Laut Mitteilung des EU-Rats sind die Vorschläge Teil der "Strategie für einen digitalen Binnenmarkt". Damit soll für Online-Händler die Erhebung der Mehrwertsteuer erleichtert werden, wenn Verbraucher Gegenstände und Dienstleistungen über das Internet kaufen.
"Durch diese Neugestaltung der Vorschriften wird unser MwSt-System an die digitale Wirtschaft angepasst", erklärte Toomas Tõniste, der Finanzminister Estlands, das derzeit den Ratsvorsitz innehat. "Dank des Bürokratieabbaus erzielen wir sowohl Kosteneinsparungen für Unternehmen als auch höhere Steuereinnahmen für die Mitgliedstaaten."
Das sehen die neuen Vorschläge vor:
- Ein bestehendes EU-weites Portal (die kleine einzige Anlaufstelle oder "Mini One Stop Shop") wird auf die Mehrwertsteuer-Registrierung von Fernverkäufen ausgeweitet. Dadurch müssen sich Online-Händler nicht mehr in jedem einzelnen Mitgliedstaat in dem sie Waren verkaufen für die Mehrwertsteuer anmelden. Die Kommission schätzt, dass den Unternehmen durch solche Verpflichtungen pro EU-Land, in das sie Waren verkaufen, Kosten in Höhe von ca. 8.000 Euro entstehen. Zudem könnte der Verwaltungsaufwand für Unternehmen um 95 % gesenkt werden. Die Kommission schätzt die Gesamteinsparung durch eine einzige Anlaufstelle für die Unternehmen auf 2,3 Milliarden Euro. Zudem könne damit ein Anstieg der MwSt-Einnahmen um 7 Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten bewirkt werden.
- Außerdem wird ein neues Portal für Fernverkäufe aus Drittländern im Wert von unter 150 Euro eingerichtet. Dadurch sollen bei Transaktionen zwischen Unternehmen und Verbrauchern die Kosten für die Einhaltung der MwSt-Bestimmungen gesenkt werden.
- Die Mehrwertsteuer wird im Mitgliedstaat des Verbrauchers entrichtet. Dadurch soll eine gerechtere Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den Mitgliedstaaten gewährleistet werden.
- Online-Plattformen werden für die Erhebung der Mehrwertsteuer auf Fernverkäufe, die über sie abgewickelt werden, haftbar gemacht. Dies sei zwar im Kommissionsvorschlag nicht vorgesehen gewesen, so die Mitteilung weiter, wurde aber zu einer wesentlichen Bestimmung des Pakets. Die meisten Gegenstände, die für Fernverkäufe importiert werden, kämen derzeit mehrwertsteuerfrei in die EU; dadurch seien die EU-Unternehmen unlauterem Wettbewerb ausgesetzt. Der Mehrwertsteuerbetrug bei Fernverkäufen in der EU wird auf jährlich 5 Milliarden Euro geschätzt. "Verschiedene Maßnahmen werden dazu beitragen, diese Summe zu senken", kündigt der Rat an.
- Für Start-ups sowie Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werde es mit den neuen Vorschriften eine wichtige Vereinfachung geben: Für grenzüberschreitende Online-Verkäufe bis zu 10.000 Euro pro Jahr kann ein Unternehmen weiterhin die MwSt.-Vorschriften seines Heimatlandes anwenden.
- Darüber hinaus wird eine Ausnahmeregelung für die Einfuhr von Sendungen aus Drittländern in die EU unterhalb eines Werts von 22 Euro abgeschafft. Die derzeitige Regelung, bei der ca. 150 Millionen Kleinsendungen mehrwertsteuerfrei importiert werden, sei anfällig für Missbrauch. Während EU-Unternehmen bei allen verkauften Gegenständen der Mehrwertsteuer unterliegen, würden importierte Gegenstände von der Ausnahmeregelung profitieren und zu diesem Zweck häufig unterbewertet.
Für die neuen Vorschriften gelte folgender Zeitplan:
- Einführung von Maßnahmen zur Vereinfachung für den Handel mit elektronischen Dienstleistungen innerhalb der EU bis 2019.
- Ausweitung der einzigen Anlaufstelle auf Fernverkäufe von Gegenständen innerhalb der EU und aus Drittländern sowie Abschaffung der MwSt-Ausnahmeregelung für Kleinsendungen bis 2021.
- Die Vorschriften, die ab 2021 Anwendung finden, werden in einem weiteren Kommissionsvorschlag im Rahmen eines anderen Verfahrens als dem Gesetzgebungsverfahren im Einzelnen festgelegt, heißt es weiter.
- Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Dezember 2018 bzw. bis zum 31. Dezember 2020 Zeit, die entsprechenden Vorschriften der Richtlinie in nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften umzusetzen.
EIBF begrüßt Entscheidung
Die European & International Booksellers Federation (EIBF) begrüßt in einer Mitteilung die Entscheidung. Insbesondere die Regelung für Start-ups sowie Kleine und mittlere Unternehmen (s.o.) werde es "Buchhändlern definitiv ermöglichen, mehr (E)Books über ausländische Märkte anzubieten". Der EIBF Co-President Fabian Paagman sagt: "Die Buchhändler haben die digitale Revolution angenommen und eine wachsende Zahl von Buchhändlern bietet ihren Kunden ein E-Books auf ihrem Heimatmarkt und zunehmend grenzüberschreitend an. Die von der Kommission und dem Rat eingegangene Verpflichtung, die Belastung durch die Mehrwertsteuervorschriften für KMU und Kleinstunternehmen sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch grenzüberschreitend zu verringern, ist eine echte Erleichterung. "