Studie erklärt Kundenwünsche

Gelbe Karte für den Einzelhandel

7. Februar 2017
Redaktion Börsenblatt
Kunden haben wenig Geduld, aber hohe Ansprüche: ShopperTrak, ein Unternehmen, das sein Geld mit Datenanalysen verdient, hat 5.000 Verbraucher in Europa nach ihren Wünschen gefragt. Fazit: Wunsch und Wirklichkeit passen aus Sicht von Kunden oft kaum zusammen.

Der Dienstleister ShopperTrak, eine Tochter von Tyco Retail Solutions, agiert weltweit und  verdient sein Geld mit Datenauswertungen im Einzelhandel, ist überzeugt davon, dass Händler ihre "Rentabilität nur verbessern, wenn sie ihre Kunden durch und durch kennen". Wie stichhaltig die Ergebnisse der neuen Handelsstudie des Unternehmens sind, lässt sich ohne Kenntnis des Fragenkatalogs und der detaillierten Daten deshalb zwar nur schwer sagen, sie klingen jedoch, auch mit Blick auf andere Erhebungen, plausibel.

Befragt wurden insgesamt 5.000 Verbraucher in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Die Ergebnisse hat ShopperTrak in einem Bericht zusammengefasst, der seit heute online verfügbar ist: "Redesigning Retail: Wie sieht die Zukunft des Ladengeschäfts aus?" (Download über die Website des Unternehmens) stellt fünf Schlüsselbereiche vor und gibt Hinweise darauf, wie sich in den kommenden Monaten die Erwartungen der Verbraucher verändern werden. Den Dreh- und Angelpunkt der Analyse bilden Omnichannel-Konzepte in den Segmenten Mode, Technologie, Schönheit, Gesundheit, Lebensmittel, Supermarkt und Kaufhaus. 

ShopperTrak-Umfrage: Wie sieht die Zukunft der Ladengeschäfte aus? 

Zentrale Ergebnisse im Überblick

Für ShopperTrak bleiben Läden für Kunden das wichtigste Bindeglied in der Omnichannel-Kette: 48 Prozent der befragten Verbraucher gaben an, der Online-Einkauf sei besser auf sie zugeschnitten – 52 Prozent sagten jedoch auch, dass sie genauso häufig stationär einkauften wie vor zwei Jahren. Speziell für die Situation in Deutschland gelte: Hier hätten Einzelhändler zuletzt große Anstrengungen unternommen und versucht, vieles richtig zu machen. Sie hätten einiges investiert, um kanalübergreifende Erlebnisse für ihre Kunden zu schaffen – ihr Ziel aber immer noch nicht erreicht: Laut Studie erwarten deutsche Kunden derzeit mehr vom stationären Einzelhandel, als er ihnen bietet.

Was deutsche Kunden stört und wo sie sich Verbesserungen wünschen:

1_Kürzere Warteschlangen im Laden

Verbesserungen wünschen sich Käufer auf vieler Hinsicht – etwa mit Blick auf das Tempo der Verkaufsabwicklung. Ein Viertel (25 Prozent) aller Befragten hätte schon einmal einen Einkauf abgebrochen, weil ihnen die Warteschlange an der Kasse zu lang war, so die Autoren der Studie. "Kunden wünschen sich heute fortschrittlichere Lösungen, um das Anstehen an der Kasse zu umgehen." Und dazu gehöre auch, das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Personal und Kunden während der Spitzenzeiten besser in den Griff zu bekommen: Ein Fünftel der Umfrageteilnehmer (20 Prozent) wünschte sich für diesen Fall virtuelle Warteschlangentickets, um ein Anstehen zu vermeiden, 16 Prozent würde gern spezielle Shopping-Apps verwenden, mit denen sich Produkte während des Rundgangs durch den Laden schon mal in einen digitalen Einkaufskorb legen lassen.

Die Lage mit Blick auf Deutschland: Fast die Hälfte (44 Prozent) der befragten deutschen Verbraucher wünschte sich kürzere Warteschlangen, immerhin 31 Prozent haben einen Laden deshalb schon unverrichteter Dinge wieder verlassen. Genauso viele betonten zudem, sie hofften auf schnellere Zahlungsoptionen (mobile Zahlung, kontaktfreie Kartenzahlung u.a.). 

2_Informationen über Aktionen, Preise und Verfügbarkeit

ShopperTrak berichtet, dass fast zwei Fünftel (38 Prozent) der Umfrageteilnehmer fanden, Geschäfte sollter klarer über Preise und Sonderaktionen informieren – der Großteil davon (70 Prozent) will elektronische Kennzeichnungen am Regal, sogenannte Electronic Shelf Labels/ESL und scanbare Codes. Grund: Ihnen geht es um mehr Transparenz zwischen Offline- und Online-Preisen und Hinweise auf die Warenverfügbarkeit in Echtzeit. Außerdem:

  • 15 Prozent der Umfrageteilnehmer sagten, sie seien genervt, wenn Verkäufer durch unzureichende Produktkenntnisse auffielen.
  • Mehr als ein Viertel (27 Prozent) erklärte, das Geschäft ohne Kauf wieder zu verlassen, wenn das Verkaufspersonal zu aufdringlich sei. Nur in Deutschland, so die Studie, liege die Toleranzgrenze in diesem Punkt etwas höher.  

3_Gleiche Voraussetzungen auf allen Kanälen

23 Prozent der deutschen Kunden wünschen sich besser ausgebildetes Personal, vor allem: deutlich mehr Omnichannel-Spezialisten – damit sie auch im Laden zum Beispiel problemlos Zugang zu Online-Bewertungen und Informationen zu Lagerbeständen bekommen (u.a. via Tablet). Weitere 23 Prozent würden laut ShopperTrak gern von Verkäufern bedient werden, die mit Tablets ausgestattet sind. Das zeige, wie wichtig es sei, dass Einzelhändler vom Laden aus Zugriff auf eine Gesamtansicht der Lagerbestände hätten – auf ein "Endless Aisle" (ein endloses Verkaufsregal).

4_Produktprüfung, Markenbindung, Showrooms

Statt als reine Verkaufsstelle, betrachteten Verbraucher Geschäfte heute vermehrt auch als Station zur Stärkung der Markenbindung, so die Studie. Was damit gemeint ist: Mehr als ein Drittel (37 Prozent) erklärte, dass sie Produkte gern in einem Laden prüfen und dort dann auch die Marke besser kennenlernen wollen – selbst wenn der Kauf letztendlich in einem anderen Kanal stattfindet. "Verbraucher wünschen sich direkten Kontakt mit dem Produkt, bevor sie einen Einkauf tätigen."

5_Besondere Angebote für Stammkunden

Ein weiterer Wunsch der Verbraucher: Was online funktioniert, sollte auch stationär möglich sein. "Da die Verbraucher individuell zugeschnittene Angebote aus dem Internet kennen, erwarten sie dieselben kundenspezifischen Erfahrungen im stationären Einzelhandel, sowohl beim Service als auch bei den Angeboten", ist sich ShopperTrak sicher: 

  • 37 Prozent wünschen sich demnach personalisierte Preisnachlässe (für Stammkunden);
  • 10 Prozent würden öfter stationär einkaufen, wenn sie personalisierte Anreize bekämen (z.B. Zugang zu einer Kollektionsvorschau oder Produkteinführung). 

Die Lage in Deutschland: Händler können sich offenbar mehr Zeit lassen, um personalisierte Werbung und Services zu entwickeln. In Deutschland sind lediglich 10 Prozent der Kunden für solche Angebote offen. Ähnliches gilt auch für Stammkundenangebote wie zum Beispiel Preisnachlässe: 37 Prozent der Deutschen sind für entsprechende Offerten offen – in Frankreich rund 48 Prozent. 

ShopperTrak-Manager Thomas Hillebrand zieht für sich daraus ein klares Fazit. Für ihn steht fest, dass Einzelhändler mehr als je zuvor Wege finden müssten, "digitale Methoden in ihr stationäres Geschäft zu integrieren, um so ein vielfältigeres und besser vernetztes Kundenerlebnis zu schaffen."