Zum Geburtstag Jochen Jungs

Verdienstvoll

5. Januar 2017
von Börsenblatt
Jochen Jung hat etwas geschafft und geschaffen in den vergangenen 75 Jahren – das meint Arnold Stadler. Ein Geburtstagsglückwunsch des Schriftstellers für den Verleger.

Jung – der Name ist nicht koreanisch, sondern kommt aus Frankfurt, wo es auch schön ist. Da wurde er geboren, Jochen Jung, am 5. Januar 1942. Jung, der Name passt, denn das Leben ist keine Frage des Dezimalsystems, sondern der Sonnenumrundungen vom Licht der Welt an, wie wir, wenn wir es gut meinen, immer noch sagen, als Sohn eines Vaters, der in einem Lazarett im Krieg starb. Da war er keine drei Jahre alt. Und die Mutter lebte mit den Kindern in Eckernförde an der Ostsee und betrieb das große Fischgeschäft. Das wäre auch seine Möglichkeit gewesen: die Fische und die Ostsee, der junge Mann und das Meer.

Doch wir feiern Jochen Jung nicht, weil er vom Meer, dem Vorort der Träume, kommt, sondern weil er etwas geschafft und geschaffen hat in den vergangenen 75 Jahren. Hier in diesem Geburtstagsgruß müsste vor allem von seinen Verdiensten als Lektor und Verlagsleiter des Residenz Verlags und später von Jung und Jung die Rede sein.

Im Frühjahrskatalog 1989 war mit meinem Erstling "Ich war einmal", den man wie alles, was zum ersten Mal geschieht, nicht so schnell vergisst, vor allem das letzte Buch Thomas Bernhards ("In der Höhe Rettungsversuch Unsinn") angekündigt, das der streitbar ruhmreiche Bernhard noch einmal seinem Freund Jochen Jung, der auch die meines Erachtens schönsten Bücher Thomas Bernhards ("Der Atem", "Ein Kind", "Die Ursache", "Der Keller", usf.) lektoriert hatte, gegeben hat, und nicht seinem Großverleger Siegfried Unseld. Über den nicht mehr zu Lebzeiten besänftigten Ärger in Frankfurt kann man in der entsprechenden Briefausgabe Thomas Bernhard – Siegfried Unseld nachlesen.

Und auch Handke, der Peter, von "Wunschloses Unglück" an, war sein Autor. Ich möchte aber auch noch "Schöne Tage" von Franz Innerhofer nennen und Markus Werner.

Das Leben war aber nicht immer so schön wie es hätte gewesen sein können. Ich denke da vor allem an seinen Abschied vom Residenz Verlag im Jahr 2000 nach den Jahrzehnten als Lektor und Verleger. Da haben ihn aber fast alle Autoren begleitet; und sie waren es auch, die den Neubeginn im Verlag Jung und Jung mitgetragen haben. Dieses kleine Unternehmen, von luxuriöser Einfachheit, hat mittlerweile schon zweimal den Deutschen Buchpreis gewonnen, mit ­Melinda Nadj Abonji und Ursula Krechel.

Dann wird er seinen Geburtstag feiern, an einem schönen Ort, von denen es auf der Welt zu unserem Glück noch einige gibt. Und solange es solche Orte und Menschen wie Jochen Jung gibt, ist es immer noch etwas Schönes, da zu sein, und hier, am Leben. Ja. Multos ad annos feliciter.