Inventurdifferenzen im Einzelhandel

Langfinger verursachen Milliardenschaden

26. Juni 2019
Redaktion Börsenblatt
Der deutsche Einzelhandel hat im vergangenen Jahr erneut Milliardenbeträge durch Ladendiebstahl verloren. Laut den Experten des EHI Retail Institute sind es 4,3 Milliarden Euro – der Großteil davon entfällt auf Kundendiebstähle. Besorgniserregend: Immer häufiger schlagen „Profis“ zu.

Dem Einzelhandel geht hochgerechnet durchschnittlich genau 1 Prozent seines Umsatzes verloren, so das EHI.

Im gesamten deutschen Einzelhandel summieren sich die Inventurdifferenzen auf 4,3 Milliarden Euro.

Damit sind die Inventurdifferenzen im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen.

Nach Einschätzung der Handelsexperten teilen sich die Schäden wie folgt auf:

  • Kundendiebstähle: 2,38 Milliarden Euro
  • eigene Mitarbeiter: 1,01 Milliarden Euro
  • Lieferanten und Servicekräfte: 350 Millionen Euro

Unfreiweilliger "Mitarbeiterrabatt" vor allem im Filialhandel 

Dabei gilt als Faustregel, dass in Einzelbetrieben die Zahl der Kundendiebstähle und durch organisierte Kriminelle deutlich höher liegt (zusammen fast 90 Prozent) während Lieferanten und Mitarbeiter für „nur“ für 10 Prozent des Schadens verantwortlich sind. Bei Filialisten sind es hingegen fast 30 Prozent. Verlängerte Öffnungszeiten bei geringerer Personalbesetzung machen es vor allem für Filialisten immer schwieriger, Diebe abzuschrecken.

„Trotz Warensicherung und Personalschulungen wird im Handel nach wie vor alles gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Insbesondere der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl hat in den letzten Jahren stark zugenommen“, erläutert Frank Horst, Leiter Forschungsbereich Inventurdifferenzen und Sicherheit EHI Retail Institute.

Mehr Schaden - weniger Ermittlungen

Trotz höheren Schadens sind die polizeilich erfassten Ladendiebstähle 2018 verglichen mit dem Vorjahr um 4,1 Prozent auf rund 340.000 Fälle zurückgegangen . Der Handel rechne aber weiter mit „einer eher zunehmenden Kriminalität“ und investiere jährlich rund 1,45 Milliarden Euro in Präventiv- und Sicherungsmaßnahmen wie Kameras, Ladendetektive und elektronische Diebstahlsicherungen.

Statistisch gesehen bedient sich laut EHI jeder Haushalt jährlich an Waren im Wert von 60 Euro im Einzelhandel, ohne zu bezahlen. Im Branchenvergleich stellen Baumärkte und Drogeriemärkte dabei überdurchschnittliche Bestandsdifferenzen bei der Jahresinventur fest.

Die EHI-Studie „Inventurdifferenzen“ wird seit den 50er Jahren in Deutschland durchgeführt. An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 95 Unternehmen bzw. Vertriebsschienen mit insgesamt 22.551 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von rund 98,3 Milliarden Euro erwirtschaftet haben.