Dass der digitale Hörbuchmarkt seit Jahren kontinuierlich wächst, ist bekannt. Noch relativ neu für uns hier im deutschsprachigen Raum ist die Entwicklung hin zum Streaming. Was bei Film und Musik längst seinen Siegeszug angetreten hat, erreicht nun auch den Spoken-Word-Bereich. Zu diesem relativ frühen Zeitpunkt lohnt es sich, einen genauen Blick darauf zu werfen, wie einzelne Anbieter Hörbücher vertreiben und wie die Erlöse mit Verlagen und Rechteinhabern geteilt werden. Denn: Noch entscheiden die Verlage, wie sie den Weg gestalten wollen!
In Schweden, in Sachen Digitalnutzung uns einige Jahre voraus, machte das digitale Hörbuch im Jahr 2018 etwa 20 Prozent des gesamten Buchmarktumsatzes aus – in der Belletristik sogar 36 Prozent! Verlage erlösen demnach einen substanziellen Teil ihrer Umsätze mit Streaming-Angeboten, die sich hier im deutschen Markt erst zu etablieren beginnen. Da kann es lehrreich sein, zu beobachten, welche Themen als essenziell gesehen werden. Oder, um es weniger zurückhaltend zu formulieren: worum zurzeit gekämpft wird.
Es geht darum, wie Inhalte verkauft werden, wer das Risiko tragen soll, wie der Wert eines Werks geschützt werden kann. Es geht um eine faire und verlässliche Vergütung im Streaming. Storytel, als eine der größeren Plattformen, möchte das aus der Musikindustrie bekannte Revenue-Share-Modell durchsetzen, bei dem der Verlag an den Einnahmen der Plattform beteiligt wird – je mehr Stunden ein Kunde konsumiert, umso geringer wird der Erlös pro jeweiligem Hörvorgang.
Bonnier, als das größte Verlagshaus Schwedens, möchte hingegen weiterhin einen festen, kalkulierbaren Erlös pro Hörbuch bekommen. Schließlich habe ein Verlag keinerlei Einfluss auf das Geschäftsmodell der Plattform, darauf, was ein Abo kostet, wie viele Nutzer einen einzelnen Account gleichzeitig nutzen, ob es drastische Preisreduktionen gibt, die den Erlös schmälern. Die Laufzeit eines Titels oder ob er Frontlist oder Backlist ist – das sind Faktoren, die für einen Verlag den Erlös für das Buch bestimmen können. Aber er sollte nicht das Risiko des Geschäftsmodells der Plattform tragen müssen, auf welches er keinen Einfluss hat.
Dass ein faires, fixes Erlösmodell langfristig und für alle Teile der Wertschöpfungskette, von Autoren über die Verlage bis hin zum Kunden, nachhaltig funktionieren kann, zeigt die erfolgreiche Entwicklung von BookBeat, der Hörbuchplattform von Bonnier, bei der von Anfang an auf einen festen, berechenbaren Erlös gesetzt wurde.
Vorläufiger Höhepunkt der Diskussion über das richtige Erlösmodell im Hörbuchstreaming in Schweden: Storytel hat vor einigen Monaten alle Bonnier-Titel aus Marketing und redaktioneller Bewerbung entfernt. Bonnier hat darauf dann (ab 1. April) die Belieferung Storytels mit Frontlist-Titeln eingestellt, während andere Streaminganbieter mit einem festen Erlösmodell weiterhin alle Titel bekommen. To be continued …
Was lernen wir? Streaming ist nicht immer ein langer, ruhig strömender Fluss. Hier in Deutschland werden jetzt die Rahmenbedingungen gelegt. Revenue Share verschiebt das Risiko komplett zulasten der Verlage. Fixe Erlöse hingegen fordern von der Plattform nachhaltiges Wirtschaften. Zu diesem noch recht frühen Zeitpunkt haben es die Verlage in der Hand, den Streamingmarkt zu gestalten.
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