Urteil des Kammergerichts Berlin zu GEMA-Ausschüttungen

Musikverlage erleiden substanzielle Einnahmeverluste

15. November 2016
Redaktion Börsenblatt
Das Kammergericht Berlin hat gestern in einem Berufungsverfahren entschieden, dass die Verwertungsgesellschaft GEMA ab dem Jahr 2010 nicht berechtigt ist, die den Urhebern zustehenden Vergütungsanteile um Verlegeranteile zu kürzen. Da GEMA-Ausschüttungen bei Musikverlagen in der Regel 20 Prozent und mehr des Umsatzes ausmachen, könnte dieses Urteil erhebliche wirtschaftliche Folgen für die Unternehmen haben.

In der Pressemitteilung des Kammergerichts wird hervorgehoben, dass das Urteil "die Rechte von Musikern / Künstlern stärkt". Hintergrund des Rechtsstreits sei die Frage, wie Einnahmen aus Nutzungsrechten für Urheberrechte zu verteilen sind. Der 24. Senat habe mit seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (das nach dem Kläger benannte "Vogel"-Urteil vom 21. April 2016) fortgeführt und auf die Ausschüttungen für Nutzungen von Urheberrechten übertragen. Laut Kammergericht dürfe die GEMA nur an diejenigen Berechtigten Nutzungsentgelte zahlen, die ihre Rechte wirksam übertragen hätten.

"Hätten die Urheber ihre Rechte zuerst aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auf die GEMA übertragen, so könnten die Verleger keine Ansprüche aus den Urheberrechten der Künstler ableiten. Denn den Verlegern stehe kein eigenes Leistungsschutzrecht zu. Dementsprechend könnten sie auch nicht beanspruchen, an den Einnahmen aus Nutzungsrechten beteiligt zu werden", so der Pressetext.

Auch wenn die Urteilsgründe noch nicht vorliegen, lässt sich dieser Passage entnehmen, dass das Kammergericht sich der Argumentation des Bundesgerichtshofs in seinem "Vogel"-Urteil voll anschließt. Die Folgen für die GEMA und die Musikverlage könnten dramatisch sein: denn erfahrungsgemäß erzielen die Musikverlage mehr als 20 Prozent, in Ausnahmefällen sogar 100 Prozent ihres Umsatzes durch die Beteiligung an ausgezahlten Nutzungsentgelten. Der Verlegeranteil an den Ausschüttungen liegt bei 40 Prozent.

Noch ist offen, ob das Urteil des Kammergerichts das letzte Wort ist. Es hat zwar keine Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, aber kann auch nicht aussschließen – wiewohl dies aus seiner Sicht als unwahrscheinlich erscheint – , dass eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof gegen die Nichtzulassung der Revision Erfolg hat.

Sollte das Urteil in ähnlicher Weise wie beim VG-Wort-Urteil Rückforderungen bei den Musikverlagen zur Folge haben, hätte dies unter Umständen dramatische Folgen.