Corona-Krise: Kalenderwoche 18

Umsatzentwicklung im Buchhandel-Jede Menge Nachholbedarf nach der Wiedereröffnung

6. Mai 2020
Christina Schulte

Die erste Woche, in der bundesweit alle Buchhandlungen geöffnet waren, ist vorbei. Zeit, um Bilanz zu ziehen: Für Kalenderwoche 18, den Monat April, das bisherige Jahr. Zahlen von Media Control, die zum Teil exklusiv für das Börsenblatt erhoben worden sind.

Der Lockdown im März und April – er wird in die Annalen der Einzelhandelsgeschichte eingehen. Am Branchen-Monitor Buch für April von Media Control lässt sich jetzt auch ablesen, welche Folgen es für den Umsatz hat, wenn Läden erst am 20. eines Monats (oder noch später) wieder öffnen dürfen: Diese Regelung kostete den Buchhandel vor Ort im Vergleich zum Vorjahresmonat ungefähr die Hälfte seiner Einnahmen (minus 46,9 Prozent; siehe Grafik links).


Hard- und Softcover verloren im Sortiment im April 47,3 Prozent, Taschenbücher gaben 44,2 Prozent ab. Bei den Warengruppen zeigte sich für die Reisebücher mit fast 80 Prozent der höchste Einbruch, gefolgt 51 Prozent bei den Sachbüchern. Der Blick auf die abverkauften Mengen lässt einen Rückgang von 51,1 Prozent  erkennen, während die Preise um stolze 8,5 Prozent gestiegen sind.


Betrachtet man alle Vertriebswege zusammen, fiel das Minus etwas moderater aus und es ging mit 33 Prozent nicht ganz so weit nach unten. Der Absatz reduzierte sich um 33,9 Prozent bei einer nur leichten Preissteigerung von 1,4 Prozent. Hard- und Softcover verloren 33,9 Prozent ihres Vorjahreswertes, bei den Taschenbüchern waren es 28,3 Prozent.


Durchgängig rote Vorzeichen gab es auch bei der Gesamtheit der Vertriebskanäle in den Warengruppen, wobei die Kinder- und Jugendbücher mit minus 19,6 Prozent noch am besten abgeschnitten haben, belletristische Titel notierten um 28,8 Prozent unter Vorjahr. Größter Verlierer sind hier ebenfalls die Reisebücher, die mehr als drei Viertel der Umsätze einbüßten.

Der Buchhandel kommt zurück
In zwei Grafiken (siehe oben), die dem Börsenblatt exklusiv vorliegen, wird deutlich, wie die relative Umsatzentwicklung vor, während und nach dem Shutdown im Detail ausgesehen hat. Kurz bevor die Läden zum 18. März weitgehend schließen mussten, zogen die Einnahmen sowohl im Sortiment als auch bei allen Absatzkanälen gemeinsam aufgrund von »Hamsterkäufen« an.

Danach verlief die Entwicklung unterschiedlich: Im gesamten Buchhandel haben sich die Umsätze ungefähr halbiert, während den Läden vor Ort lediglich rund 30 Prozent des Umsatzes geblieben sind.


In der weiteren Betrachtung ist jedoch zu erkennen, dass sich die Kurve, mit kleineren Aussetzern, Stück für Stück nach oben arbeitet. Am 2. Mai beispielsweise wurde wieder ähnlich viel umgesetzt wie am 2. März. Das gilt vor allem für die Gesamtbetrachtung aller Vertriebskanäle. Gut zu erkennen ist bei den Buchhandlungen vor Ort natürlich auch die Wiederöffnung der Läden, die für einen kräftigen Umsatzsprung um den Faktor 2,5 geführt hat. Alle Vertriebswege gemeinsam schafften immerhin eine knappe Umsatzverdopplung.

Keine Krisengewinner
Einen Sonderfall stellen die Nebenmärkte dar, in denen zum großen Teil weiterverkauft werden konnte und die den einen oder anderen Kunden zum Buchkauf animiert haben – während die Ladengeschäfte der Buchhandlungen im Lockdown waren. Lebensmitteleinzelhandel, Drogeriemärkte und Co. erlebten einen bemerkenswerten Peak im Ostergeschäft. Davor und danach bewegten sich die Umsätze allerdings mit den üblichen Schwankungen auf dem gewohnten Niveau. Einen nachhaltigen und dauerhaften Aufschwung aus der Corona-Krise kann dieser Absatzweg also bislang nicht verzeichnen.

Woche 18 im Blick
Lohnenswert ist eine separate Analyse der Kalenderwoche 18 (inklusive des Feiertags 1. Mai), in der endlich auch die beiden Nachzügler Bayern und Thüringen wieder Kunden in den Buchhandlungen empfangen durften. Unter dem Strich fehlten den Sortimenter*innen in der Kalenderwoche 18 deutschlandweit 19,2 Prozent ihrer Einnahmen der Vorjahreswoche. Mit belletristischen Büchern wurden 9,4 Prozent weniger erwirtschaftet, Kinder- und Jugendbücher kommen auf ein Minus von 13,8 Prozent. Positive Vorzeichen sucht man vergeblich. Bei den verkauften Mengen ist ein Minus von 22 Prozent aufgelaufen, das aber durch die Preissteigerung von 3,7 Prozent ein wenig kompensiert wurde.


In der Gesamtbetrachtung aller Absatzwege fallen die Zahlen etwas besser aus: Im Vergleich zur Vorjahreswoche fehlten Einnahmen von 15,9 Prozent. Bei der Belletristik flossen 8,1 Prozent weniger in die Kassen, im Kinder- und Jugendbuch sogar 1,5 Prozent mehr! Die hohe Nachfrage nach Büchern für den Nachwuchs, der nach wie vor größtenteils zu Hause ausharren muss, hält also an. Auf Vorjahresniveau bleiben die Preise, die sich nur um 0,1 Prozent von der Stelle bewegt haben. Die Menge hat eine Veränderungsrate von minus 15,9  Prozent aufzuweisen.
Warum sind die Zahlen, obwohl alle Buchhandlungen geöffnet hatten, nicht besser ausgefallen?

Drei Punkte mögen zur Klärung dieser Frage beitragen:

  • Der große Schwung, den die Wiederöffnung der meisten Buchhandlungen in der Kalenderwoche 17 erzeugt hat, lässt aktuell offenbar wieder nach. Die erworbene Lektüre will erst einmal gelesen werden.
  • Die Bayern haben in ihrer ersten offenen Woche stationär fünf Mal soviel umgesetzt wie in der Vorwoche, aber konnten das Blatt deutschlandweit natürlich nicht wenden.
  • Den Buchhändler*innen in Thüringen ist zwar eine Verdopplung ihrer Einnahmen gelungen, doch auch das hatte naturgemäß keinen bundesweit durchschlagenden Effekt.

Allerdings hatte KW 18 durch den Maifeiertag am Freitag auch einen Verkaufstag weniger, es ist also äußerst wahrscheinlich, dass die Zahlen zumindest im Vergleich zur Vorwoche sonst positiver ausgefallen wären. Auf die Vorjahresvergleiche hat dies allerdings keinen Einfluss, denn da lag dieser Feiertag auch in KW 18 (damals Mittwoch).

Vergleich KW 17 und KW 18
Wie schnell schafft es der Buchhandel, seine Umsatzlücken zu schließen – und schafft er es überhaupt? Diese Frage lässt sich durch eine Gegenüberstellung der Kalenderwochen 1 bis 17 und 1 bis 18 beantworten (siehe Grafiken links). Über alle Absatzkanäle hinweg hat sich die Bilanz von KW 17 zu KW 18 nicht verändert. Das aufgelaufene Minus von Januar bis zum Ende der Kalenderwoche 18 (inklusive 1. Mai) beträgt nach wie vor 14,4 Prozent. Eine Mini-Aufholjagd haben die Kinder- und Jugendbücher gestartet, die sich von minus vier Prozent auf minus 3,6 Prozent verbessern konnten.

Im stationären Buchhandel zeigt sich das gleiche Bild, hier betrug die Umsatzlücke im Vergleich der Salden nach wie vor 20,4 Prozent. Ein wenig Schwung hat die Belletristik gesammelt, die ihren Rückstand von 18,1 Prozent auf 17,7 Prozent reduzieren konnte. Einen kleinen Lichtblick gibt es bei der Preissteigerung, die von 2,6 Prozent auf 2,7 Prozent zugenommen hat.

All diese Zahlen deuten darauf hin: Die Corona-Einbußen wieder wettzumachen – das wird für den Buchhandel ein mühsames Geschäft.