Investorenverhandlung gescheitert

KNV Gruppe meldet Insolvenz an

14. Februar 2019
Redaktion Börsenblatt
Ein Paukenschlag im Zwischenbuchhandel: Die Geschäftsführer der Unternehmen der KNV Gruppe haben am 14. Februar beim Amtsgericht Stuttgart Insolvenzanträge gestellt. Die LKG (Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft) ist davon nicht betroffen, wie das Unternehmen mitteilt.

Die bis zuletzt erfolgversprechenden und kurz vor Abschluss stehenden Verhandlungen mit einem Investor für die ganze Unternehmensgruppe "sind leider (am 13.2.2019 abends) überraschend gescheitert", heißt es weiter in der Presseinformation.

  • Zuvor sei von den Warenkreditversicherern den betroffenen Lieferanten mitgeteilt worden, dass die Limits für die KNV Gruppe auf den aktuellen Stand der offenen Posten eingefroren wurden.
  • Die Finanzierer des Unternehmens seien auf dieser Basis nicht mehr bereit gewesen, das bestehende Engagement weiter fortzusetzen, obwohl seitens der Geschäftsleitung ein valides Fortführungskonzept ohne Investorenlösung vorgestellt worden sei.

LKG ist nicht betroffen

Die Geschäftsführung habe daraufhin entschieden, dass die Grundlagen für eine bis dahin bestehende positive Fortführungsprognose nicht mehr gegeben waren. Die Geschäftsleitung war daher verpflichtet, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen, so die KNV Gruppe. Der Antrag wurde am 14. Februar 2019 beim Amtsgericht Stuttgart gestellt. Die LKG (Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft mbH) ist davon nicht betroffen.

Vorläufiger Insolvenzverwalter ist noch nicht bestimmt

Die KNV Gruppe geht davon aus, dass der vom Gericht zu bestellende vorläufige Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb der KNV Gruppe fortsetzen und den Verkauf an einen Investor auf veränderter Basis weiterverfolgen wird. "Das Management und die Mitarbeiter der KNV Gruppe werden alles daransetzen, eine für Geschäftspartner und Belegschaft bestmögliche Lösung für die Zukunft zu finden".

Die Geschäftsführer der KNV Gruppe hätten über Monate "mit aller Kraft dafür gekämpft, mit einem Investor wieder Stabilität zu erreichen und sind sehr enttäuscht und betroffen, dass dies kurz vor einem positiven Abschluss gescheitert ist", endet die Presseinformation.

Beim Amtsgericht Stuttgart wurden Insolvenzanträge für folgende sieben Unternehmen gestellt:

  • F. Volckmar B.V., Amstelveen
  • F. Volckmar GmbH & Co. KG, Stuttgart
  • KN Immobilien GmbH & Co. OHG, Erfurt
  • KNV Logistik GmbH, Erfurt
  • Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslieferung GmbH, Stuttgart
  • Koch, Neff & Volckmar GmbH, Stuttgart
  • Volckmar & Koehler GmbH, Stuttgart

Hintergrund

Geschäftsführender Gesellschafter ist Oliver Voerster, Jahrgang 1966. Er studierte nach einer Lehre als Buchhändler / Antiquar neuere deutsche Literatur, neuere Geschichte und Recht für Sozialwissenschaftler an der LMU in München. Er stellt die sechste Generation der Geschäftsführung und trat mit 28 Jahren unmittelbar nach seinem Studienabschluss im Januar 1995 in die Geschäftsleitung ein und wurde am 1. September1996 zum Geschäftsführer berufen. Seit vielen Jahren engagiert er sich zudem ehrenamtlich im Börsenverein und ist dort Mitglied im Ausschuss für den Zwischenbuchhandel.

Der Konzernabschluss der F. Volckmar GmbH & Co. KG mit Sitz in Stuttgart aus dem Jahr 2016 ist der jüngste vorliegende Abschluss, der im Bundesanzeiger zu finden ist. Online gestellt wurde er am 7. Februar 2018. In diesem Konzernabschluss sind insgesamt 17 Unternehmen einbezogen, darunter

  • KN Immobilien GmbH & Co. OHG, Erfurt, Kapitalanteil 100 Prozent
  • KNV Logistik GmbH, Erfurt, Kapitalanteil 100 Prozent
  • KN Finanz GmbH, Stuttgart, Kapitalanteil 100 Prozent
  • LKG Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft mbH, Rätha, Kapitalanteil 100 Prozent.

Einige Kennzahlen aus der Bilanz 2016:

  • Umsatzerlöse: 546,487 Millionen Euro (2015: 585,390 Millionen Euro), davon im Inland 424,972 Millionen Euro (78 Prozent)
  • Löhne und Gehälter: 63,054 Millionen Euro (2015: 79,259 Millionen Euro)
  • Ergebnis vor Steuern: minus 18,25 Millionen Euro (2015: minus 44,234 Millionen Euro)
  • Konzernfehlbetrag: 17,943 Millionen Euro (2015: 41,287 Millionen Euro)
  • Eigenkapital: 65,486 Millionen Euro (Vorjahr: 86,196 Millionen Euro)
  • Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten: 174,259 Millionen Euro (Vorjahr: 179,222 Millionen Euro)
  • Zinsaufwendungen an Banken: 10,787 Millionen Euro (2015: 8,172 Millionen Euro)

Im Ausblick der Bilanzmitteilung 2016 rechnete das Unternehmen für 2017 mit einem Umsatzwachstum über dem Marktdurchschnitt. Und weiter: "Ebenfalls rechnen wir mit einer weiteren deutlichen Entlastung der Kostenseite, da Mehrkosten aus Doppelstrukturen und hohe Projektkosten künftig entfallen. Das Konzernergebnis wird sich gegenüber dem Vorjahr nochmals deutlich verbessern, allerdings gehen wir noch von einem Verlust im einstelligen Millionenbereich aus. Erst ab 2019 werden wir wieder positive Jahresergebnisse ausweisen können."

Zum im Herbst 2014 in Betrieb genommenen neuen Logistikzentrum in Erfurt hieß es damals: "Im direkten Wettbewerb und in einem herausfordernden Marktumfeld wird das neue Logistikzentrum trotz der schwierigen Anlaufphase langfristig nachhaltig die gute Marktposition und eine positive Geschäftsentwicklung sichern.“ Zuvor hatten es "Hochlaufprobleme" erforderlich gemacht, den Logistikstandort Stuttgart über 2015 hinaus bis ins Frühjahr 2016 parallel weiterzuführen, was zu Mehrkosten führte. 

Zur Entwicklung der KNV Logistik in Erfurt siehe auch im Archiv von boersenblatt.net:

KNV beliefert 5.600 Buchhandlungen (D-A-CH)

KNV beliefert laut Website insgesamt 5.600 Buchhandlungsfilialen, davon 4.200 in Deutschland, 800 in Österreich und der Schweiz sowie 600 Buchhandlungen in anderen Ländern. Zudem werden über die Flughäfen Leipzig und Frankfurt Buchhandlungen in mehr als 70 Ländern beliefert.

Weitere Kennzahlen:

  • KNV hat als Buchgroßhändler nach eigenen Angaben rund 590.000 lieferbare Titel von über 5.000 Verlagen ständig am Lager.
  • Über 63.000 Titel gehören zur Sparte der Neuen Medien (DVDs, Blu-ray-Discs, Musik-CDs, Hörbücher, Software). KNV führt außerdem über 16.000 Spiele, Lernspiele, Puzzles sowie Spielwaren-Artikel.
  • Die eigene Transportlogistik "KNV Bücherwagendienst" liefert die Ware über Nacht an Medienverkaufsstellen in 2.200 Orten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
  • Die KNO VA (Verlagsauslieferung) bedient über 300 Verlage und Hersteller.

Die KNV Gruppe hat über 1.900 Mitarbeiter.

Bilder aus der Unternehmensgeschichte in der Galerie.