Andreas Wallentin kommentiert ein Interview von Michael Busch

"Wir brauchen den Sonntag zum Ausruhen"

20. April 2020
Redaktion Börsenblatt
Michael Busch, CEO von Thalia Mayersche, hat sich in einem Interview mit der Funke Mediengruppe über die Logistik der Buchbranche ausgelassen und sich für die Sonntagsöffnung eingesetzt. Andreas Wallentin, Inhaber der Buchhandlung Daub in Menden, ist mit all dem nicht sehr einverstanden. Ein Meinungsbeitrag. 

Heute am frühen Morgen überflog ich vor der Fahrt ins Geschäft das Interview mit dem geschätzten Kollegen Busch in der "Westfalenpost". Das Interview ging mir den ganzen Tag nicht aus dem Kopf, nicht, als um 8:00 Uhr der Schreiner kam, um den vor zwei Wochen bestellten Spuckschutz an verschiedenen Stellen der Buchhandlung zu installieren, nicht beim Auspacken der Bücher, die wir noch am Samstag an unsere Kunden ausgeliefert haben, nicht, als die Buchhandlung für den kommenden Montag fit gemacht wurde, nicht, als meine Frau, unser Azubi, eine Mitarbeiterin und ich um 17:00 Uhr ziemlich müde aus der Buchhandlung nach Hause zurückkehrten. Ich las den Text erneut durch, überlegte auch, ich bin ehrlich, warum die "Westfalenpost" mit großer Vorliebe nur dem größten deutschen Buchhandels-Filialunternehmen immer das Wort gönnt (vielleicht, weil die Zentrale in Hagen beheimatet ist?).

Ich möchte auf drei Aspekte aus dem Interview einzugehen, die ich anders beurteile als Kollege Busch, weil ich eine Buchhandlung leite, die inhabergeführt ist, wie übrigens viele Buchhandlungen bei uns in Südwestfalen. 

1. Die Logistik, also Bücher von A nach B zu befördern, hat nicht gut funktioniert.

Die Bestellungen, die unsere Kunden am Telefon, per Mail oder aber im sehr gut funktionierenden Online-Shop meiner Buchhandlung orderten, kamen in der Regel STETS bereits am nächsten Tag dank unseres zuverlässigen Barsortiments bei den Kunden an. Einen kleinen Teil der Bestellungen haben wir per Post versendet. Hier bekamen wir sogar von einigen Kunden am nächsten Tag die Rückmeldung, dass die Bücher angekommen seien. Lob an die Post, die wirklich in diesen Wochen am Limit gearbeitet hat und es trotzdem schaffte, sogar bei kleinen Verlagen bestellte Bücher in ganz normaler Geschwindigkeit zu liefern. Ich denke aber, denn den Weg beschreibt Herr Busch mit keinem Wort, der Unterschied zum Filialisten aus Hagen liegt darin, dass ganz viele Kolleginnen und Kollegen inhabergeführter Buchhandlungen den Kunden (bei uns im Umkreis von 20 km) beweisen konnten, dass es sogar möglich ist, Bücher persönlich bis zur Haustür zu liefern. 


2. Nach Corona werden bevorzugt E-Books gelesen. 

Amazon mit seinem Kindle und die Filialisten mit Ihrer "Tolino-Allianz" haben selbstverständlich ein Interesse daran, ihre Geräte auch uns Inhabergeführten „großzügig“ anzubieten (mit einem Einkaufsrabatt von 0% bis 5% Rabatt!) . Dabei profitieren sie gleich zweifach von diesem Vertrieb per Mail: wenig Arbeit, meistens keine Beratung (also durch einen ausgebildeten Buchhändler). So sahen folglich auch die Internetshops von Thalia/Mayersche/Weltbild und von Amazon aus: An erster Stelle das e-Book und dann das gedruckte Buch (weil letzteres angeblich nicht so zügig zum Kunden gelangte).

3. Der Gesetzgeber sollte um unsere Umsatzverluste zu kompensieren den Sonntag zum Shoppen freigeben.

Sicherlich eine populäre Forderung an die von einem Christdemokraten geführte Landesregierung. Zu erwarten ist davon vielleicht, aber auch nur vielleicht, eine bessere Streuung der Käuferströme. Allerdings, wenn ich überlege, dass ich die bisher entstandene Lücke im Umsatz wieder auffüllen möchte, heißt das, mehr Umsatz in den Monaten bis einschließlich Januar, als wir ihn im letzten Jahr hatten, also folglich mehr Menschen in den Geschäften. Ich bin dankbar, dass meinen Mitarbeiterinnen und meinem Azubi ein Sonntag zum Ausruhen zur Verfügung steht. Ein inhabergeführtes Geschäft ist beratungsintensiver als ein Filialunternehmen mit einer großen Fläche. 

Es mag Inhaberinnen und Inhaber geben, die anderer Meinung sind, das ist auch ganz normal in unserer demokratischen Gesellschaft, aber mir ist es wichtig gewesen aufzuzeigen, dass wir "Kleinen" in den letzten Wochen der Schließung mit aller Kraft und vielen Ideen unter Einhaltung aller wichtigen Hygienemaßnahmen erfolgreich versucht haben, unsere Umsatzrückgänge nach Kräften zu begrenzen. Ich bin dankbar, dass das Land, der Bund und die Banken uns helfen und hoffe, dass wir am Montag geregelt und mit gebotener Vorsicht die Geschäfte wieder öffnen können.

Uns alle verbindet, dass wir in den nächsten Monaten gesund bleiben wollen, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unsere Kunden. Wir werden alle durchatmen, wenn der Impfstoff gegen Corona gefunden ist und wir dann wieder unserer wichtigsten Tätigkeit, dem Beraten unserer Kunden, entspannt nachgehen können. Hierin unterscheidet sich, übrigens auch in vielen anderen Punkten, der Filialist nicht vom Inhaber einer der vielen inhabergeführten Buchhandlungen in Südwestfalen.