Interview mit Bernhard Fetsch und Natalja Schmidt

"Fantasy-Leser sind Vielleser"

16. November 2017
Redaktion Börsenblatt
Welche Wünsche hat der Buchhandel hinsichtlich Fantasy- und Science-Fiction-Titeln − und wie gestaltet Knaur Fantasy sein Programm? Das erläutern Bernhard Fetsch, Vertrieb- und Marketinggeschäftsführer bei Droemer Knaur und Natalja Schmidt, Programmleiterin Knaur Belletristik.

Nach welchen Kriterien kaufen die Buchhändler Science Fiction und Fantasy ein?
Bernhard Fetsch: Hier gibt es zum einen die inhaltlichen Spezialisten, die Autoren bereits von ihren Vorgängertiteln oder aus englischen Veröffentlichungen kennen. Zum anderen gibt es die Kollegen, die bislang wenig Kontakt mit phantastischen Inhalten hatten, die sich für gut erzählte Geschichten, sprachliche Qualität und auch für die Qualität eines gut komponierten Programms interessieren und hierfür begeistern lassen. Knaur Fantasy ist bezogen auf die Titelanzahl eines der kleineren Programme.

Achten die Sortimenter zu sehr auf die Verkaufszahlen des letzten Titels eines Autors?
Fetsch: Gute Verkaufszahlen sind wichtig. Deshalb ist der Blick auf die Zahlen naheliegend, das geht uns im Verlag ja nicht anders. Bei den Fantasy-Lesern handelt es sich um Vielleser und Bibliophile, die nicht nur im bekannten Bereich verbleiben wollen. Für die Liebhaber legen wir daher Klassiker des Genres wieder auf. Hinzu kommen die Neuheiten, von Autoren in den phantastischen "Kernlanden" und Titel, die die sich über die erwarteten Grenzen hinausbewegen: Bei diesen hilft der Blick in die Zahlen-Vergangenheit nicht unbedingt weiter. Um den Leser hieran zu binden, braucht es Neues, Entdeckungen, Spannendes. 

Haben neue Autoren dadurch schlechte Karten? Wirkt das innovationshemmend?
Natalja Schmidt: Debütautoren haben es in der Tat nicht immer leicht. Sowohl Buchhandel als auch Verlage setzen gerne auf Erfahrungswerte und auch auf bereits durchgesetzte Autoren und Stoffe. Andererseits ist beiden Seiten bewusst, dass auch künftige Bestsellerautoren irgendwann einmal klein anfangen müssen. Ich denke, dass es von Verlagsseite wichtig ist, dem Handel zu signalisieren, dass wir aus guten Gründen auf bestimmte Debüts setzen, und bereit sind, Autoren auch gemeinsam aufzubauen.

Wird von Verlagsseite versucht, das zunehmend mit "direct-to-customer"-Lösungen zu umgehen?
Fetsch: Unser Umsatzanteil im Handel ist deutlich höher, als der im letzten Branchenbericht ausgewiesene Anteil. Und auf unsere Coversprache legen wir besonderen Wert, weil wir glauben, dass unsere Cover aus der Menge der Fantasy-Titel herausspringen sollen. Die Leser der phantastischen Stoffe sehen wir stark im Buchhandel verortet, weshalb sich auch unsere großen Marketing-Kampagnen hierauf beziehen.

Sobald ein Trailer erscheint, wird heftig geworben. Wie wichtig sind Verfilmungen?
Schmidt: Verfilmungen können in der Tat eine Menge bewirken − die Tim Burton-Verfilmung von Ransom Riggs' "Die Insel der besonderen Kinder" hat zum Beispiel maßgeblich mit dafür gesorgt, dass der Titel nicht nur auf die Bestsellerliste zurückgekehrt ist, sondern auch ein richtiger Longseller wurde. Wir sind sehr gespannt auf den Film zu "Auslöschung" von Jeff VanderMeer, der mit Natalie Portman und Oscar Isaac prominent besetzt ist und bei uns im kommenden Februar in die Kinos kommt, und hoffen natürlich, dass auch hier viele Fans dann zur Buchvorlage greifen werden.

Mehr zum Thema finden Sie in unserem Börsenblatt Spezial Fantasy & Science Fiction, Heft 46, das heute erschienen ist.