Kommentar

Meinungsfreiheit: Ross und Reiter

21. Oktober 2010
von Börsenblatt
Dem Riemann Verlag und der gesamten Verlagsgruppe Random House ist es  hoch anzurechnen, wenn sie die Unterlassungsaufforderung gegen den Titel "Mafia-Export" nicht unterzeichnen und das Recht der Öffentlichkeit auf Information einfordern.
Beim Gang zum Lieblings­italiener denken die wenigs­ten Deutschen darüber nach, dass sie vielleicht gerade einen Stützpunkt der Camorra oder der N’drangheta besuchen. Dabei wissen Ermittlungsbehörden seit Jahren, dass sich zahlreiche Mafia-Clans in deutschen Großstädten als Gastronomen etabliert haben. Große Nachrichtenmagazine haben darüber berichtet. Wenn dann in Büchern wie dem jetzt im Riemann Verlag erschienenen Titel "Mafia-Export" Ross und Reiter genannt werden, fahren die Betroffenen schwere Geschütze auf, um ihr Image als "honorige" Geschäftsleute nicht beschmutzen zu lassen. Unterlassungsaufforderung, einstweilige Verfügung, Vertriebsstopp heißen die Keulen, die Autor und Verlag in die Knie zwingen sollen.

Dem Riemann Verlag und der gesamten Verlagsgruppe Random House ist es daher hoch anzurechnen, wenn sie die Unterlassungsaufforderung nicht unterzeichnen und das Recht der Öffentlichkeit auf Information einfordern. Zumal in einem Fall, in dem es einen durch BKA-Berichte hinreichend belegten Anfangsverdacht gibt. Das öffentliche Interesse und damit die Informations- und Meinungsfreiheit muss höher gewichtet werden als das Anonymitätsinteresse von Personen, die ihre organisierte Kriminalität tarnen und sich als mustergültige, nicht selten spendable Geschäftsleute gerieren. Jedem Versuch, die Publikation von Enthüllungs­büchern durch Abmahnungen oder durch ängstliche Selbstzensur zu unterbinden, sollten Verlage und Autoren entschlossen entgegentreten.