Verlage investieren erheblich in den Vertrieb deutscher Literatur, und das spiegelt sich im Verhalten des Handels wider. Weltliteratur, internationale Literatur, hat es schwer, wahrgenommen und rezipiert zu werden: Der erste Grund ist, dass es überhaupt unglaublich viel gibt. Dieses Schicksal teilt allerdings jedes Buch mit jedem anderen. Und der zweite Grund ist, dass es im Normalfall nochmals eines Zufalls der Begegnung bedarf, bevor man tatsächlich ein Buch, das ins Deutsche übersetzt worden ist, aus anderen Literaturen liest.
Friederike Meltendorf: Das ist ja kein Zufall. Wenn genug Marketingpotenzial da ist, wird man von dem internationalen Buch erfahren, und dann werden wir diesen meist amerikanischen Autor auch lesen. Mich hat Sybille Lewitscharoff in ihrer Festrede anläßlich der diesjährigen Verleihung des Internationalen Literaturpreises im Haus der Kulturen der Welt inspiriert. Sie hat den Bogen von Goethe weiter gespannt: Nach dem 2. Weltkrieg begann eine Hinwendung zur Weltliteratur, dann kamen zuerst die Amerikaner, dann mit James Baldwin der erste schwarze Autor, der auf deutsch lesbar war. Dann hat sie in den 70er Jahren die lateinamerikanische Literatur kennen gelernt und war auch dort vor Ort. So sind wir zeitlich bei der Literatur angekommen, die durch die Weltempfänger-Bestenliste und durch den Internationalen Literaturpreis ins Massenbewusstsein dringen könnte, wenn wir diese wunderbaren Instrumente einsetzen können. Es ist an der Zeit, dass die internationale Literatur aus aller Welt, gesteuert durch solche Preise und solche Listen, wahrgenommen wird. Ich als Übersetzerin habe dazu folgenden Gedanken: Als James Baldwin übersetzt wurde, wurden die Übersetzer gar nicht wahrgenommen. Vielleicht wäre Baldwin dann noch fremder gewesen. Die interessante Literatur ist die fremde Literatur, das hat der Lektor Jürgen Dormagen hier die letzten Tage auf der Messe nett gesagt. Aber zu fremd darf es ja auch nicht sein. Und vielleicht war die Gesellschaft damals gar nicht für solche Störfaktoren wie Übersetzer offen. Diese interessanten Literaturen sind die aktuell fremden Literaturen. Diese Autoren sind in Bewegung, sie wandern gezwungenermaßen durch die Welt und sind noch relativ jung. Und vielleicht ist es aber auch für uns Übersetzer an der Zeit, daran teilzunehmen.
Uwe Wittstock: Deutschland hat doch seine „Hausaufgaben“ zur internationalen Literatur eigentlich ganz gut gemacht. Es sind jährlich über 12000 Lizenzen, die in Deutschland aus anderen Ländern eingekauft und übersetzt werden und auf den Buchmarkt kommen. Das sind ungefähr 12% (gemäß Börsenfibel) des gesamten Buchmarktes, der somit durch ausländische, internationale Literatur vertreten wird. Der angelsächsische Buchmarkt ist da sehr viel mehr auf sich konzentriert ist. In Amerika wird ungefähr 1% internationale Literatur auf dem Buchmarkt angeboten. Also deutlich weniger. Der deutsche Leser wird mit sehr viel ausländischer Literatur konfrontiert und kann aus dieser Literatur auswählen. Nun kann man sich fragen: Was kann man tun, damit zwei Drittel dieser Bücher nicht nur aus dem angelsächsischen Raum kommen, sondern auch aus Afrika? Leider sind es eben Bücher aus den USA oder England. Aber im Prinzip ist dieser Buchmarkt hier in Deutschland sehr weltoffen. Man kann ihm keinen literarischen Chauvinismus vorwerfen.
Claudia Kramatschek: Der Vergleich Amerika-Deutschland stimmt insofern nicht, weil ja gerade die USA ein Immigrantenland sind. Dort sind die Stimmen der Amerikaner mit Migrationshintergrund viel breiter vertreten als hierzulande. Und insofern ist der Vergleich von 1% Übersetzung im Kontrast zu 12% des Gesamtmarktes in Deutschland nicht ganz zulässig. Herr Fanizadeh, zu fremd darf es auch nicht sein, wie Friederike Meltendorf eben gesagt hat, das ist sicherlich etwas, was in ihrem Ohr nachklingelt?
Andreas Fanizadeh: Das Problem derzeit ist nicht, dass es die internationalen Titel nicht gäbe. Aber es besteht ein Problem für das, was die Breite von Kultur und – das muss ich als alter Punk vielleicht auch sagen – Bildung ausmacht: Dass man etwas mehr weiß, als das, was einen unmittelbar umgibt. Und man kann schon feststellen, dass so ein klassischer Bildungsauftrag, der ja auch zu einer gewissen Weltoffenheit, zu einem gewissen kosmopolitischen Ansatz dazu gehört, von immer kleineren feineren Verlagshäusern betrieben werden muss. In den großen sind das ja nur noch Mini-Sparten. Man macht da zwei, drei Titel für den Ruf, auch bei unseren großen Qualitätsverlagen. Ein schlecht ausgestattetes Buch, mit einem kleineren Budget, mit kleinerem Lektorat stößt natürlich erst einmal ab und hat dann schnell den Dritte-Welt-Folklore-Geruch. Es hat sofort das Stempelchen, es sei qualitativ nicht up to date und kann unserem universalistischem Ansatz und dem besten US-amerikanischen Standard von Literatur nicht standhalten. Dann kommt eine kleine Initiative wie der Weltempfänger ins Spiel: Mit minimalsten Mitteln ausgestattet, können wir ein kleines Netzwerk bilden und uns als Vorleser in die internationale Bücherflut stürzen, die zum Teil kaum erkennbar ist in den Buchhandlungen, und versuchen Qualitätskriterien aufzustellen, um diese Literatur präsenter zu machen. Derzeit gibt es die Tendenz zur Konzentrierung und zu einer gewissen Re-Nationalisierung und Geschichtslosigkeit. Was man z.B. auch am Auftritt nicht der Argentinier sehen kann, sondern am Auftritt der Deutschen zu Argentinien, es sind ja wahnsinnig viel Sachen aus Argentinien übersetzt worden, aber umgekehrt gibt es eben kaum eine Beschäftigung mit der Zeit aus deutscher Perspektive. Die Selbstfokussierung auf den eigenen Bauchnabel ist in Deutschland schon sehr ausgeprägt und es sind verschieden Marktmechanismen, die das unterstützen und die man nicht aufhalten kann.
Friederike Meltendorf: Ich glaube auch, dass ein Jonathan Franzen nicht mehr wirklich fremd für uns ist. Das ist eine etwas ausgeweitete Nabelschau, damit man sagen kann, man schaue über den Teich. Ich sage das mit Absicht provokativ. Franzen ist nicht das Neue in der Literatur. Es ist einfach der Teil, der im deutschen Buchhandel durch enorme Marketinganstrengungen unterstützt wird. Ich habe den Eindruck, an diesen neueren Weltliteraturbüchern sitzen ganz exzellente Übersetzer dieses Landes und auch sehr engagierte Lektoren. Der Weltempfänger kann diese für einige vielleicht „folkloristisch“ anmutende Literatur ins Bewusstsein rücken. Der Internationale Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt hat eine andere Ausrichtung, indem er nicht bestimmte Regionen privilegiert. Das wurde ihm ja auch zum Vorwurf gemacht: Warum wählt ihr Daniel Alarcón aus? Das ist doch ein U.S.-amerikanischer Autor, nichts Besonderes? Ich sage: Er ist zwar da aufgewachsen, aber lebt in zwei verschiedenen kulturellen Kontexten.
Genau das ist die Chance! Es ist gut, dass der Weltempfänger und der Literaturpreis eine Schnittmenge haben, damit die internationale Literatur abgedeckt wird. Neben dieser ziemlich provinziellen Nabelschau in diesem Lande muss etwas anderes stehen. Wenn es eine gute Fee gäbe, würde ich mir wünschen, dass diese Weltempfängerliste neben der Spiegelbeststellerliste und im September die Shortlist des Internationale Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt neben der Shortlist des deutschen Buchpreises in den Buchläden hängt. Im Endeffekt ist es eine banale Sache – es ist einfach nur ein Plakat mehr, aber das Publikum hat die Möglichkeit, es zu sehen.
Torsten Casimir: Es gibt ziemlich viel gute internationale Literatur, nicht nur aus dem anglo-amerikanischsprachigen Raum. Die internationale Versorgung der deutschen Leser ist gewährleistet. Diese Literatur ist aber für die Menschen zu wenig sichtbar. Menschen glauben zu wenig an die schöne These, dass das Fremde spannend, überraschungsvoll und Horizont erweiternd ist. Diese These befürworte ich sehr, aber sie ist marketingmäßig nicht durchgesetzt. Der Weltempfänger hängt in kaum einer Buchhandlung neben der Spiegel- Beststellerliste, er hängt noch nicht einmal in der internationalen Ecke in vielen Buchhandlungen, sondern er liegt dem Börsenblatt bei. Bei diesen ganzen Angeboten das Gute auch wahrzunehmen, daran müssen wir dringend noch arbeiten. Das gehört noch in diese große Abteilung Zufallsbegegnung mit dem Fremden, mit dem Interessanten, mit dem noch nicht Bekannten. Auch der Wunsch, dass der Internationale Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt und die Weltempfängerliste sozusagen massenresonanzfähig sind, ist auch sehr schön. Aber auch der hilft nicht. In Wahrheit erreicht so etwas die Masse überhaupt nicht. Nehmen sie einen großen deutschen Buchhändler: Er behauptet von sich, er sei ein sehr kompetenter, beratungsintensiver Buchhändler, der in seinen 300 Filialen in Deutschland Kompetenztitel haben muss. Fragen Sie diesen Buchhändler, wie er Kompetenztitel definiert, dann fallen ihm z.B. die Titel der Shortlist des Deutschen Buchpreises und der jeweilige Literaturnobelpreisträger ein. Aber ob ihm Daniel Alarcóns Lost City Radio von Wagenbach einfällt, bin ich mir nicht sicher. Der Buchhandel fokussiert das, was gut geht. Die ökonomischen Aspekte des Buchhandels sind sehr in den Vordergrund geraten. Diesen Trend zurück zu bauen zugunsten einer offenen Neugier, die weniger von betriebswirtschaftlichen Ambitionen verengt wird, ist eine Riesenaufgabe. Im Titel „Weltempfänger“ steckt noch ein anderer Wunsch, der schön ist, aber nicht realistisch: Nämlich, dass die Kurzwellen von allen Sendern dieser Welt ungestört und trennscharf zu uns kommen. Die Wahrheit ist genau die gegenteilige – es gibt ein extremes Störmanöver, mit dem sich die Kurzwelle beim Eintritt in den deutschsprachigen Raum konfrontiert sieht. Das sind alle möglichen anderen Sender, die marketingtechnisch deutlich stärkere Impulse aussenden.
Claudia Kramatschek: Welche Rolle spielt die Weltempfänger-Bestenliste bei Ihrer täglichen Arbeit und bei Ihnen als Repräsentant der großen Feuilletons und der großen Tagesmedien?
Uwe Wittstock: Ich gebe gern zu: Eine viel zu geringe Rolle. Es gibt ja zwei völlig legitime Motivationen zum Lesen: zum einen will man über sich selbst lernen, zum anderen will man das Fremde erforschen. Ich halte es für falsch, eine dieser beiden Arten zu delegitimieren. Literatur ist auch immer ein Versuch, sich zu vergleichen mit dem, was auf der Probebühne Literatur aufgeführt wird. Sie ist gleichzeitig ein Mittel, völlig fremde Welten kennenzulernen. Diese beiden Dinge stehen meines Erachtens in der Literatur gleichberechtigt nebeneinander und leider ist es so, dass man den Leuten sehr viel mehr ihre eigenen Interessen verkaufen kann. Das geht besser als zu sagen: „Du möchtest doch mal etwas völlig Neues und Fremdes kennen lernen!“ Und deshalb ist nicht nur der Buchhändler, sondern auch leider häufig der Literaturredakteur daran interessiert, die Leute da abzuholen, wo sie ohnehin schon stehen. Also sie auf ihre Probleme anzusprechen. Das ist ein Handicap, das der Weltempfänger sicherlich hat und gegen das er ankämpfen muss. Ich spiele den Bösewicht und sage: Nein, die deutsche Literatur, der deutsche Literaturmarkt ist nicht provinziell. Er bietet sehr an und das ist eine großartige Arbeit, die in vielen Verlagen geleistet wird. Und ich fände es schade, wenn eben deren Arbeit heruntergestuft würde. Es wird sehr viel getan, aber es hat leider manchmal nicht so sehr die Durchschlagskraft. Wir werden Leser nicht zum Lesen von Büchern bewegen, wenn wir sie dazu verpflichten wollen. Es muss ein Vergnügen sein, diese Bücher zu lesen. Und dazu gehört sicherlich auch die Ausstattung, des Auftrittes der Literatur. Der Weltempfänger hat einen sehr schönen frischen Anspruch. Er animiert dazu, etwas Neues zu lesen und macht kein schlechtes Gewissen – „das müsstet ihr jetzt eigentlich auch noch lesen“.
Andreas Fanizadeh: Die Weltempfängerliste ermöglicht es mir, gewisse Themen leichter in die Zeitung zu bringen. Wenn ich im Verdacht stehe mit dem letzten unwichtigen kleinen Land anzukommen, dann ist es schwierig. Aber wenn ich sage, das wird gerade in Kritikerkreisen groß gehandelt, dann sind auch meine Kollegen, die eher auf deutschsprachige und angloamerikanische Literatur spezialisiert sind, überzeugt. Der deutsche Buchmarkt hat in den 70er und 80er Jahren eine viel grössere internationale Offenheit gehabt. Wir wollen mit unserer Liste, die in dieser Zeit entstand, aber nicht ethnisieren, wir wollen sie nicht an Volkskultur knüpfen. Wir fragen uns: Bleiben wir am territorialen Prinzip oder haben wir es mit der globalen Literatur zu tun? Nach unserer eigenen Definition gibt es viele Autoren, wie Aravind Adiga, die in anderen Welten leben als in der „Dritten“. Es gibt aber gute Gründe, das Territoriale beizubehalten, weil unsere Welt nicht so mobil ist und teilweise Staaten benachteiligt sind.
Uwe Wittstock: Man muss das Buch mit einer Art Aura umgeben, so dass Leute, die das Buch nicht gesucht haben, es lesen. Das darf aber nicht zu idealistisch sein! Die Verlagsbranche ist ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen Die Leser gehen nach ihrer Neigung. „Es wäre gut, wenn ihr sie lest, weil sie euer Weltbild erweitern!“ Auch unser Land muss sich öffnen. Es ist aber keineswegs so, dass der deutsche Buchmarkt nur provinziell wäre. Literatur kann einem auch ein Land näher bringen, wenn man in ein Land reist. Zusätzlich zum Reiseführer wird dem Leser immer öfter auch ein Roman an die Hand gegeben.
Torsten Casimir: Wie kann der Weltempfänger zu mehr Empfängern in dieser Welt kommen? Adressieren wir die Buchhändler genug? Machen wir sie ausreichend sprechfähig zu bestimmten Titel? Die Werbung, mit der sich Verlage an Buchhändler senden, verfehlt oft das Ziel, Sprechhilfe zu leisten.
Friederike Meltendorf: Die Zeit ist reif für eine Ausweitung des Goetheschen Weltliteratur-Begriffes. Wir leben in einer Zeit, in der eben auch Daniel Alarcón und Marie NDiaye dazu gehören. In Russland habe ich Buchläden ganze Regale gesehen, an denen „Mirawaja Literatura“ – Weltliteratur steht. Das würde ich in deutschen Buchläden auch gern sehen! Das ist die Chance der Liste und des Preises! Ich finde es zudem auch schön, dass das Haus der Kulturen der Welt offen ist dafür, seinen Literaturpreis am Vorabend des Übersetzertages vergeben wird!
Claudia Kramatschek: Die wirkliche Literatur der Welt hat sich aber noch einen Spin weiter gedreht. Ein Beispiel: Auf dem Podium des internationalen literaturfestivals in Berlin saß neulich Rana Dasgupta, ein indischer Autor, der in Oxford geboren ist – da fängt es schon an: ist er Brite? Ist er Inder? Er selbst bezeichnet sich als indischer Autor! – und seit 10 Jahren in Delhi lebt. Er hat soeben seinen neuesten Roman Solo vorgelegt. Eliot Weinberger hat dem Publikum klargemacht: Da gibt es diesen indischen Autor halbbritischer Herkunft, der einen Roman schreibt, der in Sofia spielt und hundert Jahre bulgarische Geschichte schreibt. In diesem Roman taucht ein alter ego des Autor auf, dieser fiktive Dichter zitiert ein Gedicht eines Indios, das wirklich in einem Erzählband von Eliot Weinberger existiert, weil dieser und Rana Dasgupta sich im letzten Jahr in Delhi kennen gelernt haben. Das ist nun etwas anderes, als über den Weg der Literatur ein das Land kennen lernen zu wollen! Vielmehr ist die Frage, was geschieht in einer globalisierten Welt? Die Identitäten und Lebenswege splittern sich auf, die Herkunftszuschreibungen sind nicht mehr einfach festzulegen und auch die Sprachen splittern sich auf. Das würde auch eine andere Form der Literaturkritik verlangen. „Hier das Eigene und da das Andere“ – das ist eine aussterbende Sichtweise. Sigrid Löffler hat anlässlich der Verleihung des Internationalen Literaturpreises an Marie NDiaye im Haus der Kulturen der Welt gesagt, dass diese Literatur selbstverständlich zur global literature gehöre – daran müssen wir arbeiten! In diesem Sinne danke ich für das Gespräch!
Das Gespräch entstand als Kooperation von Anita Djafari, Leiterin der litprom – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, e.V. und Dr. Susanne Stemmler, Literaturverantwortliche am Haus der Kulturen der Welt in Berlin.