Forderung auf Unterlassung

Relotius geht gegen Moreno vor

23. Oktober 2019
Redaktion Börsenblatt
Der ehemalige "Spiegel"-Reporter Claas Relotius hat dem Autor Juan Moreno und Rowohlt Berlin über seinen Anwalt Christian Schertz am 22. Oktober eine Forderung auf Unterlassung zugestellt − diese bezieht sich auf mehrere Stellen in Morenos Buch "Tausend Zeilen Lüge".

Das teilt der Rowohlt Verlag in einer Presseinformation mit. Juan Morenos Buch "Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus" (Rowohlt Berlin Verlag) ist am 17. September erschienen − und erzählt den Fall Relotius. Im Dezember 2018 hatte der "Spiegel" bekannt gegeben, dass Dutzende Geschichten von Relotius ganz oder in Teilen gefälscht waren. Nun habe Relotius über seinen Anwalt Christian Schertz Moreno und dem Rowohlt Verlag am 22. Oktober eine Forderung auf Unterlassung zugestellt, die sich auf mehrere Stellen in dem Buch bezieht. 

In dem Schreiben werde an keiner Stelle bestritten, dass Claas Relotius zahlreiche Reportagen frei erfunden oder gefälscht hat, ebensowenig werden Morenos Beweise, die zur Überführung von Claas Relotius geführt haben, angezweifelt, so der Rowohlt Verlag weiter. Auch die Darstellung und die Ereignisse des im Buch geschilderten Fälschungsskandals würden nicht in Frage gestellt. Zu den behaupteten "erheblichen Unwahrheiten und Falschdarstellungen" zähle etwa der Umstand, ob die Bürotür von Claas Relotius stets geschlossen war oder nicht.

"Unserer Meinung nach handelt es sich um den Versuch, mit Randfragen und Nebenschauplätzen den Reporter Moreno zu diskreditieren. Der Verlag hat den Vorgang seiner Anwältin übergeben. Daher können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Angaben dazu machen", erklärt der Rowohlt Verlag seine Position.

Zunächst hatte die "Zeit" in einer Vorabmeldung darüber berichtet (der komplette Artikel erscheint in der gedruckten Ausgabe 44, 24. Oktober; online ist er bereits hier zu lesen). Danach liste der Anwalt Schertz insgesamt 22 Textstellen mit "erheblichen Unwahrheiten und Falschdarstellungen" auf und fordert von Moreno und dessen Verlag Rowohlt Berlin, diese nicht weiter zu behaupten oder zu verbreiten. Die "Zeit" führt in ihrem Artikel einige strittige Passagen auf − für die aber meist Aussage gegen Aussage steht.

Warum er sich entschlossen habe, gegen Morenos Buch vorzugehen, erklärt Relotius gegenüber der "Zeit" so: "Ich bin mir meiner eigenen großen Schuld heute sehr bewusst und will durch die Auseinandersetzung mit diesem Buch nicht davon ablenken. Ich stelle mich allem, wofür ich verantwortlich bin, aber ich muss keine unwahren Interpretationen und Falschbehauptungen von Juan Moreno hinnehmen. Ohne mich persönlich zu kennen oder mit Menschen aus meinem näheren Umfeld gesprochen zu haben, konstruiert Moreno eine Figur."