Preis der Literaturhäuser 2018

Jaroslav Rudiš schreibt Literatur wie Rock'n' Roll

23. Januar 2018
Redaktion Börsenblatt
Der tschechische Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor und Publizist Jaroslav Rudiš wird mit dem Preis der Literaturhäuser 2018 ausgezeichnet. Verliehen wird die Auszeichnung vom Netzwerk der Literaturhäuser. Sie ist mit 15.000 Euro und einer Lesereise dotiert.

Über Jaroslav Rudiš

Der am 8. Juni 1972 im nordböhmischen Turnov geborene Autor studierte Germanistik, Geschichte und Journalistik in Liberec, Zürich und Prag, bevor er mit einem journalistischen Stipendium nach Berlin an die Freie Universität kam, wo sein Erstlingsroman "Nebe pod Berlínem" (2002; dt. "Der Himmel unter Berlin", 2004) entstand, ausgezeichnet mit dem Jiří-Orten-Preis. Davor arbeitete Rudiš u.a. als Lehrer und Journalist. 2006 veröffentlichte der Prager Labyrint Verlag seinen zweiten Roman "Grandhotel", der wieder zwei Jahre später auf Deutsch erschien und mit Jaroslav Rudiš in einer Nebenrolle verfilmt auch auf der Berlinale gezeigt wurde. Ab da erschienen fast jährlich Romane, die Eva Profousová ins Deutsche übersetzt hat, sowie zahlreiche Theaterstücke, Kino- und Fernsehfilme, Hörspiele, Opernlibretti und Essays in überregionalen deutschsprachigen Zeitungen. Zur Leipziger Buchmesse 2018 kommt in der Edition Thanhäuser das jüngste Werk von Rudiš heraus: der auf Deutsch verfasste, mit Holzschnitten gestaltete Kurzprosa-Band "Der Besuch von Herrn Horváth". Im März 2019 soll der neue, erste komplett auf Deutsch geschriebene Roman des Autors im Luchterhand Literaturverlag erscheinen.

Jedes neue Buch von Jaroslav Rudiš – zuletzt die Romane "Vom Ende des Punks in Helsinki" (2014) und "Nationalstraße" (2016, beide im Luchterhand Literaturverlag) – wurde laut dem Netzwerk der Literaturhäuser von der Kritik beachtet und in andere Sprachen übersetzt, z.B. ins Polnische, Schwedische, Französische, Spanische und Italienische. Zum jüngsten Roman »Nationalstraße« entstanden Theaterfassungen in Bremen und Dresden – die Filmfassung wird 2018 in die Kinos kommen, Rudiš schrieb dafür mit einem Co-Autor das Drehbuch.

Der heute 45-jährige tschechische Schriftsteller habe laut Mitteilung der Literaturhäuser "die tschechische und deutschsprachige Literatur in den vergangenen Jahren aber nicht nur mit seiner Prosa bereichert", große Aufmerksamkeit habe er vor allem durch Crossover-Arbeiten erregt. So erschien gemeinsam mit dem Künstler Jaromír Švejdík alias Jaromír 99 – in Tschechien als Rocksänger gefeiert – die Graphic Novel "Alois Nebel" (ursprünglich als Trilogie von 2003 bis 2005, auf Deutsch 2012 in einem Band bei Voland & Quist). Die gleichnamige Filmversion wurde als Bester Animationsfilm mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet (www.youtube.com).

Ausgehend vom Literaturhaus Stuttgart entstand dazu ebenfalls 2012 eine Ausstellung, die in etlichen Literaturhäusern im deutschen Sprachraum gezeigt wurde und durch Europa tourte. Ein anderer Grenzgang führt den leidenschaftlichen Bahnfahrer und Bierkenner Rudiš immer wieder zur Musik. 2013 gründete er mit Jaromír 99 die Kafka Band. In Zusammenarbeit mit fünf der bekanntesten Rockmusiker Tschechiens wurde die CD zu Franz Kafkas Romanfragment "Das Schloss" eingespielt (www.youtube.com), es gab Konzerte in ganz Europa (von den Niederlanden bis in die Ukraine) und 2015 eine inszenierte Fassung am Theater Bremen. 2017 folgte mit Amerika eine weitere Kooperation mit dem Bremer Schauspiel-Ensemble.

Utreilsbegründung

"Jaroslav Rudiš zeichnet in seinen Texten mit Ironie und feinem Gespür für die Alltagsängste der Menschen die Gesellschaft anhand von besonderen Typen, die häufig Opfer tragikomischer Ereignisse sind. Dabei begibt er sich gern in den Untergrund und an die Ränder von Orten, Zeiten und Leben, um einen umso schärferen Blick auf die Wirklichkeit zu werfen. So sind seine Bücher cool, witzig, kritisch, politisch, poetisch, widerständig, anti-bürgerlich, berührend und verführerisch – kurzum: literarischer Rock’n’ Roll", so die Jury.

Frühere Preisträger waren Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016) und Terézia Mora (2017). Die Auszeichnung wird seit 2002 vergeben.

Der Preis wird am 15. März 2018, 19.30 Uhr im Rahmen einer Veranstaltung im Literaturhaus Leipzig verliehen. Er besteht aus einer Lesereise durch die im Netzwerk zusammengeschlossenen Literaturhäuser und ist mit 15.000 Euro dotiert.

Jaroslav Rudiš wird vom 19. März an zu Leseabenden in vielen der Literaturhäuser zu Gast sein.