Pressegespräch zur Frankfurter Buchmesse

Die Frankfurter Buchmesse 2020 - eine "Sonderedition"

28. Mai 2020
Redaktion Börsenblatt
Die Frankfurter Buchmesse 2020 nimmt Konturen an: In einem Pressegespräch, das live gestreamt wurde, stellten sich Buchmessedirektor Juergen Boos, Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs und Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis den Fragen der Journalisten und erläuterten das Konzept der hybriden Messe.     

Wie wichtig die Frankfurter Buchmesse im Herbst für die Buchbranche ist, das hat Juergen Boos in vielen Gesprächen, die er in den vergangenen Wochen geführt hat, erfahren. Nach dem Ausfall der großen Frühjahrsmessen sei es umso wichtiger, sich im Herbst auch persönlich zu begegnen, so Boos beim virtuellen Pressegespräch (das hier auf Youtube abrufbar ist).

Klar ist aber auch: "Die Frankfurter Buchmesse 2020 ist eine Sonderedition – ein eigenes Format mit europäischem Gepräge", so Boos. "Diese Messe wird nicht wie 2019 sein, sie wird Verlagen und Autoren eine analoge und eine digitale Bühne bieten, und sie wird ein Labor für die Buchmessen 2021 und später sein", sagte Karin Schmidt-Friderichs. "Corona beschleunigt den Digitalisierungsprozess", so die Vorsteherin. "Vieles von dem, was wir 2020 realisieren, wird auch künftig bleiben", ergänzt Boos. "Die Messe wird sich dauerhaft verändern."

Wie berichtet, hat der Aufsichtsrat der BBG (Börsenverein des Deutschen Buchhandels Beteiligungsgesellschaft) am Mittwoch entschieden, dass die Frankfurter Buchmesse vom 14. bis zum 18. Oktober stattfinden soll – als physische Messe mit einem digitalen Rahmenprogramm. Mehr dazu hier.

Die Buchmesse wird diesmal eine Messe der weiten Flächen sein, das Hygiene- und Abstandskonzept erfordert dies, aber es wird auch eine Messe mit stark reduzierter Ausstellerzahl sein. Boos erwartet, dass im Vergleich zum Vorjahr etwa 30 Prozent der Aussteller dabei sein werden. Verlage aus Nordamerika und aus Lateinamerika, wo die Corona-Pandemie noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat, werden schon wegen der Reisebeschränkungen nicht kommen. Aus den Gesprächen mit europäischen Verlegern weiß Boos aber, dass sie dem Messekonzept positiv gegenüberstehen und teilnehmen wollen – entweder mit einem eigenen Stand oder am jeweiligen Nationalstand.

Große Verlagsgruppen stellen nicht aus

Keine Stände bauen hingegen die großen deutschen Publikumsverlagsgruppen Random House, Bonnier und Holtzbrinck auf. Sie haben sich dazu bereit erklärt, am Veranstaltungskonzept mitzuarbeiten. Das sieht neben virtuellen Formaten auch Veranstaltungen mit Autoren vor. Bei allen Publikumsformaten werde man auch eng mit dem Fernsehen zusammenarbeiten, so Boos.

Der Gastlandauftritt von Kanada findet statt, trotz aller Reisebeschränkungen. "Wir entwickeln gerade ein stark virtuelles Konzept", so Boos.

Die Messe wird auch eine Publikumsmesse sein: Bis zu 20.000 Menschen dürfen sich laut Abstandskonzept gleichzeitig in den Hallen aufhalten. Die Belüftungsanlagen der Messe seien so eingestellt, dass sie permanent für frische Luft sorgen und so das Infektionsrisko reduzieren könnten. Neben Halle 3,4 und 6 können dies auch zusätzliche Hallen sein, auf die die Buchmesse jederzeit Zugriff habe, so Boos. Hier leiste die Messe Frankfurt einen wichtigen Beitrag, weil sie auf die Berechnung weiterer Kosten verzichtet.

Für den Fall einer zweiten Corona-Welle im Herbst hat Boos ebenfalls vorgesorgt: In diesem Fall würde die Präsenzmesse abgesagt, das virtuelle Programm würde aber so wie geplant laufen. Die Stornierungsgebühren für Stände würden von der Messe erstattet – auch dank finanzieller Zusagen des Landes Hessen, das die Messepläne nachdrücklich unterstützt.

Die Messe als Digitallabor

Die digitalen Programmteile der Messe sieht Boos auch als Experimentier- und Lernzone: Hier gehe es zunächst nicht um Erlöse, sondern darum, der Branche Werkzeuge für die weitere Digitalisierung zur Verfügung zu stellen. "Wir werden aber versuchen, Werbeerlöse zu bekommen", so Boos.

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, betonte im Pressegespräch auch die gesellschaftliche Bedeutung der Messe: "Sie hat nicht nur einen hohen Nutzen für den Buchmarkt, sondern ist auch ein Schauplatz für den intellektuellen Austausch." Viele Veranstaltungen der Messe leisteten einen Beitrag für eine plurale und freie Gesellschaft, die immer weiter auseinanderdrifte. Auf die Frage, wie man mit Vertretern rechter Ideologien und mit Verschwörungsgläubigen umgehen wolle, erwiderte Skipis: "Wir werden den gesellschaftlichen Diskurs fortführen und das kritische Denken fördern." Dazu gehöre auch die Frage, wie es nach Corona mit der Gesellschaft weitergehe? "Welche Folgen hat das für den Kapitalismus? Was bedeutet das für die Nachhaltigkeit?", so Skipis. Man lerne zudem, uralte Dinge wie den menschlichen Kontakt zueinander neu zu schätzen.

Innerhalb der viereinhalb Monate bis zum Messebeginn am 14. Oktober wird es noch zahlreiche Unwägbarkeiten geben. Juergen Boos und sein Team sind aber sicher, auf jedes aktuelle Ereignis flexibel reagieren zu können. Anfang Juli will die Frankfurter Buchmesse weitere Details bekannt geben.