Zwischenruf von Thomas Mahr zur Kassenbonpflicht

"Beschleunigungsgesetz des Einzelhandelssterbens"

20. Dezember 2019
Redaktion Börsenblatt
Mit dem neuen Kassengesetz kommt auch die Bonpflicht für Einzelhändler. Dagegen wettert der  Langenauer Buchhändler Thomas Mahr. Die Bons seien Sondermüll, den die Kunden gar nicht wollen − und für viele kleine Einzelhändler sei der Bonzwang existenzbedrohend.

Die Händler sind alle Verbrecher…

Bisher, so dachte ich, gilt bei uns in Deutschland die Unschuldsvermutung. Es sieht so aus, als wären wir Einzelhändler alle potenzielle Steuerhinterzieher und mit dem Bonzwang würde uns endlich das kriminelle Handwerk gelegt. Einmal mehr zeigt sich, dass bei den Politikern der Klimawandel immer noch nicht angekommen zu sein scheint. Unser Kunden sind da viel weiter und lehnen den Kassenbon ab, da sie wissen, dass dieser nicht aus normalem recyclebarem Papier besteht, sondern mit der chemische Substanz Bisphenol kontaminiert ist. Also Sondermüll. Ganz zu schweigen von all den Fichten, die diesem neuen Gesetz zum Opfer fallen werden. Und für was haben wir dann Registrierkassen angeschafft, die peinlichst genau jeden Zahlungsvorgang speichern?

Dieses Gesetz macht wiederum deutlich, wie sehr sich unsere Politiker in Berlin vom Alltag der Menschen entfernt haben. Zum einen steckt der Einzelhandel in Deutschland aus bekannten Gründen in der Krise und zum anderen betrachte man den Altersdurchschnitt der Händler − besonders auf dem Land − die sich in ihrem Haushaltswarengeschäft, dem Tante Emma Laden oder in ihrem Schuhgeschäft versuchen, sich über Wasser zu halten. Viele können es sich gar nicht leisten, eine neue teure Registrierkasse anzuschaffen. So wird der Bonzwang zu einem Beschleunigungsgesetz für die ohnehin rasante Entwicklung des Sterbens des Einzelhandels. Das Lamento über die Leerstände und das Gefühl auf dem Lande abgehängt zu sein, ist groß, aber wirkliche Unterstützung findet der Einzelhandel beim Gesetzgeber nicht, das Gegenteil ist der Fall.

Bleibt noch der Punkt der Steuergerechtigkeit. Wenn man sich bei den "Großen" die Zähne ausbeißt, versucht man es als Finanzminister eben bei den "Kleinen". Während die großen Ketten und Internetunternehmen nach wie vor ihre Gewinne in Finanzoasen "versteuern" und so dem Staat wirklich Geld verloren geht, sucht man scheinbar jetzt die Kompensation im Einzelhandel.

Fast drei Jahre hätten unsere Handelskammern und unsere Branchenverbände, aber auch die Umweltaktivisten Zeit gehabt, um gegen dieses Gesetz Sturm zu laufen, leider haben wir alle dies versäumt.

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