Die Begründungen der Jury
Belletristik
„Schäfchen im Trockenen“ ist ein scharfkantiger, harscher Roman, der wehtun will und wehtun muss, der protestiert gegen den beständigen Versuch des besänftigt Werdens, der etwas aufreißt in unserem sicher geglaubten Selbstverständnis und dadurch den Kopf frei macht zum hoffentlich klareren Denken.
Die Autorin
Anke Stelling lebt als Autorin in Berlin. Sie hat das Kinderbuch „Erna und die drei Wahrheiten“ (cbt bei Random House, 2017) sowie sieben Romane, zwei davon gemeinsam mit Robby Dannenberg, verfasst, die bei Ammann, Fischer und im Verbrecher Verlag erschienen. „Bodentiefe Fenster“ (2015) stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises und bekam den Melusine-Huss-Preis auf der Hotlist für Bücher aus unabhängigen Verlagen.
Kategorie Sachbuch/Essayistik
Wer hätte gedacht, dass ein Land in Schutt und Asche, voller Schuld und Schande, eine narrative Wundertüte sein kann? Harald Jähner beleuchtet die deutsche Nachkriegsgeschichte neu. Er nimmt uns mit in völlig zerstörte Innenstädte. Er erzählt von Ausgebombten, von Trümmerfrauen und von landauf, landab verhassten Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten. Durch den Frauenüberschuss nach dem Krieg kam es zuerst zu einer Scheidungswelle und dann zu einer Heiratswelle. Und Beate Uhse klärte die Leute auf, bevor sie ihr Versandgeschäft für Ehehygiene startete. Selten hat ein Sachbuch Anschaulichkeit, dramaturgisches Gespür und Eloquenz so gekonnt in sich vereint. Wer dachte, über die Nachkriegszeit schon alles gewusst zu haben, wird hier noch fündig werden.
Der Autor
Harald Jähner ist Journalist und Kritiker und war bis 2015 Feuilletonchef der Berliner Zeitung. Zuvor arbeitete er als freier Mitarbeiter im Literaturressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, als Leiter der Kommunikationsabteilung im Haus der Kulturen der Welt und als Redakteur bei den Berliner Festspielen. Seit 2011 ist er Honorarprofessor für Kulturjournalismus an der Universität der Künste Berlin.
Kategorie Übersetzung
Eva Ruth Wemme hat sich schon im vergangenen Jahr mit „Humbug und Variationen“, humoristischer Kurzprosa und Szenen des rumänischen Nationalabsurdisten Ion Luca Caragiale als spracherfinderische, den gewagtesten Wortverdrehungen gewachsene Übersetzerin hervorgetan. Adameşteanus „Verlorener Morgen“ bringt ihr schöpferisches Talent erneut zum Vorschein. Denn zu den Zeitebenen, die hier aufeinanderprallen, kommen die Sprachebenen. Was die verarmte und in der Ehe mit einem Faulpelz vereinsamte Schneiderin Vica Delca, eine Frau von 70 Jahren, erst auf dem Weg zu ihrer Schwägerin und dann zur etwas bessergestellten Tochter ihrer früheren Arbeitgeberin an einem einzigen langen Bukarester Wintertag so alles denkt und erinnert, reicht von saftigen Flüchen bis zum Sprachunfall in schiefen Sätzen. Eva Ruth Wemme hat dieses charmante Ätzen und Giften in ein überzeugendes Deutsch gebracht.
Die Übersetzerin
Eva Ruth Wemme arbeitet als Übersetzerin aus dem Rumänischen, Autorin, Regisseurin und Migrationsberaterin in Berlin. Für ihre Übersetzungen von Werken u.a. Mircea Cărtărescus, Nicoleta Esinencus, Nora Iugas und Ion Luca Caragiales erhielt sie mehrere Stipendien u.a. des Deutschen Übersetzerfonds. Ihre eigenen literarischen Arbeiten erscheinen im Verbrecher Verlag, zuletzt „Amalinca“ (2018).
Der mit insgesamt 60.000 Euro dotierte Preis der Leipziger Buchmesse ehrt seit 2005 herausragende deutschsprachige Neuerscheinungen und Übersetzungen in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung. Der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig unterstützen den Preis der Leipziger Buchmesse. Partner des Preises ist das Literarische Colloquium Berlin. Medienpartner sind das Magazin buchjournal und Deutschlandfunk Kultur. Der Jury gehören an: Jens Bisky (Vorsitz), Gregor Dotzauer, Tobias Lehmkuhl, Wiebke Porombka, Marc Reichwein, Elke Schmitter und Katrin Schumacher.