"Wir haben im vergangenen Jahr ein starkes Wachstum im sogenannten „Middletail“ (das sind Titel, die im Ranking zwischen Position 400.000 und 800.000 stehen) registriert", so Südmersen. Auch dafür sei dieser Platz benötigt worden, das Lager weiter zu vergrößern hätte Libri jedoch nicht gekonnt. Südmersen verweist aber auch auf die Handlingskosten, die Libri für jeden einzelnen Titel allein getragen habe, etwa die Artikelidentifikation, Datenmanagement, Lagerung und Transport.
Die ausgelisteten Verlage beklagen jetzt vor allem, dass sie für den Buchhandel weniger sichtbar seien, so Björn Bedey, Mitglied im Sprecherkreis der IG Unabhängige Verlage (IGUV) im Börsenverein. Gleiches gelte für den Onlinehandel, dort würden die Titel bei den meisten Anbietern gar nicht mehr erscheinen. Außerdem habe die Zahl der Remissionen schlagartig zugenommen. Eine ausführliche Stellungnahme der IGUV lesen sie hier.
Südmersen hat Verständnis für die Belange der Verlage, sagt aber auch: "Unsere Aufgabe ist es, den Handel in der Breite optimal zu versorgen. Der Versuch, nahezu alle Titel anzubieten, hat nicht überall zu Absatz geführt." Libri sei eben auch ein Händler, bei dem es nur Sinn mache, Titel zu führen, die sich auch verkaufen. Sein Unternehmen gebe immer noch den meisten Titeln eine Chance, weil es von allen Barsortimenten am breitesten aufgestellt sei. "Wir listen jede relevante Novität aus dem deutschen und internationalen Buchmarkt." Die Vormerkungen würden dann entscheiden, ob der Titel eingekauft werde oder nicht.
Zudem bestünde für die Verlage die Möglichkeit, ihre Titel kostenlos bei BOD listen zu lassen, die dann auch wieder besser sichtbar und leicht bestellbar würden. Libri plant Südmersen zufolge derzeit die BOD-Produktion Wand an Wand in Bad Hersfeld aufzubauen, der Bauantrag sei bereits eingereicht, der Spatenstich wird vor Weihnachten erwartet. "Im nächsten Schritt werden wir mit dieser Anbindung mehr als fünf Millionen Titel über Nacht liefern können", kündigt der Libri-Chef an.
Aber im Gegensatz zum seit Jahren von vielen großen Verlagen konditionsmäßig gepamperten und mit der Wette auf die Zukunft von sehr geduldigen Geldgebern versorgten AMAZON muss ein Unternehmen wie LIBRI halt drauf schauen, dass sich die ganze Kiste als Großhändler irgendwie noch rechnet.
Man mag von Martina Bergmanns Kommentaren und besonders auch von den Schlussfolgerungen viel, wenig oder gar nichts halten. Aber eventuell ist die Disruption des deutschen Buchhandels doch ein wenig weiter fortgeschritten, als viele von uns dies gerne glauben möchten. Was man draus macht und wie man damit umgeht, dies steht auf einem anderen Blatt und da zählt ganz besonders (siehe oben) doch ein Fünkchen mehr an Offenheit im Spiel mit den Karten zwischen Verlagen, Grossisten und Sortiment dazu.
Jens Bartsch – Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
1. Remissionen (exakt zu unterscheiden von den Für-Immer-Auslistungen von Titeln, auch wenn diese dann auch natürlich meist mit Remissionen einhergehen) sind für Verlage wie MINUS-Verkäufe, denn man zahlt via Buchauslieferungsgebühren für jede Auslieferung Handlings-Gebühren an seine Buchauslieferung ... und für jede Remission eines Buches dann nochmals wieder Gebühren, die extra Remissionsannahmegebühren. Mit vielen Remissionen kann man kleinere Verlage also direkt in die Finanzmisere treiben. Denn es entstehen so richtige Verluste, selbst wenn die Bücher vollkommen unbeschädigt vom Barsortiment zurückgelangen.
2. Eine "feine Besonderheit" bei Libri ist, dass diese totalen und endgültigen Auslistungen aus dem Lager und dem Sofort-Lieferbar-Bestand (und damit aus vielen Katalogen, Terminals und via-Libri-Daten agierenden Online-Shops – die Bücher tauchen dann gern gar nicht mehr da auf) nicht mitgeteilt werden. Der Verlag selber soll also durch ständiges "Nachforschen" in diversen Katalogen ermitteln, ob das Papierbuch oder die Audio-CD oder was immer an Haptischem da und dort eigentlich noch erfasst ist. Dieses Libri-Auslistungs-Gebahren ohne Information an den Verlag hat nichts mit einer "redlichen Geschäftsbeziehung" zu tun, wie man sie generell, und gerade in der Buchbranche (dazu die mögliche, aber ja offensichtlich leider falsche Denke: Wort, Geist, Intellekt ... ergeben Charakter, Anstand, Stil) erhoffen und erwarten würde. Das ist aus meiner Sicht eine Form von monopolistischer Demütigung und Nicht-Ernstnahme von Verlagen.
3. Titel, die als "nicht lieferbar" gelten oder ein "Fragen Sie direkt beim Verlag nach" vom Buchhändler erfordern, werden überdeutlich auf ein Abstellgleis geschoben. Da ändert auch ein VLB nichts dran, wenn man weiß, wie Buchhandel heutzutage real immer mehr funktioniert. (Ein Lob auf die kleinen Sortimenter, wenn/falls sie jedes Buch lange und fürsorglich nachgucken und es in einen Bestellvorgang bringen!) – Viele Menschen aber suchen sich ihre Bücher ganz anders zusammen und betreten den kleinen Buchladen gar nicht mal mehr. Lieber kaufen sie bei Buchketten vieles von der (Paletten)Auslage. Und natürliches sehr vieles im Netz. Solchen Käuferinnen und Käufern geht es dann um digitale Angebotsketten, Empfehlungen, Verweise, Klicks und ein "erkennbares Vorhandensein" der Dinge, also auch der Bücher. Alle anderen digital nicht dargestellten Titel verschwinden dann im Orkus des allgemeinen Vergessenwerdens. Dabei wären ja auch Lieferketten von 3, 7, 10 Tagen denkbar, sofern LIBRI (auch als direkte Bestellung, die LIBRI etwas einbringt) auf die BUCHAUSLIEFERUNGEN zurückverweisen würde ... für die (ewtas langsamere) Erhältlichkeit solcher Titel, die man jetzt (r)auslistet.
Es ist schwer, die Fahne für den stationären Handel hoch zu halten.
Ist es doch in Wirklichkeit nicht gewünscht. da zählen nur Daten/Fakten/Abverkauf.
liebe Wirtschafts-'Bosse': tut doch bitte nicht so, als ginge es um etwas anderes.