Die Preisbindung für E-Books habe sich ebenfalls "auf einem deutlich volatileren Markt etabliert", so Wallenfels und Russ. Bundesregierung und Parlament stünden geschlossen zur Buchpreisbindung. So habe etwa der Deutsche Bundestag im Dezember vergangenen Jahres die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, den Überlegungen der Monopolkommission zur Abschaffung der Preisbindung nicht zu folgen und sich darüber hinaus auch innerhalb der EU für deren weiteren Erhalt einzusetzen.
In Frage gestellt werden könnte die Buchpreisbindung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser hatte die grenzüberschreitende Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel für unzulässig erklärt. Sollte der EuGH in einem analogen Verfahren über die grenzüberschreitende Buchpreisbindung urteilen, könnten Bundesregierung und Buchbranche vor der Herausforderung stehen, so Wallenfels und Russ, "die Notwendigkeit der Buchpreisbindung für das Erreichen ihrer Ziele beweisen zu müssen". Der Bund beruft sich in diesem Zusammenhang auf Artikel 36 des EU-Vertrags, der grenzüberschreitende Regelungen erlaubt, die dem Schutz des nationalen Kulturguts dienen.
Der Börsenverein hat vorsorglich ein wissenschaftliches Gutachten beauftragt, das die Preisbindung unter ökonomischen und akrtellrechtlichen Gesichtspunkten prüft. Im November sollen die Ergebniss bei einem Symposium an der Universität Gießen vorgestellt werden.
ProblemfelderNach Einschätzung von Wallenfels und Russ ist die Preisbindung nicht von außen, sondern eher von innen gefährdet. Die Treuhänder mahnen zu einem sorgsamen Umgang mit der gesetzlichen Regelung und erinnern daran, dass sie nur dann ihren Zweck erfülle, "wenn sie den Erhalt eines dichten buchhändlerischen Vertriebsnetzes gewährleiste und insbesondere den stationären Buchhandle mit alle den kleinen und mittleren Firmen schützt".
Konditionenspreizung
Um einem der "gefährlichsten Argumente" der Preisbindungsgegner zu begegnen – das immer bessere Konditionen für Großabnehmer kleinere Händler diskriminierten – , plädieren Wallenfels und Russ für eine Deckelung: "Aus diesem Grund schlagen wir die Einführung einer gesetzlichen oder brancheninternen Regelung vor, durch die – außerhalb des Barsortiments – für den Regelfall eine Rabatt-Obergrenze von 50% festgeschrieben wird."
Affiliate-Programme
Gefahren für die Preisbindung drohen auch durch Affiliate-Marketingprogramme, bei denen der Käufer zwar den vollen Kaufpreis entrichtet, Händler aber im Gegenzug Provisionen an Schulelternvereine oder gemeinnützige Organisationen zahlen. Um der Aushöhlung der Preisbindung durch solche Marketingprogramme einen Riegel vorzuschieben, hat der Gesetzgeber das Problem auf die Agenda gesetzt. Eine Studie des Wirtschaftsministeriums, deren Ergebnisse demnächst vorliegen, soll klären, wie sich die Affiliate-Programme auf den Buchhandel und speziell auf den Schulbuchmarkt auswirken.
Aggressives Preismarketing bei E-Books
Befristete Niedrigpreise zum Start von E-Books oder befristete Preissenkungen können bei Verbrauchern den Eindruck erwecken, die Preise nicht nur von E-Books, sondern auch gedruckter Bücher, seien volatil und tendierten generell nach unten. Wenn sich aber bei Buchkäufern das Bewusstsein festsetze, das im Grunde alle Bücher quasi umsonst erhältlich seien, könne dies die Stabilität des Buchpreisbindungssystems gefährden.
GerichtsentscheidungenHaftung für Mitarbeiter
Das OLG Koblenz nahm im Fall der Firma Bücherzirkus GmbH, der ein Preisbindungsverstoß vorgeworfen worden war, ein Organisationsverschulden an, wenn "nicht alles Mögliche und Zumutbare zur Unterbindung von Verstößen gegen ein gerichtliches Unterlassungsverbot unternommen werde". Die Einhaltung gerichtlicher Anordnungen sei unbedingt von allen Mitarbeitern einzuhalten, andernfalls seien Sanktionen bis hin zur Kündigung zu verhängen.
Werbung für Mängelexemplare
In einem Rechtsstreit, der Bücher mit dem Hinweis "Preisbindung aufgehoben" beworben hatte, folgte das LG Kassel der Auffassung der Treuhänder nicht, obwohl nicht klar war, ob die beworbenen Titel, die sämtlich der Preisbindung unterlagen, wegen vorhandener Mängel aus der Preisbindung gefallen waren. Immerhin konnten sich Wallenfels und Russ mit dem Antrag durchsetzen, wonach der Verbrauchermarkt künftig ausdrücklich darauf hinweisen muss, dass der Verbraucher statt neuer Bücher tatsächlich Mängelexemplare bewirbt.
Der Bericht der Preisbindungstreuhändern äußert sich in zwei weiteren Abschnitten Einzelfragen (wie etwa der Bekanntmachung der Mengenpreise) sowie der eigenen Abmahntätigkeit.