Tobias Streitferdt über Onix 3.0

"Im Metadaten-Umfeld bewegt sich zu wenig"

5. Oktober 2017
Redaktion Börsenblatt
Mit der Umstellung auf Onix 3.0 hat Holtzbrinck einen Meilenstein erreicht – am Ziel sieht sich die Verlagsgruppe damit jedoch nicht. Warum Metadaten für die Branche eine Dauerbaustelle bleiben und was Standards für den Umsatz bringen: Ein Gespräch mit Tobias Streitferdt, Metadata & eCommerce Manager bei Holtzbrinck ePublishing. 

ONIX 3.0 bietet Verlagen die Möglichkeit, zusätzliche Informationen standardisiert zu verbreiten, Links zu Social-Media-Auftritten zum Beispiel. Holtzbrinck ist jetzt die erste der großen Verlagsgruppen im Publikumsmarkt, die auf den neuen Standard umgestellt hat. Gab es ein Wettrennen? 
Ein Wettrennen? Nein, auch wenn wir sicher nicht die einzigen sind, die daran arbeiten. Dass wir das neulich in einer Pressemitteilung so betont haben, hat eher andere Gründe: Wir freuen uns zwar, die ersten zu sein – hoffen aber vor allem, dass wir jetzt andere Marktteilnehmer dazu motivieren können, den Standard ebenfalls in vollem Umfang zu nutzen. Wir wollen, dass sich der Standard schnell durchsetzt und sich im Bereich Metadaten dann noch mehr bewegt als das aktuell der Fall ist. Anders wird man den Handel kaum dazu bekommen, die Entwicklung mitzugehen.  

Was bringt Ihnen ONIX 3.0? 
Hauptziel war es, unseren Verlagen die Möglichkeit zu bieten, so viele Metadaten wie möglich automatisiert an den Handel zu geben. Wenn man dafür einen Standard nutzen kann, spart das Kosten und ist auch effizienter.   

Und erhöht die Sichtbarkeit der Titel am Markt? Stimmt die Formel: mehr Metadaten = mehr Umsatz? 
Man müsste sie sicher konkretisieren. Metadaten ermöglichen nicht per se mehr Umsatz, aber sie erhöhen die Sichtbarkeit und damit die Chancen, überhaupt wahrgenommen zu werden. Umsatz wird wahrscheinlicher, wenn man so will – derzeit ist es aber noch sehr schwierig, für jedes Metadatum einen Faktor zu entwickeln, der schon im Vorfeld anzeigt, wie sehr dieses die Nachfrage anschiebt. 

Arbeiten Sie daran?   
Ja, das Thema ist enorm wichtig für uns. Wir würden eines Tages schon gern sagen können, dass ein Buch aufgrund eines bestimmten Keywords so und so oft mal mehr verkauft wurde. 

Wie nah sind Sie dran? 
Schwer zu sagen. Aber ich bin mir sicher, dass solche Verfahren kommen werden. Im Onlinemarketing ist es bereits jetzt völlig normal, zu berechnen, was einzelne Keywords bei der Suchmaschinenoptimierung gebracht haben. Die Attributionsmodelle, die hier angewandt werden, sind natürlich nicht 1:1 auf unsere Fragestellungen anwendbar, zeigen aber ganz gut die Richtung, in die es geht.  

Um auf Onix 3.0 umzustellen – wie lange hat Holtzbrinck dafür gebraucht?   
Da nur die deutschsprachigen Publikumsverlage betroffen waren, also S.Fischer, Argon, Rowohlt, Droemer Knaur sowie Kiepenheuer & Witsch und die Daten bei ihnen schon strukturiert vorgelegen haben, ging es mit der Umstellung relativ schnell. Ein großer Vorteil war, dass wir mit der HGV (Hanseatische Gesellschaft für Verlagsservice; Anm.d.Red.) als Onix-Lieferanten einen zentralen Dienstleister im Konzern haben. Außerdem waren die Formate, die zu berücksichtigen waren, überschaubar – es ging um Bücher, E-Books und Hörbücher. Insgesamt haben wir an der Umstellung vielleicht acht Monate gearbeitet, seit Anfang des Jahres.   

Was war der Auslöser? 
Ein Vortrag Anfang des Jahres von Graham Bell, der bei Editeur für Onix verantwortlich ist, war für uns quasi der Startschuss. Angetrieben hat uns aber auch die Einführung von VLB-TIX. Die meisten unserer Verlage werden ab diesem Herbst für ihre Vertreterreisen VLB-TIX nutzen – da war es wichtig, möglichst viele Informationen automatisiert in das System bekommen, zum Beispiel Autorenbilder und die dazugehörigen Copyrightinformationen.

Welche Rolle war Ihre dabei? 
Ich arbeite als verlagsübergreifender Metadatenmanager, halte zentral die Fäden zusammen, stoße Weiterentwicklungen an und schaue auf möglichst homogene Abläufe. In den meisten unserer Häuser gibt es jetzt ebenfalls Metadatenmanager, die dann operativ alle Prozesse steuern. Hier berate ich und führe Workshops durch – so war das auch bei der Umstellung auf Onix 3.0. 

Bis wann, schätzen Sie, wird sich der Standard am Markt durchsetzen können? 
In den nächsten zwei Jahren dürfte der Prozess großteils abgeschlossen sein. Onix 2.1 wird nicht mehr weiterentwickelt, außerdem hält sich der Aufwand für die Umstellung doch in Grenzen, wenn man sich mal näher mit der neuen Version beschäftigt hat. 

Bringt der Wechsel zu Onix 3.0 auch eine Lösung für das Problem, dass Webshops in puncto Metadaten gern ihr eigenes Ding machen?  
Das glaube ich nicht. Die Shops machen das ja nicht aus bösem Willen, sondern weil die Qualität der Metadaten so heterogen ist. Es gibt Verlage, die Metadaten sehr gut pflegen, andere tun das nicht – weil sie deren Potenzial noch nicht erkannt haben oder sie nur teilweise über den klassischen Buchhandel ausliefern. Doch so oder so: Den Webshop-Betreibern kommt Onix 3.0 in jedem Fall entgegen – der Standard ist ein Werkzeug für Verlage, mehr und qualitativ bessere Metadaten zu übermitteln. 

Zum Beispiel?
Da können schon Kleinigkeiten wichtig sein, etwa, dass man mit Onix 3.0 die Bestandteile eines Titels klar kennzeichnen kann. Heißt ein Buch zum Beispiel "Der Totentanz", dann wird das "Der" vom Verlag als Präfix mit einem Extra-Tag gemeldet – so kann der Shop den Artikel eindeutig ausschließen und "Totentanz" als zentralen Suchbegriff markieren. Alles automatisch und ohne weiteren Aufwand.  

Was müsste der nächste Schritt sein? 
Sobald die Metadaten besser strukturiert sind, kann sich jeder auf andere Dinge konzentrieren – auf eine bessere Qualität der Metadaten. Ich persönlich setze hier stark auf THEMA, das neue Klassifikationsschema. Es wird, wenn viele mitziehen, die Sichtbarkeit und Auffindbarkeit von Titeln noch einmal deutlich erhöhen. In der IG Produktdaten arbeiten wir gerade an einer THEMA-Guideline für Verlage, damit die Metadatenqualität auch hier weiter steigt.    

Veranstaltungstipp

Die IG Produktmetadaten im Börsenverein diskutiert am Messedonnerstag (12. Oktober) über das Thema "Auffindbarkeit: Ihr Schlüssel zum Verkaufserfolg - alles finden, mehr verkaufen". Dabei sind u.a. Detlef Bauer (Libri), Maike Prehn (Hugendubel) und Marion Seelig (Ullstein).
Ort: Forum Börsenverein (Halle 3.1 H 85)
Zeit: 16 bis 16.45 Uhr