Geburtstag

Den Ideen Form geben

24. Juli 2015
Nils Kahlefendt
„10 Jahre sind ein guter Anfang“: Rainer Groothuis’ Agentur für „Formfindung und Sinneswandel“ feierte in Hamburg Geburtstag.
Warum, so hatte sich Rainer Groothuis, irgendwann in den Anfangsjahren von Groothuis, Lohfert, Consorten gefragt, warum gründet man eigentlich eine Agentur? Und die erwartbar komplexe Antwort in typischer Groothuis-Manier gleich selbst geliefert: „Weil man an die Lehre vom Ewigwahrenguten nicht glauben will, weil man hofft, mit der eigenen Arbeit ein wenig dazu beizutragen, die Welt etwas runder zu machen, weil man etwas gegen allgemeine Haltungsschäden und grassierende Gesichtslosigkeit tun möchte, weil man Leute gefunden hat, mit denen man gerne arbeitet, den Tag verbringt und das Gemeinsame einen Rahmen braucht, weil man alt genug ist, aus Fehlern zu lernen und gleich neue zu machen, weil es schön ist, wenn es etwas zu Lachen gibt, weil man den Posaunen von Jericho lauschen kann, weil es Freude macht, den Ideen eine Form zu geben und der Form eine Sprache.“ Gefühlte 10.000 Buchcover, unzählige Verlagsauftritte, Werbekampagnen, Geschäftsberichte oder Internetpräsenzen später kann konstatiert werden: Das meiste haben Groothuis und die Seinen in die Tat umge setzt – Grund genug also, zur Jubiläumsparty nach Hamburg einzuladen. Auch wenn, wie notorische Schlaumeier nachrechneten, die zehn Jahre noch nicht ganz voll sind. Doch, so Rainer Groothuis: „Wir wollten ein Sommerfest feiern!“ Das ließen sich rund 350 Gäste nicht zweimal sagen, obwohl Petrus am letzten Freitag definitiv kein Hamburger war und mit fiesem hanseatischem Schmuddelwetter aufwartete. Der Stimmung in den zur Party-Zone umgewidmeten Agentur-Räumen in der ehemaligen „Holsatia-Schokoladenfabrik“ zu Ottensen tat das keinen Abbruch: Zu den Klängen der „glcons-Hausband“ schwooften Raucher und Nichtraucher, Freunde, Geschäftspartner und ehemalige Consorten – die Grenzen sind in Hamburg seit je fließend. Viele, die bei Groothuis mit einem Praktikum erste Erfahrungen in der Branche sammelten, sind heute – egal, ob als Freie oder fest angestellt – aus der Welt der Büchermacher nicht mehr wegzudenken. „Die Fluktuation in der Agentur hat eher mit Kinderkriegen als mit Unwohlsein zu tun“, weiß der Chef, ebenso, dass „aus Kunden nicht selten gute Bekannte und Freunde geworden sind“. Einer, auf den das 100prozentig zutrifft, ist Gottfried Honnefelder. Nach einem „bis heute unvergessenen Gespräch“ auf der Leipziger Buchmesse und zehnjähriger Zusammenarbeit beim DuMont-Literaturprogramm hat Groothuis’ Agentur auch die Verantwortung für den Auftritt von Honnefelders Berlin University Press (bup) erhalten. In Hamburg skizzierte der Verleger die Ingredienzen des Groothuis’schen Erfolgs in einer launigen Rede. Einiges kommt zusammen: Der präzise Blick des Fotografen, dessen Kalender uns Jahr für Jahr an rauhe Küstenlandschaften entführt, der geduldige Zuhörer („Beim entscheidenden Gespräch kann er so lange warten, bis der Kunde sagt: ‚Nun??’“), der Autor, der so charmant wie kein zweiter erklären kann, wie die Bücher auf die Erde kommen, schließlich der Lehrer, der nicht umständlich begründet, sondern einfach macht. Ja, es ist zu spüren: Bei Groothuis, Lohfert, Consorten hat man immer noch, immer wieder Lust auf neue Menschen, auf neue Formen. Den passenden Leitspruch von T. S. Eliott lieferte Honnefelder gleich mit: „Organisation is as well necessary as imagination.“ Klappt der Spagat zwischen beidem auf den fröhlichen Gassen von Kommunikation, Marketing und Gestaltung weiter so gut, könnte sich das Fest in der Gaußstraße womöglich alle zwei Jahre wiederholen. „Dann“, so der Agentur-Chef mit lausbübischem Grinden, „müssen Sie das Essen selber mitbringen. Aber: Bitte keinen Nudelsalat!“