Hinter Bastei Lübbe liegen turbulente Monate – Monate, in denen es an der Börse kräftig nach unten ging, der Verlag seine Bilanzen korrigieren musste, sich Umsatzerwartungen nicht in dem Maß erfüllten, wie man es erhofft hatte, und viele in der Folge hinter die Wachstumsstrategie der Vorstände Thomas Schierack und Klaus Kluge plötzlich vor allem eines setzen: ein großes Fragezeichen. Doch wie es aussieht, ist auch in diesem Fall nichts von Dauer: Beim Investorentreffen diese Woche in Köln demonstrierten Schierack und Kluge neue Stärke ("Bastei Lübbe ist auf Kurs"), deklinierten eine gute Stunde lang ihre Strategie noch einmal durch und kündigten vorsichtig frisches Wachstum. Kritische Rückfragen gab es nicht, auch nicht von Hauptaktionärin Birgit Lübbe (rund 33 Prozent der Anteile). Anders als bei der letzten Hauptversammlung (siehe Archiv: Bastei Lübbe kann nach Plan weitermachen), saß sie diesmal entspannt dabei, suchte später das Gespräch mit den Gästen – und den Vorständen.
Die Strategie für 2017/18: Wachstum, Wachstum, Vorsicht
Die Runde bestand aus gut zwei Dutzend Investoren und Researchern und einigen wenigen Journalisten, außerdem waren die beiden Aufsichtsräte Robert Stein und Mirko Alexander Caspar sowie Kai Gellert (Buchpartner) angereist. Ziel war es, kurz vor Beginn des nächsten Geschäftsjahres (1. April) gute Stimmung zu verbreiten und um Zuversicht zu werben. Die wichtigsten Themen, die Thomas Schierack und Klaus Kluge dafür vorbereitet hatten, zum Beispiel:
Umsatzwachstum. Auf die gute Neun-Monatsbilanz (siehe Archiv: Starkes Plus dank Buchpartner) soll eine gute Jahresbilanz folgen. Bastei Lübbe schließt das laufende Geschäftsjahr voraussichtlich mit einem Umsatz von 140 bis 155 Millionen Euro ab und schafft laut Schierack ein EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) zwischen 13 und 15 Millionen Euro. 2017/18 peilt er einen Umsatz von 150 bis 170 Millionen Euro an, das EBITA soll zwischen 19 und 21 Millionen Euro liegen.
Vom Buchverlag zum Contenthaus – der Vorstand verfolgt die Strategie weiter. Muss er nach eigenem Ermessen auch: „Die digitalen Umsätze steigen zwar, insgesamt schrumpft der Buchmarkt aber“, stellte Schierack klar, und wollte damit eine Erklärung dafür liefern, warum der Verlag seinen Radius sukzessive ausdehnt. Für das Unternehmen sieht er dabei für die nächste Zeit vor allem eine Hürde - "die Zukäufe und Beteiligungen gut zu integrieren, bleibt eine Herausforderung."
Strategische Ziele. Im Kerngeschäft mit Büchern will sich Bastei Lübbe zurück an die Spitze kämpfen und sich als sicherer Bestsellerlieferant beweisen:
- Kluge stellte reihenweise Titel vor, von denen er sich Erfolg verspricht – unter anderen: die Biografie von Mesut Özil („Die Magie des Spiels“, März), die neuen Bände von Dieter Nuhr („Die Rettung der Welt“, März) und Rebecca Gablé („Die fremde Königin“, April).
- Ziel ist ein Marktanteil von jeweils sechs bis sieben Prozent in den Bastei Lübbe-Segmenten (Belletristik, Sachbuch, Kinder- und Jugendbuch).
- Parallel arbeitet der Verlag zudem daran, Abhängigkeiten zu reduzieren, seine klassischen Vertriebswege abzusichern, etwa mit Blick auf den stationären Buchhandel, und hofft darauf, neue Geschäftsmodelle und Partnerschaften zu entwickeln – so, wie es 2016 der Zukauf von Buchpartner möglich wurde. An welche Partner er hier denkt, ließ Kluge offen.
Bastei Lübbe als Händler im Nebenmarkt. Mit dem Zukauf von Buchpartner (Mehrheitsbeteiligung im April 2016) hat Bastei Lübbe einen großen Schritt gemacht, nicht nur auf der Kostenseite. Dass die Neunmonatsbilanz so positiv ausfiel, ist vor allem dem Rackjobber aus Darmstadt zu verdanken – „wir werden um Buchpartner beneidet“, betonte Kluge. Und setzt nun alles daran, dass auf dieser Linie weitergeht: Zusammen mit Buchpartner-Geschäftsführer Kai Gellert will er 1.500 neue Kunden aktivieren, das Geschäft in Richtung Drogerie- und Baumärkte ausbauen und künftig auch Schreibwaren und digitale Medien anbieten. Hauptumsatzbringer blieben nach wie vor Bücher und der Lebensmitteleinzelhandel, versprach Kluge, ließ jedoch durchblicken, dass das alles kein Spaziergang wird: "Ohne Bestseller sind wir da auch nicht willkommen." Mehr zu den Nebenmarkt-Aktivitäten des Verlags lesen Sie in der nächsten Woche im Börsenblatt.
Digitalplattform Oolipo. Die Entwicklung dauerte zwar länger als ursprünglich geplant, doch jetzt soll sich der Vorhang heben: Schierack holt Oolipo auf die große Bühne – kündigte für den 21. März den Launch der Plattform an. Die Eckdaten:
- Los geht es für Oolipo zeitgleich im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) sowie in Großbritannien. Zum Jahresende hin möchte Bastei Lübbe die Plattform dann auch in den USA und weiteren englischsprachigen Ländern verfügbar machen.
- Zunächst wird die Oolipo-App nur auf iOs-Geräten laufen, die Version für Android ist für Juli geplant.
- Inhalte gibt es in deutscher und englischer Sprache; der Schwerpunkt liegt auf Serien (Schierack: „Damit kennen wir uns aus“), die über ein eigenes Tool veröffentlicht werden.
- Selbst entwickelte, also nicht als Lizenz eingekaufte Inhalte, bekommen laut Schierack Vorfahrt, in Kürze (Juli) sollen auch Dritte als Contentlieferanten einsteigen können.
- Der Streaminggedanke rückt zunächst in den Hintergrund, bezahlt wird zum Start mit Credits. Die erste Episode einer Serie ist frei, jede weitere kostet 90 Credits, eine ganze Staffel (mit 10 Episoden) 800 credits – was umgerechnet 6,99 Euro entspricht (Staffel: 100 Credits sind für 0,99 Euro zu haben, 400 für 3,99 Euro, 800 für 6,99 Euro).
- Wie viel sich hier erlösen lässt: Da ist Schierack noch unsicher – es sei „extrem schwer zu sagen, wie viele Kunden man damit ansprechen kann.“ Seine Zielgröße bis 2019 liegt weltweit bei rund zwei Millionen Nutzern.
Für Bastei Lübbe war es das dritte Investorentreffen seit dem Börsengang. Schierack und Kluge bestritten es souverän, wirkten wie ein gut eingespieltes Team. Bodenständig, ruhig, stellenweise auch lässig. Nach ihrem Vortrag führten sie die Gruppe schwungvoll durchs Haus (vom Keller bis zum Dach) und griffen zur Kochschürze: Gemeinsam mit den Gästen, mit der Hauptaktionärin Birgit Lübbe und den beiden Aufsichtsräten bereiteten sie ein Drei-Gänge-Menü vor. Bis zum Finale vergingen Stunden…