Corona-Krise: Kalenderwoche 17

Umsatzentwicklung im Buchhandel-Einnahmen bis zu acht Mal höher als im Shutdown nach der Wiedereröffnung

29. April 2020
Christina Schulte

Buchhandlungen haben wieder geöffnet. Mit welchem wirtschaftlichen Erfolg? Das Börsenblatt und Media Control haben erhoben, wie sich die Branche nach dem Shutdown entwickelt - getrennt nach Bundesländern. Die exklusiven Zahlen zeigen auch, wieviel Umsatz den Buchhändlern*innen noch fehlt, um das Vor-Corona-Niveau zu erreichen.

Deutschlands Einzelhändler arbeiten sich derzeit Schritt für Schritt aus dem Shutdown heraus – je nach Bundesland in unterschiedlicher Geschwindigkeit aufgrund verschiedener Wiederöffnungsdaten. Welche Fortschritte die stationären Buchhändler dabei machen und wie sich das in ihren Umsätzen ausdrückt – unter anderem das haben die Marktforscher von Media Control exklusiv für das Börsenblatt ausgewertet.

Als Referenzwert diente die Kalenderwoche 7 vom 10. bis 16. Februar, eine vom Umsatz her durchschnittliche Woche, wie es viele im Jahr gibt. Ihr gegenübergestellt wurde die Kalenderwoche 17 vom 20. bis 26. April, in der – außer in Bayern und Thüringen – die Buchhandlungen wieder an den Start gegangen sind.

Teils besser als vor Corona. 
Die Ergebnisse dieses Wochenvergleichs geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus: Insgesamt hatten die Buchhändler vor Ort in ganz Deutschland in der letzten Woche durchschnittlich 81,5 Prozent ihres Umsatzniveaus der KW 7 erreicht (siehe Karte). Und das, obwohl in den Zahlen das laut Aussagen vieler Buchhändler*innen beträchtlich gestiegene Onlinegeschäft nicht berücksich­tigt ist. Zudem sind Kundenfrequenz und Kauflust in Deutschland noch längst nicht wieder da, wo sie herkommen und wieder hin sollen.

Dennoch ist es den stationären Buchhändler*innen in manchen Bundesländern sogar gelungen, ihre Einnahmen der Kalenderwoche 7 zu toppen. Spitzenreiter ist Niedersachsen, wo die Steigerung 10,9 Prozent betrug. Eine Erklärung könnte darin liegen, dass während des Shutdowns neue Kunden gewonnen wurden, die nun auch in die Läden kommen oder dass die wiedergewonnene Möglichkeit zu stöbern zu Impuls- und Mehrkäufen geführt hat.

Auch in Nordrhein-Westfalen sind die Einnahmen der KW 7 überboten worden – und zwar um acht Prozent. Die Berliner Buchhändler hingegen, deren Läden durchgängig geöffnet waren, erlebten in der letzten Woche keinen Aufschwung. Sie bewegten sich nur auf einem Umsatzniveau von 54,4 Prozent der KW 7. 

Am schlechtesten schneiden in diesem Vergleich natürlich Bayern und Thüringen ab, die bei 20,7 Prozent beziehungsweise 41,9 Prozent der KW 7 liegen und in der Vorwoche noch geschlossen hatten (einbezogen wurde bei ihnen wie in Corona-Zeiten noch das Privatkunden-Rechnungsgeschäft). 

Ladenöffnung bringt Umsatz. 
Dieser Satz ist eine Binsenweisheit. Aber: Media Control hat genauer hingeschaut und analysiert, wie sich die Umsätze in den einzelnen Bundesländern im Buchhandel vor Ort in der ersten Öffnungswoche im Vergleich zur letzten Woche des Shutdowns verhalten haben.

Größter Gewinner ist demnach Bremen, wo in der ersten Woche nach Öffnung (KW 17) im Vergleich zur KW 16 ein um mehr als acht Mal höherer Umsatz erzielt wurde. Nahezu eine Versechsfachung meldet Mecklenburg-Vorpommern. Die größeren Bundesländer müssen sich ebenfalls nicht verstecken. Nordrhein-Westfalen kommt auf 221 Prozent höhere Einnahmen und damit auf mehr als dreimal so hohe Umsätze wie in der KW 17. Baden-Württemberg hat 2,5 mal so viel Umsatz eingespielt und Niedersachsen konnte seine Einnahmen um den Faktor 2,7 vermehren. Alle Bundesländer gemeinsam haben es auf eine Steigerung um den Faktor 2,6 gebracht.

Geringeres Plus für alle. 
Ein kurzer Blick soll auch der Entwicklung aller Vertriebswege gemeinsam gelten und ihrer Performance in der KW 16 und KW 17. Im Schnitt lagen die Einnahmen über alle Bundesländer anderthalb Mal so hoch wie in der KW 16. Die Nase vorn hatte auch bei dieser Auswertung Bremen mit einer Verfünffachung der Einnahmen, gefolgt vom Saarland mit einem nahezu vier Mal so hohen Umsatz. In Nordrhein-Westfalen haben sich die Einnahmen der Buchhändler*innen immerhin mehr als verdoppelt, ebenso wie in Niedersachsen.

Und weiter geht es mit den Vergleichen: jetzt mit einer Gegenüberstellung der Zahlen aus den Kalenderwochen 1 bis 16 mit den Kalenderwochen 1 bis 17 und dem Fokus auf den Waren- beziehungsweise Untergruppen. Betrachtet man alle Absatzwege zusammen, lässt sich erkennen, dass sich das Minus, das vom Jahresanfang bis zur KW 16 aufgelaufen ist, verringert: Betrug die Umsatzlücke über alle Warengruppen bis einschließlich KW 16 im Vorjahresvergleich noch 14,9 Prozent, liegt sie nach Abschluss der KW 17 mit 14,4 Prozent einen halben Prozentpunkt niedriger (siehe Grafik oben).

Die Belletristik beispielsweise blieb zum Ende der KW 17 um 13,4 Prozent hinter ihrem Vorjahreswert zurück, 1,1 Prozentpunkte weniger als die Woche zuvor. Auch Kinder- und Jugendbücher haben eine Aufholjagd gestartet und sind noch vier Prozentpunkte von ihrer Messlatte entfernt.

Den weitesten Weg haben Reiseführer vor sich, die von KW 1 bis KW 17 um 34,5 Prozent eingebrochen sind und sich im Vergleich zu KW 1 bis KW 16 sogar noch um 1,6 Prozentpunkte verschlechtert haben. Zu groß scheint die Unsicherheit, auf welche Weise in den kommenden Monaten überhaupt gereist werden kann. Auch Sachbücher können nicht an ihre Vorjahreserfolge anknüpfen und landen fast unverändert mit 20 Prozent im Minus.

Auf der Suche nach »Krisengewinnlern« wird man in den Zahlen der Kalenderwochen 1 bis 17 ebenfalls fündig, vor allem in der Warengruppe Kinder- und Jugendbuch. Beim Thema Spiele und Lernen liegt der Zuwachs mittlerweile bei 11,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch der Bereich Erstlese- und Vorschulalter arbeitet sich mit 0,3 Prozent langsam in den grünen Bereich vor.

Positive Vorzeichen sind gleichfalls innerhalb der Warengruppe Geisteswissenschaften, Kunst und Musik zu erkennen: Für Geisteswissenschaften allgemein geht es um 4,9 Prozent nach oben, die Philosophie schafft eine Steigerung von 3,5 Prozent.

11,9 % legte der Bereich Spielen und Lernen im Zeitraum von KW 1 bis KW 17 über alle Vertriebswege hinzu  -  und war damit einer der "Krisengewinnler".

8 Mal so viel Umsatz gelang den Bremer Buchhändlern vor Ort in der Woche nach der Wiedereröffnung der Läden (KW17) im Vergleich zur letzten Shutdown-Woche (KW 16).

14,4 %  beträgt die Umsatzlücke des gesamten Buchhandels, die innerhalb der Kalenderwochen 1 bis 17 aufgelaufen ist.

Weil die Umsatzentwicklung im Buchhandel derzeit besonders spannend ist, liefern Media Control und das Börsenblatt in den kommenden Wochen mehr Zahlen als sonst, zum Beispiel jede Woche einen Vorwochenvergleich für alle Vertriebswege zusammen und den Sortimentsbuchhandel separat. Außerdem die kumulierten Werte pro Woche sowie eine einmalige Auswertung pro Tag vom 1. März bis 2. Mai 2020 für den Gesamtmarkt und den Sortimentsbuchhandel.