"Als Schöpfer eines höchst eigenwilligen literarischen Werks ist Michel Houellebecq eine der einflussreichsten Stimmen der europäischen Gegenwartsliteratur", schreibt die Jury in ihrer Begründung. "Seine Texte verraten ein besonderes Sensorium für Fragen von gesellschaftlicher Sprengkraft, wobei er den Konjunkturen des Feuilletons stets vorausgeeilt ist – ob es um die moderne Arbeitsrealität geht, die Möglichkeiten und Gefahren der Gentechnik, die Erscheinungsformen des religiösen Fanatismus, die Kehrseite der sogenannten sexuellen Revolution (ein Monopolkapitalismus des Sex) oder den Verfall des ländlichen Raumes." Die zum Teil extrem provokanten Diagnosen Houellebecqs würden jene Übertreibungskunst fortsetzen, die in der Literatur des 20. Jahrhunderts die Grenzen zwischen Biografie und Werk, Kunst und Leben systematisch überschritten habe. "Seine drastischen Plots verblüffen durch krasse Überzeichnungen, verquere Peripetien und sprachlichen (Wahn)Witz; der enttäuschte Idealismus seiner gebeutelten, lächerlichen, letztlich stets scheiternden männlichen Helden schlägt in grellen Zynismus um. Die Auszeichnung gilt einem Werk, das das verstörende Potenzial von Literatur exemplarisch zeigt und weitaus komplexer ist als die medialen Debatten, die sein Autor mitangefacht hat", so die Jury.
Zum Preis
Der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur wird jedes Jahr für das literarische Gesamtwerk einer europäischen Autorin beziehungsweise eines europäischen Autors verliehen, das international besondere Beachtung gefunden hat. Das Werk muss auch in deutschsprachiger Übersetzung vorliegen.
Zuletzt erhielten Patrick Modiano (2012), John Banville (2013), Ljudmila Ulitzkaja (2014), Mircea Cărtărescu (2015), Andrzej Stasiuk (2016), Karl Ove Knausgård (2017) und Zadie Smith (2018) diese Auszeichnung.
Die Preisverleihung durch Kulturminister Gernot Blümel erfolgt am 26. Juli, um 13 Uhr im Solitär der Universität Mozarteum Salzburg. "Houellebecq ist ein Schriftsteller, der niemanden kalt lässt, ein Romancier, der uns bewegt und zur Auseinandersetzung zwingt", so der Kulturminister.