John Berger ist tot

Kunstkritiker und Schriftsteller wurde 90 Jahre alt

3. Januar 2017
von Börsenblatt
Der Kunstkritiker und Schriftsteller John Berger ist gestern, am 2. Januar, in Paris nur wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag gestorben. Das teilte der Hanser Verlag mit.

John Berger wurde 1926 in London geboren. Bei Hanser erschienen Essaybände, Gedichte und Romane, zuletzt Gegen die Abwertung der Welt (Essays, 2003), Hier, wo wir uns begegnen (2006), A und X (Eine Liebesgeschichte in Briefen, 2010), Bentos Skizzenbuch (2013), Der Augenblick der Fotografie (Essays, 2016) sowie eine Neuausgabe von Von ihrer Hände Arbeit (Eine Trilogie, 2016).

Der Hanser Verlag hat seiner Nachricht folgenden, ebenso schönen wie verstörenden Text von John Berger mitgeschickt:

"Was mich mehr als irgendetwas sonst mit meinem eigenen Tod aussöhnt, ist das Bild eines Ortes: eines Ortes, wo deine Gebeine und meine bestattet, unbedeckt zueinander geworfen sind. Sie sind dort wild durcheinander gestreut. Eine deiner Rippen lehnt an meinem Schädel. Ein Mittelhandknochen meiner linken Hand liegt innerhalb deines Beckens. (An meinen gebrochenen Rippen wie eine Blume deine Brust). Die hundert Knochen unserer Füße liegen verstreut wie Kies. Es ist seltsam, daß dieses Bild unserer Nähe, wo es sich doch auf nichts als Kalziumphosphat bezieht, ein Gefühl des Friedens verleihen soll. Doch das tut es. Mit dir kann ich mir einen Ort vorstellen, wo es genügt, Kalziumphosphat zu sein."

Aus: John Berger, "Und unsere Gesichter, mein Herz, vergänglich wie Fotos", aus dem Englischen von Karin Kersten, Edition Akzente, Carl Hanser Verlag 1986 (leider vergriffen)