Stolpersteine
Bis zum Jahresende läuft noch die Übergangsfrist, in der die Post auch die alten Konditionen für die Büchersendung gewährt, aber nicht immer läuft das Handling reibungslos. Einige Fallbeispiele – und eine clevere Selbsthilfe-Aktion.
Bis zum Jahresende läuft noch die Übergangsfrist, in der die Post auch die alten Konditionen für die Büchersendung gewährt, aber nicht immer läuft das Handling reibungslos. Einige Fallbeispiele – und eine clevere Selbsthilfe-Aktion.
Zunächst die zwei Fallbeispiele, die Börsenblatt Online berichtet wurden:
Diesen Fall schildert Verlegerin Else Laudan vom Argument Verlag mit Ariadne in Hamburg: Am 1. August will ihr Verlag den neuen Roman von Denise Mina verschicken. "Alle Sendungen sind gewogen, frankiert (obwohl es in den Filialen nicht mehr die nötigen Marken gibt und man stückeln muss), gestempelt mit dem neuen BÜWA-Stempel und alles. Am nächsten Tag (2. August 2019) kommen gelbe Kübel von der Post, alles zurück mit "Unterfrankiert"-Aufklebern, denn bei der Post weiß man nicht, dass die Büchersendung bis 500g für 1,20 € noch bis 31.12. gilt. Ergebnis: Zeitverzug, Mehrfacharbeit, bei der Post ist telefonisch nichts zu erreichen, alle ihre Vorschläge bedeuten mehrere Tage Bürokratie und weitere Gänge. Unsere Arbeit ist sinnlos verpufft, Zeit verloren."
Grundsätzlich sei die Einschränkung und Verteuerung von Büchersendungen, wie sie die Post derzeit vorantreibe, "ein brutaler Kurswechsel", klagt Laudan. "Denn das Verschicken von Novitäten auf Anforderung, an Kritiker/innen in den Medien und Jurys wie auch an Buchhändler/innen, die ausdrücklich Leseexemplare möchten, ist für uns und viele andere unabhängige Verlage fast die EINZIGE Möglichkeit, an unserer Sichtbarkeit zu arbeiten! Wir verfügen weder über einen Werbeetat, noch haben wir ein Marketingbudget", schreibt Laudan. Bei Novitäten würden jeweils rund 50 bis 100 Exemplare verschickt.
Erfolgreiche Selbsthilfe
Als clevere Lösung hat Argument ein Etikett entwickelt, das jetzt auf alle Büchersendungen bis 500 Gramm geklebt wird – und darauf hinweist, dass die alten Bedingungen bis zum Jahresende gelten. "Seit wir diese Etiketten verwenden, ist nichts mehr zurückgekommen", so Laudan.
Dietmar Kuegler vom Verlag für Amerikanistik in Oevenum auf der Insel Föhr berichtet, dass das Herunterladen der Marken für die Büchersendung zu alten Konditionen seit ungefähr Mitte August bei ihm online nicht mehr funktioniert (bei anderen Produkten wie der Warensendung Ausland laufe es dagegen reibungslos). Die Bestellung werde formal angenommen, seine Kreditkarte belastet – "aber der Download-Link geht nicht auf". Und dann: "Ich gehe mit den Lieferungen zum Schalter des örtlichen Postamts und bezahle den markant höheren Preis", beklagt Kuegler. Er hat sich mehrfach beim "Service" der Post beschwert, um Behebung des Problems und Erstattung der Zuviel-Kosten gebeten – eine Antwort blieb zunächst aus.
Bis dahin hätte er schon mehr als 25 Euro bei Büchersendungen draufgezahlt, das könne sich monatlich ohne weiteres auf mehrere Hundert Euro auswachsen: "Bei einem kleinen Verlag wie meinem ist das keine Lappalie." Schließlich erhielt er doch am 27. August per Mail (die Börsenblatt Online vorliegt) eine Entschuldigung des Post-Service, der "unvorhergesehene Serverprobleme" als Ursache des Problems anführte. Inzwischen sei die fehlerfreie Nutzung des Shops der Deutschen Post wieder möglich, hieß es weiter. Die Erstattung seiner Zusatz-Kosten wurde ihm zugesagt. Allerdings klappte auch an den Tagen danach der Download bei ihm nicht. "Steckt da System dahinter?", fragt sich Kuegler, um die alte Büchersendung möglichst unattraktiv zu machen? "Es wird immer komplizierter gemacht", so sein Eindruck. Er verschicke in "guten Zeiten", für seinen Verlag sind das jeweils der Herbst und Winter, bis zu 500 Büchersendungen im Monat. "Als Geschäftskunde", so Kuegler, möchte er den Online-Service nutzen: "Das ist einfach bequemer".
"Wir brauchen die Büchersendung, etwa, um Redaktionen mit Büchern zu bestücken, aber auch um Leseexemplare zu versenden, was wir gern mit persönlicher Note tun. Doch viele Poststellen − und wir nutzen mehrere, sowohl Kioske als auch normale Postfilialen − sind verwirrt über die Frage, zu welchen Konditionen was verschickt werden darf und reagieren insgesamt sehr unsicher", fasst Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag in Berlin zusammen. "Vielen konnten wir die Sachlage erklären, doch einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Abgabestellen sind weiterhin verwirrt. Einer von ihnen möchte nun jedenfalls keine Büchersendung mehr annehmen." Der Verbrecher Verlag gibt Büchersendungen persönlich in Postflialen ab, das Herunterladen von Marken habe man noch nicht ausprobiert, so Sundermeier.
Björn Bedey von Bedey Media erklärt, dass sein Verlag bislang keine Probleme hatte, die Übergangsfrist zu nutzen, "weil wir im Haus frankieren und die Sendungen in den Briefkasten einwerfen". Von Kollegen habe er allerdings gehört, dass bei diesen nur fertig frankierte Sendungen mit dem alten Porto angenommen würden. Beim Markenkauf in der Filiale würden, wie es auch Dietmar Kuegler berichtet hat, die neuen Konditionen angewendet.
"Alle Filialen der Deutschen Post sind über die Übergangsfrist informiert wurden. Die Kommunikation an die Filialpartner erfolgte parallel über mehrere Kommunikationskanäle, um sicherzustellen, dass die Partner alle notwendigen Informationen erhalten. In diesem Kontext wurde transparent kommuniziert, dass bis zum 31.12.2019 auch die bisher angebotenen sechs Produkte im Bereich der Bücher- und Warensendung zu alten Preisen und bisherigen Maßen unbeanstandet angenommen werden", wiederholt Pressesprecher Alexander Edenhofer gegenüber Börsenblatt Online.
Jedoch könne bei einer Filialstruktur mit circa 12.000 Filialen nicht ausgeschlossen werden, "dass es in Einzelfällen zu Fehlern kommt", räumt er ein. Sein Rat: "Sollten Kunden hier nicht adäquat beraten worden sein, empfehlen wir den Kontakt zum Kundenservice der Deutschen Post inkl. Benennung des konkreten Vorfalls und der Filiale. Auf Basis dieser Informationen können wir gezielt nachsteuern."
Ein flächendeckendes Problem?
Ein flächendeckendes Problem könne man auf Basis der vorliegenden Kundenrückmeldungen oder -reklamationen nicht ausmachen, so Edenhofer. "Daher helfen uns konkrete Hinweise zu fehlerhaften Beratungen über unseren Kundenservice." Dann werde die Post auf die jeweiligen Standorte zugehen und erneut informieren.
Dass es sich um kein flächendeckendes Phänomen handelt, scheint eine Anfrage von Börsenblatt Online bei den Fachausschüssen und den Landesverbänden im Börsenverein zu bestätigen. Hier sind bezüglich der Übergangsfrist für die Büchersendung bislang keine Beschwerden von Mitgliedsfirmen eingegangen, heißt es dazu nahezu unisono. Nur beim Landesverband Nord, so Geschäftsführerin Carola Markwa, habe es zwei Nachfragen von Mitgliedern gegeben, die sich klären ließen.
Mangelnde Transparenz?
Edenhofer weist darauf hin, dass alle bisherigen Produkte Bücher- und Warensendung auf der Website der Post einsehbar sind:
Auf beiden Seiten gebe es einen hervorgehobenen Hinweis zur Gültigkeit der Produkte. Kunden würden dort jeweils über eine Verlinkung zur Onlinefrankierung gelangen. "Somit kann in keiner Weise davon gesprochen werden, dass wir die Nutzung der bisherigen Produkte Bücher- und Warensendung erschweren", gibt Edenhofer die Position der Post wieder.
Auch für die Postschalter gelte, dass bis zum 31. Dezember die bisher angebotenen sechs Produkte im Bereich der Bücher- und Warensendung zu alten Preisen und bisherigen Maßen unbeanstandet angenommen werden.
Download-Probleme?
Zu möglichen Problemen beim Download sagt Edenhofer: "Es gibt keine uns bekannten technischen Probleme bei den Onlinefrankierungen, auch nicht für das Produkt Büchersendung. Auch nach Rücksprache und Prüfung durch die verantwortlichen Kollegen funktioniert die Onlinefrankierung für die Büchersendung."
Bei dem geschilderten Fall könne "es sich daher aus unserer Perspektive nur um einen Einzelfall handeln". Woran der Kaufvorgang hier gescheitert sei, müsste eine Fehlerrecherche klären.
Kontakt bei Problemen
Er empfiehlt, sich bei Problemen mit Bücher- und Warensendungen, an den Kundenservice zu wenden:
Allerdings scheint man hier Geduld aufbringen zu müssen, wie unsere Fallbeispiele oben zeigen.
Ab 2020 gelten nur noch die neuen Konditionen. Vor welchen Entscheidungen stehen damit Verlage? Jörg Sundermeier sagt dazu: "Wir werden schon prüfen, ob wir an anderer Stelle vielleicht günstiger davonkommen werden. Insgesamt ärgert mich die Sache sehr. Zumal man hört, dass Großversender im gleichen Marktsegment bereits Pakete (!) für weniger als 2 Euro Porto pro Stück verschickt bekommen, Angesichts dessen fragt man sich schon, ob die Post, an der der Bund ja auch Anteile hält, hier verzerrend in den Wettbewerb eingreifen will."
Der Börsenverein hatte im Juni eine Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht, weil durch die deutlich verschlechterten Konditionen für Büchersendungen die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittelgroßen Buchhandlungen und Verlage gefährdet würden (siehe Archiv).
Wird Björn Bedey ab 2020 auf ein anderes Produkt ausweichen? "Ja – wir haben ja gar keine andere Möglichkeit", so der Verleger mit Hinweis auf das auf fünf Zentimeter verringerte Höhenmaß der neuen Bücher- und Warensendung.
Else Laudan fragt sich: "Wie wird das, wenn im Kulturbetrieb, den wir ein Stück weit verkörpern, immer noch mehr die Marktmacht belohnt und die Vielfalt der Kleinen heftig zur Kasse gebeten wird, während Riesenkunden wie Amazon und Co. Sondertarife erhalten? War da nicht mal die Idee, dass die Post infrastrukturelle Verbindungen zwischen Menschen schafft? Aktuell verbindet sie offenbar lieber große Markt-Player mit Kunden − je größer, desto günstiger. Uns kostet das viel, nicht nur Geld, sondern bei dieser Entwicklung auch die verbliebenen Public-Relations-Kanäle für gedruckte Bücher."
Überblick: Bücher- und Warensendungen
Die neuen Produkte (gültig ab 1.7.2019; ab 2020 allein gültig)
Die bisherigen Produkte (gültig bis 31. Dezember):