Die Entscheidung des federführenden Bundestags-Ausschusses sei ein Armutszeugnis für die deutsche Bildungspolitik, betont Alexander Skipis in einer Stellungnahme. "Ein Gesetz ohne wesentliche Änderungen durchzuwinken, das offensichtlich verfassungswidrig ist und weltweit vorbildliche Publikationsstrukturen, die Garant für Qualität und Vielfalt sind, massiv bedroht, ist höchst fahrlässig und unverantwortlich." Der Gesetzgeber habe mit dieser einseitigen Entscheidung gezeigt, dass er auf die Interessen der Urheberinnen und Urheber wissenschaftlicher Werke und ihrer Verlage keine Rücksicht nimmt, so Skipis weiter. "Dieser kurzsichtige Schritt ist ein schwerer Rückschlag für den Bildungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland."
"2023 kann die wissenschaftliche Publikationslandschaft bereits irreversibel beschädigt sein."
Die vom Ausschuss beschlossene Befristung der zentralen Vorschriften des Gesetzes auf fünf Jahre sei kein geeigneter Interessensausgleich. Da das Gesetz am 1. März 2018 in Kraft treten soll, endet die Frist erst im Jahr 2023. Skipis ist überzeugt: "Die Regierungskoalition macht es sich einfach und verschiebt die Verantwortung nicht nur in die nächste, sondern gleich in die übernächste Legislaturperiode." Dabei zeige bereits die Befristung als solche, dass der Gesetzgeber selbst erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorschriften habe. "Im Jahr 2023 kann die wissenschaftliche Publikationslandschaft bereits irreversibel beschädigt sein." Sehenden Auges peitscht die Bundesregierung ein Gesetz durch, sagt Skipis, "dessen dramatische Folgen für Bildung und Wissenschaft im Lande sie sehr genau sieht".
"Angela Merkel verabschiedet sich von einem erfolgreichen marktwirtschaftlichen Publikationssystem"
Bemerkenswert sei die Haltung der SPD, die sich für das Gesetz besonders stark gemacht habe, stellt der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins zudem fest: "Sonntags erzählen einem Sozialdemokraten, wie sehr ihnen Autoren und Verlage am Herzen liegen, wochentags entziehen sie ihnen die Existenzgrundlage. Leider hat aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in keiner Weise die berechtigten Belange wissenschaftlicher Urheber und ihrer Verlage berücksichtigt." Sie verabschiede sich von einem erfolgreichen marktwirtschaftlichen Publikationssystem mit rund 600 meist kleinen und mittelgroßen Verlagen, sodass "am Ende der Staat die Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke organisieren und mit Steuergeld bezahlen muss."
Der Börsenverein will alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, gegen das Gesetz vorzugehen. Zudem kündigt der Verband an, die bereits laufenden Arbeiten an einem leistungsfähigen Online-Lizenzierungsportal voranzutreiben – über dieses System sollen Bibliotheken und Bildungseinrichtungen Lehrbücher und andere Lehrmedien der Verlage lizenzieren können. "Wir werden die Politik nicht aus der Verantwortung entlassen und in jedem Fall an die heute gegebenen Zusagen erinnern", sagt Skipis. Dies gelte auch für die Ankündigung finanzieller Kompensationen für Verlage, die durch das beschlossene Gesetz faktisch enteignet würden.
Am Freitag soll der Deutsche Bundestag das Gesetz in zweiter und dritter Lesung verabschieden.