Die Sonntagsfrage

"Was versprechen Sie sich von der Düsseldorfer Erklärung, Herr Haacker?"

16. Februar 2018
Redaktion Börsenblatt
63 unabhängige Verlage sind in Klausur gegangen und haben am Ende die Düsseldorfer Erklärung verabschiedet, in der unter anderem ein Staatspreis für Verlage mit einem Jahresumsatz von unter drei Millionen Euro gefordert wird. Zu den Unterzeichnern gehört auch der 2002 gegründete Wuppertaler Arco Verlag. Sein Geschäftsführer Christoph Haacker über das Verlegertreffen und die Folgen.   

Der Arco Verlag behauptet sich als Heimat für literarische Moderne und Exilliteratur – darunter zahleiche jüdische Autoren –, macht mit zweisprachigen Lyrikeditionen – zuletzt von Debora Vogel und James Joyce – von sich reden und hat auch ein starkes kulturwissenschaftliches Programm. Warum wir den Verlag damals gegründet haben?


Klares Profil mit eigener Handschrift

Es ging uns darum, Literatur zugänglich zu machen, die es auf dem Markt nicht mehr oder noch nicht gibt, und mit eigener Handschrift ein klares Profil zu entwickeln. Die ersten Autoren wie Fritz Beer, Georg Kreisler und Ludvík Kundera waren Vertreter einer älteren Generation, und es war uns wichtig, mit ihnen noch Bücher zu machen. Zu den meistverkauften Titeln gehören Jiří Langers »Die neun Tore. Geheimnisse der Chassidim« von 1937 sowie der Fußballroman »Klapperzahns Wunderelf« von 1922. Wenn aber – wie bei Debora Vogel – jiddische Avantgarde über 1000mal oder wenn ein Wissenschaftsband wie über Daniil Charms über 500mal verkauft wird, ist auch das erfolgreich.


Wachstum auf niedrigem Niveau

Der Arco Verlag legt ungeachtet aller Krisen auf niedrigem Niveau stetig zu. Die Bedingungen sind dabei so, dass auch unsere Leistungen zumeist dramatisch unterbezahlt sind. Verlegende gehören mithin oft zu den größten Mäzenen und Ehrenamtlern im Kulturbereich und tragen die Hauptlasten in der Buchbranche. Ihrem Idealismus verdankt sich wesentlich die Bewahrung der literarischen Landschaften. Der Mensch aber lebt nicht vom Buch allein. 

Kulturell-geistige Monokultur verhindern

Der Einladung der NRW Kulturstiftung zur Klausurtagung unabhängiger Verlage sind wir gern gefolgt. Es waren sehr unterschiedliche Verlage dabei – trotzdem hat die Chemie gestimmt. Die Kollegialität und das Klima in unserer Branche sind außergewöhnlich; die Breite bereichert die Diskussion um Perspektiven. Und genau diese Vielfalt ist ja in Gefahr.

Die gemeinsam erarbeitete Düsseldorfer Erklärung ist Meilenstein eines Prozesses, bei dem es darum geht, den Wert, den das Kulturgut Buch – und damit das Lesen – hat, bewusst zu machen und zu Handeln anzustiften. Politik und Kunden haben es in der Hand, ob es weiter unabhängige Verlage geben soll – oder kulturell-geistige Monokultur. In einer Gesellschaft, die Banken und andere Konzerne durch Schutzschilde und Subventionen rettet, aber ihre wichtigsten Kulturträger vor die Hunde gehen lässt, ist etwas faul. Wenn das Land, das Madame de Staël als das der "Dichter und Denker" pries, bei seiner wirtschaftlichen Potenz nicht in der Lage ist, mit geringen Mitteln blühende Bücherlandschaften zu sichern, wäre das … ein Armutszeugnis.

Anerkennungspreis für Verlage ist an der Zeit

Das Ausland macht vor, wie es anders geht. Ich habe deshalb gute Hoffnung, dass die Politik dem Buch einen Stellenwert einräumt, der der Filmförderung entspricht, und den erfolgreichen Modellen in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Irland und anderswo folgt. Der Buchhandelspreis, der Dialog mit dessen Initiator – der Kurt-Wolff-Stiftung –, oder die Bemühungen auf Länderebene – wie jetzt in NRW – waren wichtige erste Schritte. Ein Anerkennungspreis für Verlage ist jetzt an der Zeit.

 

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