Studie: Auswirkungen der Onleihe auf den Buchmarkt

"Verlage und Autoren müssen fair entlohnt werden"

25. November 2019
Redaktion Börsenblatt
Die Onleihe schmälert die Kaufbereitschaft buchaffiner und kaufkraftstarker Zielgruppen am Buchmarkt. Das zeigt die Studie "Wer leiht was in Bibliotheken und insbesondere online? Ein 360°-Blick auf die Onleihe", die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels heute gemeinsam mit der GfK in Berlin vorgestellt hat.

Mit der GfK-Studie hat der Börsenverein erstmals umfassende Marktforschungsdaten zu E-Book-Entleihern öffentlicher Bibliotheken vorgelegt, wie der Verband mitteilt.

Die Kernergebnisse der Studie im Überblick:

Insgesamt 2,6 Millionen Menschen leihen in Deutschland über die Onleihe digital Bücher und andere Medien aus, insgesamt 1,9 Millionen leihen E-Books.

  • Zwei Drittel der Onleihe-Nutzer sind unter 50 Jahre alt. Sie sind damit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich jung. Außerdem sind sie überdurchschnittlich gut situiert und gebildet.
  • Onleihe-Nutzer gehören zwar zu den aktivsten Käufern am Buchmarkt, aber knapp die Hälfte kauft weniger oder gar keine Bücher mehr, seitdem sie das Angebot der Onleihe nutzen (45 Prozent bei gedruckten Büchern, 46 Prozent bei E-Books)
  • Der Großteil der Onleihe-Nutzer ist mit dem Umfang und der Aktualität des Angebots der Onleihe zufrieden.

Hier geht es zur Bildergalerie mit Charts zu wichtigen Ergebnissen der Studie.

Der Börsenverein und der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di ordnen die Ergebnisse wie folgt ein:

"Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass die Onleihe-Nutzung unmittelbaren Einfluss auf den Buchmarkt hat. Um weiterhin ein breit gefächertes Angebot an Büchern und E-Books in Deutschland bereitstellen zu können, benötigen wir gerechte Lizenzregelungen. Die von Bibliotheken geforderten Ausnahmen vom Urheberrecht für die Onleihe, die sogenannten Schrankenregelungen, bieten keine faire Entlohnung für die Leistungen der Verlage und Autoren und sind für uns damit kein gangbarer Weg. Wir fordern stattdessen, dass Bibliotheken zukünftig so ausgestattet werden, dass sie unter fairen Bedingungen für alle Beteiligten E-Books anbieten können", sagt Nadja Kneissler, Vorsitzende des Verleger-Ausschusses des Börsenvereins.

Lena Falkenhagen, Bundesvorsitzende des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di, ergänzt: "Eine der wichtigsten Aufgaben von öffentlichen Bibliotheken sehe ich in der Leseförderung für Kinder und Jugendliche. Insbesondere Stadtbibliotheken spielen für die Leseförderung eine zentrale Rolle. Um dieser Aufgabe auch mithilfe digitaler Bücher nachkommen zu können, braucht es vor allem eine auf digitale Leseförderung abgestimmte Strategie. Solange es um eine bloße Erweiterung des digitalen Bibliotheksangebots geht, ist nicht einzusehen, dass die Rechte von Autorinnen und Autoren beschnitten werden, insbesondere, wenn davon mehrheitlich finanzstarke, gebildete Mid-Ager profitieren."

"Wir wollen mit der detaillierten Studie einen Beitrag zur Folgenabschätzung leisten", so Birgit Reuss, Leiterin des Berliner Büros des Börsenvereins. Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang warnte ebenfalls vor einem möglichen Paradigmenwechsel weg von einer individuellen Regelung hin zu einer gesetzlichen. Damit werde sich die Situation der Verlage und Autoren verschlechtern.

 Hintergrund:

Die Bundesregierung will die rechtlichen Rahmenbedingungen für die E-Book-Leihe durch öffentliche Bibliotheken ("Onleihe") überprüfen. Ziel ist es, eine Regelung zu schaffen, die den Interessen der Nutzer, Autoren, Bibliotheken und Verlage gleichermaßen gerecht wird. Die Studie zur Onleihe bietet eine Grundlage für den von der Bundesregierung angekündigten Dialog und liefert Ansätze für nachhaltige Regelungen, die sowohl die Leistungen der Verlage als auch die der Autoren honorieren.

 Mehr Informationen:

 Die vollständige Studie ist ab sofort unter www.boersenverein.de/onleihe abrufbar.