Wie können Buchhändler*innen die aktuelle Situation meistern?
Mit großer Freude sehe ich, wie die Buchhändler*innen zurzeit im Handeln bleiben. Sie suchen nach Lösungen, um mit ihren Kunden den Kontakt aufrecht zu erhalten. Ganz konkret: Sie bieten auf allen Kommunikationskanälen ganz individuell an, ihre Kunden zu beraten, Bücher zu bestellen und direkt nach Hause zu liefern. Per Telefon, Whatsapp, Online-Shop. Der Ideenreichtum ist wirklich großartig. Meine Erfa-Gruppen tauschen sich mit erfolgreichen Ideen in Wort und Bild gruppenintern aus. Ich bin sehr beeindruckt, mit wie viel Engagement sie die aktuellen Herausforderungen meistern.
Was hilft gegen Ängste?
Wenn wir in unseren Ängsten verharren, verlieren wir die Fähigkeit, das Beste aus einer Situation zu machen. Suchen Sie sich deshalb Menschen, die Ihnen helfen, die Situation realistisch einzuschätzen. Das kann ein Steuerberater oder ein vertrauter Bankberater sein. Auch ein guter Freund kann Ihnen hier zur Seite stehen. Hauptsache, der Gesprächspartner kann Sie ohne Emotionen, also angstfrei unterstützen und lässt sich nicht von Sorgen anstecken. Machen Sie gemeinsam eine sachliche Bestandsaufnahme. Wie hoch werden in den kommenden drei bis vier Monaten die laufenden Fixkosten sein? Wie viel zusätzliches Geld wird tatsächlich insgesamt gebraucht, um die nächste Zeit zu überstehen? Führen Sie im Bedarfsfall frühzeitig Gespräche, um mögliche Engpässe zu verhindern.
Wie kann man einen kühlen Kopf bewahren?
Bleiben Sie aktiv, indem Sie handeln, also arbeiten. Nehmen Sie sich konkrete Aktivitäten vor. Recherchieren Sie bei Facebook, informieren Sie sich darüber, was andere in dieser Situation tun und probieren Sie aus, ob das, was andere machen auch bei Ihnen funktioniert. Sie können jetzt das erledigen, wozu Sie bisher aus Zeitmangel nicht gekommen sind. Aufräumen zum Beispiel. Oder mit wichtigen Menschen telefonieren (Kunden, Lieferanten etc.). Reduzieren Sie Ihren Nachrichtenkonsum und lassen Sie sich nicht davon verrückt machen, was im Extremfall alles passieren kann, sondern fokussieren Sie sich auf das, was Sie jetzt in diesem Moment tun können. Bleiben Sie im Handeln und achten Sie darauf, dass Sie sich mutmachende Gedanken machen. Das ist in dieser Situation nicht leicht, aber es unterstützt Sie dabei, dass Sie in Ihrer Kraft bleiben. Halten Sie es für möglich, dass Sie aus dieser Krise gestärkt hervorgehen!
Wie kann man sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen?
Wenn ich sehe, mit welcher Kreativität und welcher Einsatzfreude die Buchhändler*innen diese außergewöhnliche Situation annehmen, welche praktischen Möglichkeiten genutzt werden, um Bestellungen und Beratungen aufrechtzuerhalten, dann ist das phänomenal. Es werden Buchvorstellungen über Youtube oder (Vor)-lese-Aktionen über Video-Konferenzen angeboten, es ist die Zeit für neue Marketing-Kanäle. Buchhändler*innen erfahren zurzeit viel Wertschätzung von Ihren Kunden. Ich höre, wie begeistert die Menschen über ihren Einsatz bei der Auslieferung sind, dass sogar im Einzelfall ein Vermieter zunächst eine Monatsmiete erlassen hat. Das macht Mut in diesen schwierigen Zeiten. Und wenn Amazon die Buchauslieferung nicht mehr priorisiert, so entstehen Chancen in der Krise. Wenn das Bewusstsein jetzt dafür wächst, dass sich jeder in diesen Wochen mehr denn je als Unternehmer*in erlebt und sich direkt für sein Unternehmen, seine Kunden, die Region und schließlich für das Buch stark macht - dann kann diese Krise eine stärkende Entwicklung bedeuten. Eine Chance, dass der Buchhandel endlich einen echten Image-Zuwachs erfährt.
Was lässt sich aus der Situation lernen?
Denken Sie an die Zeit nach Corona. Wie soll es dann sein? Für Sie und Ihr Unternehmen. Ich wünsche mir, dass die schwelenden Existenzängste dazu führen, dass bereits heute gute Entscheidungen für später getroffen werden. Beantworten Sie sich schon heute ein paar gute Fragen: Was werden Sie alles nicht mehr tun, um wirtschaftlich besser dazustehen und mehr Souveränität zu entwickeln? Ein Beispiel dafür kann sein, den ausufernden Remissionen zu Leibe zu rücken, die aus einem inkonsequenten Einkaufsverhalten resultieren. Fragen Sie sich, wie Sie Ihren eigenen Arbeitseinsatz in normalen Grenzen halten können. Was Sie tun können, um wieder mehr zu dem zu kommen, was Sie als Unternehmer*in zu tun haben. Wie Ihre Mitarbeiter Sie dabei unterstützen können. Überlegen Sie sich, wie Sie die Dinge ansprechen, die Ihnen ganz persönlich wichtig sind. Halten Sie es für möglich, dass Sie als Unternehmer*in lernen können. Weil Ihnen die Krise die Chance dafür bietet.
Weitere Fragen beantwortet Jörg Winter direkt im persönlichen Gespräch. Kontakt via www.joerg-winter.com