Deutscher Buchhandlungspreis (6): Goethe und Hafis

Botschafter zwischen den Welten

22. August 2017
Redaktion Börsenblatt
Für den Deutschen Buchhandlungspreis sind in diesem Jahr 117 Buchhandlungen nominiert. Jede hat ein markantes Profil, alle werden in ihrer Region geschätzt. Bis zur Preisverleihung am 31. August stellt boersenblatt.net nominierte Buchhandlungen vor. Diesmal: Buchhandlung Goethe & Hafis in Bonn. 

Über Jalal Rostami Goorans wechselhafte Geschichte könnte man ein Buch schreiben: In seiner Heimat Iran war er Lehrer für Geschichte und Erdkunde, bis er wegen politischer Differenzen festgenommen wurde. Um weitere Inhaftierungen zu vermeiden, erhielt er in Deutschland politisches Asyl. Den Lehrerberuf konnte er hier nicht ausüben, deshalb studierte er Bibliothekswesen. Nach der Ausbildung erschwerte die Budgetierung der öffentlichen Bibliotheken seine Einstellung – wieder war Umdenken gefragt. Also machte er sich mit einer Buchhandlung in Bonn selbstständig, fing auf 24 Quadratmetern mit antiquarischen Büchern an, wuchs langsam, änderte das Sortiment.

Heute verkauft Rostami in der Buchhandlung "Goethe und Hafis" in Bonn-Hardtberg auf rund 60 Quadratmetern orientalische Literatur, Philosophie, Geschichte, Sach- und Fachbücher – und natürlich alles das, was die Kunden wünschen. Die zahlreichen Veranstaltungen, die der Buchhändler anbietet, spiegeln sein politisches Engagement. Ob Krieg im Irak oder in Afghanistan, Menschenrechtsverletzungen im Iran oder in Syrien – Rostami lädt Journalisten und Experten ein und spricht darüber, was in der Welt passiert. Zudem hat er vor einigen Jahren die Reihe „Forum Philosophie“ ins Leben gerufen. Die Vorträge und Diskussionsrunden zu Themen wie Philosophie und Musik oder Naturästhetik stellt er anschließend bei Youtube ein.

Goethe und Hafis, Orient und Okzident, Philosophie und Politik – funktioniert das als Geschäftsmodell? „Allein mit diesem Konzept kann man kein erfolgreiches Geschäft aufbauen“, meint Rostami. Er habe deshalb nach Wegen gesucht, sein kulturell relevantes Anliegen durchzusetzen und trotzdem offen für Neues zu sein: „Man muss ja davon leben können.“  

Als die Buchhandlung 2013 in einer Krise steckte, musste der Buchhändler sich entscheiden: schließen oder weitermachen? Er entwickelte ein Konzept für eine neue Filiale, konnte die Bank überzeugen. Seitdem gibt es einen Ableger seines Ladens in Bonn-Röttgen. Bereits 2001 hatte er eine schwierige Zeit mit einem couragierten Schritt überwunden: Er gründete den Verlag „Goethe und Hafis“. Seither erscheinen in der Buchreihe "Alter Orient" Neuauflagen klassischer orientalischer Werke in kritisch-wissenschaftlicher Überarbeitung. Die "Edition Pajam" (persisch für Botschaft) versammelt Werke von Autoren, die im Iran oder in anderen Ländern nicht veröffentlicht werden dürfen. Aber auch deutschsprachige Belletristik verlegt Rostami: "Ich lebe seit 27 Jahren hier. Deshalb wollte ich nicht nur im Orient bleiben, sondern auch etwas für den Okzident machen."

Die Nominierung für den Deutschen Buchhandlungspreis führt ihm die Unterschiede zwischen seiner ersten und zweiten Heimat vor Augen: „Im Iran unterliegen Künstler und Autoren der Zensur und riskieren Inhaftierung, wenn sie ihre Tätigkeit ausüben. In Deutschland bekommt man sogar einen Preis verliehen, wenn man sich engagiert. Dafür muss man dankbar sein!“

GOETHE & HAFIS BUCHHANDLUNG UND VERLAG, BONN

Inhaber: Jalal Rostami Gooran
Gegründet: 1994
Quadratmeter: 60
Schwerpunkt: allgemeines Sortiment, Philosophie, Sachbücher, orientalische Literatur
Erfolgsfaktoren: eigener Verlag, Veranstaltungen
Website: http://www.goethehafis.de

Bisher vorgestellt: 

Jos Fritz, Freiburg

LiteraDur, Remchingen

Ein guter Tag, Schwerin

Buchhandlung Mobilé

Buchhandlung Helga Weyhe (Sonderpreis)