Der Arco Verlag behauptet sich als Heimat für literarische Moderne und Exilliteratur – darunter zahleiche jüdische Autoren –, macht mit zweisprachigen Lyrikeditionen – zuletzt von Debora Vogel und James Joyce – von sich reden und hat auch ein starkes kulturwissenschaftliches Programm. Warum wir den Verlag damals gegründet haben?
Klares Profil mit eigener Handschrift
Es ging uns darum, Literatur zugänglich zu machen, die es auf dem Markt nicht mehr oder noch nicht gibt, und mit eigener Handschrift ein klares Profil zu entwickeln. Die ersten Autoren wie Fritz Beer, Georg Kreisler und Ludvík Kundera waren Vertreter einer älteren Generation, und es war uns wichtig, mit ihnen noch Bücher zu machen. Zu den meistverkauften Titeln gehören Jiří Langers »Die neun Tore. Geheimnisse der Chassidim« von 1937 sowie der Fußballroman »Klapperzahns Wunderelf« von 1922. Wenn aber – wie bei Debora Vogel – jiddische Avantgarde über 1000mal oder wenn ein Wissenschaftsband wie über Daniil Charms über 500mal verkauft wird, ist auch das erfolgreich.
Wachstum auf niedrigem Niveau
Der Arco Verlag legt ungeachtet aller Krisen auf niedrigem Niveau stetig zu. Die Bedingungen sind dabei so, dass auch unsere Leistungen zumeist dramatisch unterbezahlt sind. Verlegende gehören mithin oft zu den größten Mäzenen und Ehrenamtlern im Kulturbereich und tragen die Hauptlasten in der Buchbranche. Ihrem Idealismus verdankt sich wesentlich die Bewahrung der literarischen Landschaften. Der Mensch aber lebt nicht vom Buch allein.
Kulturell-geistige Monokultur verhindernDer Einladung der NRW Kulturstiftung zur Klausurtagung unabhängiger Verlage sind wir gern gefolgt. Es waren sehr unterschiedliche Verlage dabei – trotzdem hat die Chemie gestimmt. Die Kollegialität und das Klima in unserer Branche sind außergewöhnlich; die Breite bereichert die Diskussion um Perspektiven. Und genau diese Vielfalt ist ja in Gefahr.
Die gemeinsam erarbeitete Düsseldorfer Erklärung ist Meilenstein eines Prozesses, bei dem es darum geht, den Wert, den das Kulturgut Buch – und damit das Lesen – hat, bewusst zu machen und zu Handeln anzustiften. Politik und Kunden haben es in der Hand, ob es weiter unabhängige Verlage geben soll – oder kulturell-geistige Monokultur. In einer Gesellschaft, die Banken und andere Konzerne durch Schutzschilde und Subventionen rettet, aber ihre wichtigsten Kulturträger vor die Hunde gehen lässt, ist etwas faul. Wenn das Land, das Madame de Staël als das der "Dichter und Denker" pries, bei seiner wirtschaftlichen Potenz nicht in der Lage ist, mit geringen Mitteln blühende Bücherlandschaften zu sichern, wäre das … ein Armutszeugnis.
Anerkennungspreis für Verlage ist an der ZeitDas Ausland macht vor, wie es anders geht. Ich habe deshalb gute Hoffnung, dass die Politik dem Buch einen Stellenwert einräumt, der der Filmförderung entspricht, und den erfolgreichen Modellen in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Irland und anderswo folgt. Der Buchhandelspreis, der Dialog mit dessen Initiator – der Kurt-Wolff-Stiftung –, oder die Bemühungen auf Länderebene – wie jetzt in NRW – waren wichtige erste Schritte. Ein Anerkennungspreis für Verlage ist jetzt an der Zeit.
Weiterlesen:
Düsseldorfer Erklärung verabschiedet
diese Initiative kann kam wirklich nur unterstützen weil kleinere unabhängige Verlage einen unverzichtbaren Beitrag zur Buchkultur leisten.
Zwei Gedanken Ihrer Argumentation möchte ich allerdings kritisch aufgreifen:
Zunächst bin ich über diesen Satz gestolpert: "Verlegende gehören mithin oft zu den größten Mäzenen und Ehrenamtlern im Kulturbereich und tragen die Hauptlasten in der Buchbranche."
Ich habe wirklich Hochachtung vor dem Wirtschaften von Verlagen, die in hohem Maße vom Erfolg oder Miisserfolg von relativ wenigen Buchprojekten abhängen. Floppen ein paar Titel zu viel, kann's schnell mal eng werden. Da haben wir es als Sortimenter etwas leichter, da sich unser Wohl und Wehe auf viele Titel und viele Kunden verteilt. Was aber leider nicht davor schützt, dass unsere Umsatzbasis oft schmilzt, Kunden weniger und Etats gekürzt werden, Aktivitäten sich verlagern, weg vom Buch. Die Einkommen von Inhabern und MitarbeiterInnen sind oft genug beschämend niedrig. Dabei leisten
viele Buchhandlungen noch einen deutlichen kulturellen Beitrag in ihrer Stadt durch ein völlig unsubventioniertes Kulturprogramm.
Da sollten wir nicht in einen Wettbewerb eintreten, wer sich in diesem ganzen Betrieb mehr den Buckel krumm macht für weniger Geld oder wer mehr oder weniger Lasten trägt.
Auch im Satz "Politik und Kunden haben es in der Hand, ob es weiter unabhängige Verlage geben soll – oder kulturell-geistige Monokultur." klingt mir ein bisschen zu viel Sendungsbewusstsein mit. Natürlich sind kleinere Verlage unverzichtbar für eine vielfältige Buchkultur aber die exklusiven Bewahrer derselben sind sie auch nicht. Ich sehe nicht, dass etwa Kiepenheuer & Witsch oder Luchterhand für "kulturell-geistige Monokultur" stehen, auch wenn sie zu Konzernen gehören.
Nicht spalten, sondern gemeinsam für ein gedeihlliches Umfeld sorgen, in dem Große und Kleine, Buchhandlungen und Verlage am gemeinsamen Strag ziehen können, ist doch das, worum es gehen muss. Und da wäre ein Förderpreis für kleinere Verlage sicher eine gute Maßnahme.