Genau vor einem Jahr, im Juli 2016, bin ich aus der belebten Rüttenscheider Straße in eine kleine Nebenstraße umgezogen. Der Grund? Meine Miete wurde erhöht. Der neue Laden (85 qm, Verkaufsfläche 65 qm) ist zwar wunderschön und auch nur einige hundert Meter vom alten Standort entfernt – trotzdem stimmte der Umsatz nicht mehr. Die Stammkunden sind mir treu geblieben, aber sie kommen nicht mehr ganz so oft. Und Laufkundschaft gibt es dort quasi keine.
Zusammen mit einem Berater habe ich dann an meinem Konzept gearbeitet und zum Beispiel die Öffnungszeiten bis 21 Uhr verlängert, so dass meine Kunden auch nach Feierabend bequem bei mir stöbern und einkaufen können. Außerdem habe ich in Werbung investiert und das Veranstaltungsprogramm intensiviert. Doch in der Kürze der Zeit haben die Maßnahmen leider nicht ausreichend gegriffen, die Rückstände sind größer geworden. Und keine Bank wollte mir einen Kredit gewähren. Mir blieb nichts anderes übrig, als einen Anwalt zu kontaktieren, um die Insolvenz anzumelden. Weil ich dann auch keine Kundenbestellungen mehr entgegennehmen konnte, musste ich sie über das bevorstehende Aus der Buchhandlung informieren.
Die Idee der Kunden: eine Crowdfunding-Aktion! Ich hatte nicht zu hoffen gewagt, dass das funktionieren kann, dachte aber, einen Versuch ist es wert. Damit war auch der Insolvenzanwalt einverstanden. Ich hatte schon mit dem Video-Dreh für die Plattform StartNext angefangen, aber es ist ziemlich aufwendig, ein Projekt dort einzustellen. Die Zeit hatte ich nicht mehr. Und außerdem wollte ich ja meine Kunden erreichen und die sind mehrheitlich nicht sonderlich internetaffin. Also entschied ich mich für einen Mailaufruf. Mit dem Betreff „SOS“ habe ich am 25. Juli eine Mail an etwa 250 Stammkunden herausgeschickt. Und die haben einfach fantastisch reagiert!
Innerhalb kürzester Zeit sind die anvisierten 20.000 Euro zusammengekommen. Trotz Ferienzeit haben etwa 150 Kunden reagiert, die mich unterstützen wollten. Zwischen 20 und 2.300 Euro lagen die Summen, die sie für die Rettung des Ladens spenden wollten. Manche Spender hatten die Mail von Freunden weitergeleitet bekommen und waren mir namentlich nicht einmal bekannt. Ich war überwältigt! Die größte Spendenzusage, also die 2.300 Euro, kamen ausgerechnet am 16. August, dem 20. Geburtstag von Alex liest Agatha, und noch am selben Abend habe ich mich bei meinen Kunden bedankt und ihnen die Kontonummer übermittelt. Mit dem Geld kann ich jetzt meinen Verbindlichkeiten nachkommen, die Großhändler und meinen Vermieter bezahlen. Zum Abschluss will ich allen schreiben, mich noch einmal bedanken und zu einer Freudenparty einladen, bei der es dann auch – wie bei Crowdfunding-Plattformen üblich – kleine Geschenke für die Spender geben soll. Außerdem feile ich natürlich an meinem Konzept, bin dabei, das Rechnungsgeschäft auszubauen und die reichlich vorhandene Nutzfläche in meiner Buchhandlung für Veranstaltungen zu optimieren. Meine Basis für Verhandlungen mit den Banken hat sich jetzt auch entscheidend verbessert. Und: Ich habe mir vorgenommen, häufiger mal auf den Crowdfunding-Plattformen vorbeizuschauen…