Die Sonntagsfrage

"Wird der Nachwuchs der Buchbranche nicht ernst genug genommen, Frau Wagner?"

16. Juni 2018
Redaktion Börsenblatt
Auf den Buchtagen in Berlin ist es seit einigen Jahren gute Tradition, dass die Jungen der Branche den alten Hasen Handlungsempfehlungen mit auf den Weg geben, die nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Zukunft des Buchhandels generell betreffen. Aber wird ihnen auch ausreichend zugehört? Die Nachwuchsparlamentarierin Jacqueline Wagner, Volontärin im Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag, ist eher ernüchtert.

Der Börsenverein gibt sich große Mühe, den Nachwuchs zu integrieren, und bietet uns eine Vielzahl an Angeboten, um uns zu vernetzen, weiterzubilden und unsere Meinung kund zu tun. Er hat verstanden, dass die Zukunft der Branche davon abhängt, wie man den Nachwuchs ausbildet und fördert. Zwei dieser Angebote fanden parallel zu den Berliner Buchtagen statt.

Das erste, auf das ich hier eingehen möchte, ist das Nachwuchsparlament. Die aus meiner Sicht wichtigste Aufgabe dieser Institution ist, dass sich der Nachwuchs über seine Situation austauscht, Missstände anführt und konkrete Vorschläge und Handlungsempfehlungen gibt. Aber hier ist das Problem: Der Nachwuchs stand auf der Agenda der Hauptversammlung fast ganz am Ende, und auch dieses Jahr hat sich der Saal pünktlich zum Bericht des Nachwuchses geleert. Nach dem Motto: "Man verpasst ja nichts, wenn man jetzt geht." Sätze wie diesen habe ich oft gehört. Und das macht mich traurig. Denn was soll es uns, den Nachwuchskräften, denn anderes vermitteln als Desinteresse und mangelnde Wertschätzung?

Sollten die Alteingesessenen nicht wissen, dass ein gut ausgebildeter Nachwuchs elementar für das Fortbestehen unserer Branche ist? Sollten sie nicht auch ein Eigeninteresse daran haben, uns zuzuhören, insbesondere nachdem »Quo vadis« ihnen vor Augen geführt hat, was in der Branche schief läuft?

Viele Nachwuchsparlamentarier*innen berichten, dass sie ihren Arbeitgebern zwar häufig Neues vorstellen, aber immer wieder auf Widerstand stoßen. Es fallen Argumente wie "Ich bin schon ein paar Jahre länger im Geschäft, ich weiß ja wohl besser, wie ich meine Kunden binde". Doch offenbar wissen einige es eben nicht (mehr), und statt nun endlich zuzuhören, zogen es viele Teilnehmer*innen der Hauptversammlung vor, den vermeintlich unwichtigen Teil zu "schwänzen".

Ich persönlich werde mich davon nicht entmutigen lassen, werde mich weiterhin für die Belange des Nachwuchses und die Zukunft unserer Branche einsetzen. Und glücklicherweise gibt es auch diejenigen unter den Branchenkennern, denen die Bedeutung und die Kompetenz des Nachwuchses, insbesondere bei der Frage, wie es nun mit dem Buchmarkt weitergeht, am Herzen liegt, auch wenn sie – so gewinnt man manchmal den Eindruck – in der Minderheit zu sein scheinen. Diese suchten nach der Hauptversammlung den Kontakt zum Nachwuchs, um sich Tipps abzuholen, wie man die junge Zielgruppe wieder erreichen könnte, und um sich auf Augenhöhe über die Herausforderungen unserer Zeit zu unterhalten.

Besonders positiv möchte ich das zweite Angebot des Börsenvereins zu den Berliner Buchtagen hervorheben: das Mentoringprogramm. Von dem hier regelmäßig stattfindenden Austausch profitieren nämlich beide Seiten. Und wenn diese Erkenntnis auch endlich in jenen heranreift, die den Bericht des Nachwuchsparlaments für irrelevant halten, dann wird das Nachwuchsparlament endlich das sein, was es sein soll: eine starke Stimme der jungen Generation, die von einer starken Branche gehört und geschätzt wird und die einen wichtigen Beitrag zur Zukunft des Buchmarktes leistet.