Fahrradkuriere sind nur ein Aspekt in Ihrem Ökopaket. Ihre beiden Buchhandlungen arbeiten seit Jahresanfang klimaneutral – sprich: Sie sparen, wo es geht, und kompensieren den verbleibenden CO2-Ausstoß über Zertifikate. Warum?
Weil ich lieber vorangehe, als etwas gesetzlich verordnet zu bekommen. Und weil für die junge Generation, also für unsere Kunden von morgen, die Frage nach der Nachhaltigkeit immer wichtiger wird. Wie haltet ihr es mit dem Klimaschutz? Darauf muss ein Unternehmen heute überzeugende Antworten geben können – auch den jungen Familien, die zu unserer Kernzielgruppe gehören. Das gilt im Übrigen ebenso für die fitten Nachwuchskräfte, die sich den Ausbildungsplatz aussuchen können. Bei den großen Klimasündern möchte keiner arbeiten.
Für Ihre beiden Filialen haben Sie im Februar gut 10 000 Euro an den Kompensationsanbieter Atmosfair überwiesen. Dann kam Corona. Bereuen Sie den Geldabfluss?
Natürlich trifft uns der Lockdown, aber wenn ich so knapp kalkulieren würde, wäre ich ein schlechter Kaufmann. Das klingt erst mal nach viel Geld, aber im Verhältnis zu unseren Gesamtkosten relativiert sich dieser Betrag.
Soll die Summe vielleicht sogar ein bisschen wehtun?
Ja, sie ist natürlich ein Ansporn, unsere Prozesse und unseren CO2-Ausstoß weiter zu optimieren. Und die 10 000 Euro zeigen auch: Die klimaneutrale Buchhandlung ist kein Marketinggag, denn wir sind bereit, für Nachhaltigkeit Geld auszugeben. Wenn man so was mal anfängt, kann man ja nicht nach zwei Jahren einfach wieder damit aufhören.
Sie veröffentlichen Ihre Klimabilanz auch online. Warum lassen Sie sich so tief in die Karten schauen?
Ich glaube einfach, dass Transparenz bei diesem Thema wichtig ist. Wir lassen uns die Klimabilanz nicht von einem externen Anbieter erstellen, sondern errechnen die Zahlen auf der Basis von recherchierbaren Durchschnittswerten im Alleingang – für alle nachvollziehbar im Netz. Das macht Arbeit, zeigt uns aber auch, wo es noch Einsparpotenzial gibt.
Und wo sehen Sie die größten Hebel, die Sie als Buchhändler bewegen können?
Bei Strom und Wärme. Wer auf LED-Beleuchtung umstellt, spart ruckzuck Energie und Geld. Und für unseren Ökostromtarif bei den Stadtwerken Osnabrück zahlen wir gerade mal 100 Euro mehr im Jahr. Ich hätte gedacht, dass die Umstellung teurer sei. Durch die Klimabilanz haben wir einen genaueren Blick auf die komplexen Zusammenhänge bekommen. Beispielsweise sind unsere Heizkosten nach der LED-Umstellung gestiegen, weil die Lampen jetzt keine Wärme mehr abgeben. Also prüfe ich nun, ob die Ladentür dicht schließt, sich Wände besser dämmen oder Fenster neu verglasen lassen. Das ist natürlich leichter, wenn einem die Immobilie gehört.
Ihr Rat an Kolleg*innen, die sich für klimaneutralen Buchhandel interessieren, aber noch zögern?
Energie zu sparen und den Ressourcenverbrauch zu senken – das ist eben nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein betriebswirtschaftliches Thema. Von daher sollte sich jede Buchhandlung dafür interessieren, erst recht in eher schwierigen Zeiten. Außerdem müssen wir uns mit den jungen, klimabewussten Kunden bewegen – sonst sind wir irgendwann allein im Laden.
Haben Sie einen Wunsch an Verlage und die Logistiker?
Gerade große Verlage sind ja schon dabei, ihren CO2-Abdruck zu verkleinern, zumindest durch Kompensation. Auch der Verzicht auf Folierung wird sich durchsetzen. Von daher sehe ich die Verlage auf einem guten Weg. Logistisch würde ich mir einen gemeinsamen Bücherwagendienst der Barsortimente wünschen. Vorsichtige Signale gibt es ja schon. Wie es weitergeht, hängt sicher auch vom Leidensdruck in der Corona-Krise ab.
Grüße von den Fahrradkurier Kollegen
Martin von Radkurier24