Jeden ersten Sonntag im Monat können wir Einzelhändler in Kassel-Wilhelmshöhe unsere Läden öffnen, im Kurbezirk Bad Wilhelmshöhe, wo unsere Buchhandlung zu Hause ist, gibt es dafür eine Sondergenehmigung. Wir nutzen diesen Spielraum gern und überlegen uns für diesen Tag immer spezielle Aktionen – einmal im Jahr, immer Anfang Dezember, geht es dabei um Kalender. Das Besondere an dieser Aktion ist: Wir verbinden sie mit einem Angebot, das Kunden von unabhängigen Buchhandlungen so kaum kennen – wer Kalender kauft, erhält einen Preisnachlass von 20 Prozent, egal, ob er sie sich im Laden aussucht oder ob wir die Wunschkalender übers Barsortiment erst noch bestellen müssen. Das Angebot gilt immer nur zwei Tage lang, jeweils am ersten Wochenende im Weihnachtsgeschäft – das ist mir wichtig. Falls manche jetzt glauben, wir würden uns an dieser Stelle ohne Not verausgaben, Kalender verramschen und Umsatz verschenken: Aus meiner Sicht tun wir das nicht – mit der Aktion machen wir nur gute Erfahrungen.
Anfangs war uns vor allem wichtig, im Weihnachtsgeschäft ein Signal zu setzen: Wir wollten unseren Kunden einen Grund geben, ihre Weihnachtseinkäufe im Stadtteil zu erledigen oder zumindest hier noch eine Runde zu drehen, wenn sie von ihrem Innenstadtbummel zurück sind. Etwas später kam dann noch ein eher weiches Ziel hinzu: Uns wurde zunehmend klar, dass unsere Kunden die Aktion tatsächlich als ein Geschenk betrachten, als eine Art Dankeschön für ihre Treue.
Zudem, auch das weiß ich aus Gesprächen, sind sie immer wieder positiv davon überrascht, dass wir im Preiswettbewerb bei Kalendern so selbstbewusst agieren und dieses Feld nicht bloß Onlinehändlern oder Filialisten überlassen. Offen gesagt: Ich habe inzwischen aufgehört, mich über die ausgedehnten Preismaßnahmen der »Großen« zu ärgern, mit denen sie das Geschäft oft über Wochen unterlaufen und Kalender unter Wert verschleudern. Zusehen ist für mich bei diesem Preisdumping keine Alternative. Also habe ich als unabhängiger Sortimenter reagiert: mit dieser zeitlich begrenzten Aktion, die wir bewusst nicht mit Ausverkaufsvokabeln bewerben, ohne knallige Farben und Sprüche.
Ich finde es fast schlimmer, wenn schon Anfang Januar im großen Stil damit begonnen wird, Kalender zu verramschen, damit erzieht man Kunden in die völlig falsche Richtung. Wir machen da bewusst nicht mit: Bis zur letzten Januarwoche zahlen unsere Kunden den regulären Preis, dann ziehen wir die Kalender raus, die wir remittieren können, und verkaufen anschließend den wirklich nur kleinen Rest mit einem Nachlass von maximal 50 Prozent. Das kündigen wir entsprechend an und begrenzen die Aktion auf eine Woche. Damit ist unser Kalendergeschäft beendet!
Kann ich mir vorstellen, dass die Kalenderaktion, die wir im Dezember fahren, auch woanders funktioniert? Durchaus! Sicher machen auch viele andere kleinere Buchhandlungen die Erfahrung, dass Kunden bewusst bei ihnen einkaufen. Wenn man ihnen einmal im Jahr ein Angebot macht, bei dem sie etwas sparen, nutzt das ihnen – und uns. Für mich steht fest, dass wir als Unternehmer davon wegkommen müssen, dass wir meinen, etwas zu verlieren, bloß weil wir beim Preis mal eine Ausnahme machen – eine Ausnahme, wohlgemerkt – und Kunden bei Kalendern 20 Prozent schenken. Wir verlieren nicht, wir gewinnen – denn das Geld kommt ja zurück.
Ich habe mich mit den Zahlen dazu wirklich sehr genau beschäftigt: Auch mit dem zweitägigen 20-Prozent-Rabatt arbeiten wir wirtschaftlich und legen außerdem beim Kalenderumsatz Jahr für Jahr zu (im Übrigen geht das Geschäft mit den Jahresplanern nach dem Wochenende weiter).
Die Preisaktion mag für das Wachstum nicht der Auslöser sein, aber sie ist ein Hebel. Unsere Stammkunden freuen sich, bedanken sich regelrecht; außerdem erleben wir, dass unsere Bekanntheit als Kalenderprofis im Viertel gestiegen und die Kundenbindung enger geworden ist.
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