Sind Blogs von der EU-Urheberrechtsreform bedroht?
Der gerade viel diskutierte Artikel 13 bezieht sich nur auf kommerzielle Plattformen. Nicht-kommerzielle Angebote sind ausgenommen. Es geht zudem nur um solche Plattformen, die massenhaft urheberrechtlich geschützte Werke zur Verfügung stellen und genau daraus Profite generieren. Gemeint sind zudem nur Dienste, die in direkte Konkurrenz zu legalen Angeboten treten, die diese Werke lizenzieren und gegen Bezahlung anbieten. Damit sind die allermeisten Buch-Blogs, Foren und andere Plattformen ohne Gewinnerzielungsabsicht überhaupt nicht von der Richtlinie betroffen. Übrigens ist ein Angebot nach den Kriterien der Richtlinie nicht gleich kommerziell, wenn es auch Einnahmen generiert, etwa um seine Kosten zu decken. Ich gehe davon aus, dass der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung genau definieren wird, wo zwischen kommerziell und „not for profit“ die Grenze zu ziehen ist.
Was gilt für Plattformen, die von der Neuregelung betroffen sind?
Für Plattformen, die gleichwohl unter diese Definition fallen, gilt, dass sie Lizenzen erwerben müssen. Hierfür werden vielfältige Angebote entstehen, oftmals seitens der Verwertungsgesellschaften. Wenn die Plattform sich erfolglos um eine entsprechende Lizenz bemüht hat, gilt eine abgestufte Haftung. Hier kommt die Verhältnismäßigkeit ins Spiel: Die Ansprüche an die Plattform sind am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu bemessen. Es geht also darum, wie viele Nutzer die Plattform erreicht, wie groß sie ist, welche Kosten entstehen und – ganz wichtig – was dort in der Regel hochgeladen wird. Das bedeutet, dass an kleine Plattformen, auf denen im Allgemeinen keine illegalen Inhalte zu finden sind, deutlich geringere Anforderungen zu stellen sind als an einen Dienst wie z.B. YouTube. Dabei ist wesentlich: Stellt der Uploader eigene Werke auf der Plattform ein, erteilt er damit zugleich eine Lizenz. Somit stehen Plattformen, die hauptsächlich dem Austausch eigener Texte, Bilder, etc. dienen, ebenfalls nicht im Fokus der Richtlinie. Zusätzlich gilt eine dreijährige Ausnahme für kleinere Start-ups.
Die meisten Buchblogger nutzen Cover oder Textstellen aus einem Buch – erlaubt oder nicht erlaubt? Und was ändert die Reform daran?
Die Reform ändert nichts an der Frage, was im Netz genutzt werden darf. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass man nach der Reform z.B. keine Memes mehr verwenden dürfe. Die Neuregelung verlagert nur die Haftung vom Uploader auf die Plattform. Blogger dürfen – rein juristisch – bereits jetzt nur dann Buchcover verwenden, wenn Sie die Nutzungsrechte dazu haben. Das gilt im Übrigen nicht nur für Buchcover sondern für alle Abbildungen, die urheberrechtlich geschützt sind. In der Praxis geben die meisten Verlage ihre Buchcover für die Berichterstattung natürlich frei – solange diese nicht verändert werden. Schließlich haben sie auch etwas davon. Random House zum Beispiel schreibt das explizit in den Nutzungsbestimmungen auf der Website. Dort muss man nicht einmal nachfragen. Uns ist auch kein Fall bekannt, in dem ein Verlag einen Blogger wegen der Nutzung eines Covers abgemahnt hätte. Buch-Texte können nach wie vor zitiert oder parodiert werden, auch hier ändert sich nichts: ein Textausschnitt kann also z.B. in einer Rezension zum Belegen einer eigenen Aussage über das Buch verwendet werden.
Appell zur EU-Urheberrechtsreform
Interview mit Helga Trüpel zur EU-Urheberrechtsreform