Die Sonntagsfrage

Was haben Sie beim FEP-Projekt für Young Professionals gelernt?

28. September 2019
Redaktion Börsenblatt

Im Rahmen des Programms YPPiB (Young Publishing Professionals in Brussels) hat der Verlegerverband FEP die jüngere Verlegergeneration vom 23. bis 25. September nach Brüssel eingeladen. Was sie dort erlebt und gelernt haben, erzählen Carolin Stephan (Junfermann Verlag) und Elena Müller (Mohr Siebeck) in der Sonntagsfrage.

Carolin Stephan, Marketing & Lektorat / Social Media, Junfermann Verlag

Als ich die Einladung nach Brüssel erhielt, konnte ich noch nicht einschätzen, was mich und die weiteren 17 jungen Verlagskräfte aus den FEP-Mitgliedsländern erwarten würde. Denn viel zu selten nehme ich in meinem Arbeitsalltag Abstand, um zu reflektieren, ob es Rahmenbedingungen im Verlagswesen gibt, die verbesserungswürdig sind. Doch durch die FEP und das YPPiB-Programm habe ich jetzt eine konkrete Vorstellung davon, wo und wie ich nachhaken kann, wenn ich mit einer Situation in der Branche unzufrieden bin.

Am ersten Tag bereits, der in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel stattfand, lag der Fokus auf der Vertretung von verlegerischen Interessen: herzlich wurden wir u. a. vom FEP-Präsidenten Rudy Vanschoonbeek begrüßt und mit den Aufgaben, der Mission und den Grundsätzen der FEP vertraut gemacht. Die Vermittlung dieser Grundsätze und daraus abgeleiteten Interessen sei vor allem in der Kommunikation mit den Abgeordneten des EU-Parlaments und der EU-Kommission wichtig, da diese meist nur wenig über Themen informiert seien, die die Verlagsbranche europaweit beschäftige. Bei diesen Themen, so stellte sich im Laufe des ersten Tages heraus, handelte es sich um das Urheberrecht und die Bewahrung des Kulturguts.

Der zweite Tag startete im Haus der europäischen Geschichte und wurde im Europäischen Parlament fortgesetzt: dort durften wir u. a. bei einer Ausschusssitzung des Komitees für Kultur und Bildung zuschauen und bei einem Event des European Internet Forums dabei sein, bei welchem digitale Trends und damit verbundene EU-Programme vorgestellt wurden. Darüber hinaus hatte die FEP ein Treffen mit EU-Parlamentsmitglied Dr. Christian Ehler organisiert, der sich bei der zurückliegenden Urheberrechtsdebatte für einen fairen Rechtsrahmen eingesetzt hatte. – Dies war eine tolle Gelegenheit, um mit Herrn Ehler über die Wichtigkeit von kulturellem Austausch zu sprechen; ganz nach dem FEP-Motto: „Stand up for culture!“

Wir sprachen auch mit Alessandro Da Rold vom EU40 network sowie mit Marc Sundermann von Bertelsmann, und ließen den Abend zusammen mit Barbara Gessler & Team (DG EAC) sowie Parlamentsmitglied Niklas Nienaß & Team in einem Restaurant ausklingen. Dabei sprachen wir über aktuelle Entwicklungen in der Buchbranche und stellten In Bezug auf den medialen Wandel fest: Nicht das Medium, sondern der Inhalt ist das Ausschlaggebende – egal, ob in Print-, E-Book-, Audio- oder audiovisueller Form.

YPPiB war eine tolle Gelegenheit, um aus erster Hand zu erfahren, wie das Tätigkeitsfeld der FEP in Brüssel aussieht. Darüber hinaus war es sehr interessant, das trubelige Europäische Parlament live und in Farbe zu erleben. Das große Interesse der Parlamentsmitglieder an unserer Tätigkeit, unserer Einschätzung von Trends usw., hat mir gezeigt, dass die Meinung und Erfahrungen von uns, der jüngeren Verlegergeneration, für die Arbeit in Brüssel durchaus relevant sind. Und das gibt mir Eindruck, dass selbst ich, als „eine von vielen“, durchaus etwas bewegen kann. Und nicht nur für diesen Rückschluss, sondern für die Einladung zum Programm selbst, möchte ich mich daher ganz herzlich bei der FEP und dem Börsenverein bedanken.

Elena Müller, Programmleitung Theologie und Judaistik, Mohr Siebeck 

Mit Kolleginnen und Kollegen aus elf europäischen Ländern lernten wir die EU aus der Perspektive der Verlagsbranche kennen – genauer, wie die Arbeit verschiedener Gruppen, Institutionen und Mitglieder auf EU-Ebene für unsere Arbeit relevant ist und vice versa. Dabei hörten wir unter Anderem vom Vorstand der FEP über deren Schwerpunkte und ihr Engagement beispielsweise bezüglich der Urheberrechtsrichtlinie, von Herrn Dr. Christian Ehler MdEP zu seiner Sicht auf die Kreativwirtschaft in Europa, und wir besuchten eine Sitzung des Ausschusses für Kultur und Bildung, in der die Mehrsprachigkeit in der EU auf der Tagesordnung stand.

Die meiste Zeit verbrachten wir tatsächlich am Brüsseler Arbeitsort der Abgeordneten, nicht nur mit ganz unterschiedlichen Gesprächspartnern, sondern auch in verschiedenartigen Veranstaltungen, einschließlich eines Abendempfangs des European Internet Forum. Dieser facettenreiche Einblick ermöglichte nicht nur fokussierte und praktische Auseinandersetzung mit einzelnen Aspekten, sondern auch Verbindungen und Transfers, die das Verständnis der komplexen Welt der EU-Politik schärfen.

Für mich besonders aufschlussreich und spannend war dabei zu erfahren, welche aktive Rolle wir in diesem Komplex als Verlagsmenschen selbst einnehmen können und wie dieses Mitwirken konkret aussehen kann. Dazu gehört zu wissen, wer die Gesprächspartner sind und welche Möglichkeiten des Austauschs sich hier eröffnen können. Auch sehr wichtig war die Diskussion von Themen und Entwicklungen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Verlagsbranche haben werden, als Chancen oder Herausforderungen, oder jetzt schon relevant geworden sind.

Ganz wesentlich für eine europäische Perspektive der Verlagsarbeit war natürlich der Austausch in der Gruppe, den ich sehr geschätzt habe. Das Projekt war eine außergewöhnliche Gelegenheit, mit Kolleginnen und Kollegen aus Europa in Kontakt zu kommen, die ich aufgrund der unterschiedlichen Hintergründe was Programmschwerpunkt oder Verlagsbereich betrifft in anderen Kontexten wohl nicht kennengelernt hätte. In dieser spannenden Vielfalt war Offenheit und Interesse da, über seinen nationalen Verlagshorizont hinauszuschauen und einerseits mehr über die Arbeit und Themen der anderen zu erfahren, was mir viele wirklich interessante, auch überraschende Einsichten gab. Andererseits standen durch die verschiedenen Programmpunkte die Themen im Vordergrund, die europaweit gedacht werden müssen und uns in unseren Interessen verbinden – immerhin Sinn und Zweck des Projekts. Geplant ist, diesen Austausch auch über das Projekt hinaus zu pflegen.

Das YPPiB-Projekt war in vielerlei Hinsicht bereichernd und instruktiv – durch die Anschaulichkeit, das vielseitige Programm, und die Zusammensetzung der Gruppe selbst. Die Tage in Brüssel haben verdeutlicht, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für die europäische Dimension unserer Arbeit, aber auch deren Relevanz auf EU-Ebene zu stärken, über abstrakte Vorstellungen hinaus. Ich kann die Teilnahme am Projekt daher nur empfehlen, wenn sich die Gelegenheit wieder bietet. Die EU mehr ins Blickfeld zu rücken sehe ich allgemein als wichtige Aufgabe für „young publishing professionals“ – ob in Brüssel oder andernorts in Europa.

MEHR ZUM THEMA 

Interview Peter Kraus vom Cleff über das neue FEP-Projekt Young Publishing Professionals in Brussels (YPPiB)