Der Artikel (siehe hier die Übernahme in der Online-Ausgabe der "Frankfurter Rundschau"), für den unter anderem Sibylle Wieduwilt (Tresor am Römer, Frankfurt am Main), derzeit Vorsitzende des Verbands Deutscher Antiquare, Jörg Mewes (Bergische Bücherstube, Overath) und Angelika Schleindl (Buchhandlung Schutt, Frankfurt am Main-Bornheim) befragt wurden, berichtet vom "Sinkflug" der Verkaufspreise für "Massenware" und stellt dagegen die "Devise", dass "weniger mehr" sei (warum nicht ganz viel mehr von weniger? das ist doch nicht zuletzt eine Frage der Betriebsorganisation?).
Über die Verkaufsplattformen im Netz heißt es: "Der Vorteil solcher Suchhilfen: Online findet jeder Kunde, was er sucht, egal wie ausgefallen, egal wie weit entfernt." Das klingt fast wie ZVAB-Werbung um 1998 … Und es geht inhaltlich an der Sache vorbei, ja ist eigentlich ganz falsch.
Buchauktionen kommen in dem Beitrag gar nicht vor, obwohl sie eine herausragende Rolle als Umschlagplatz spielen. Von den Antiquariatsmessen wird lediglich die bevorstehende Frankfurter Veranstaltung erwähnt – mit einer mutmaßlich missverstandenen Bewertung, für den "normalen 'Secondhand-Buchhandel'" sei eine Messeteilnahme zu teuer.
Was entnehmen durchschnittliche Leser einem solchen Artikel, der Differenzierung nur rudimentär leistet, wenn überhaupt? Positiv gesprochen könnte man freilich auch festhalten: für (Selbst-)Aufklärung über Zustand und Perspektiven des Handels mit gebrauchten und antiquarischen Büchern besteht noch sehr viel Raum …
Björn Biester
wieder einmal mehr kann ich diesen Artikel nicht nachvollziehen.
Einst Gehabten, nicht mehr vorhandenen Vertriebswegen und vergangenen Kunden nachzuweinen ist eine Sache. sich mit seinem Angebot dem Markt zu stellen, eine andere.
Man bemäkelt den preislichen Sinkflug von Massenware???
Massenware ist, wie der Name schon verrät, zeitgeistlicher Ramsch. Heute der Hype, morgen bereits vergessen.
Antiquarisch betrachtet ist vergangene Massenware nichts anderes als Platzverschwender und wird deshalb in meinem Unternehmen auch in großen Zügen makuliert. (Wie beim Kollegen Mewes) Wer sich heute noch sein Antiquariat mit vergangener Massenware zumüllt, hat sicherlich noch nicht den Knall gehört.
Was zeichnet heute ein gutes Antiquariat aus? Sicherlich nicht die Konsaliks, Danellas oder Simmels. Selbst ein Jonas Jonasson wird schon bald dieses Schiksal teilen. Diese sind, bis auf Einzelexemplare, ohne Reue dem Papiermüll zuzuführen.
Auszeichnen kann man sich - wenn mann ein allgemeines Sortiment anbietet - durch ein breites, nahezu literarisches Angebot, mit belletristischen Einschlägen. Wenn man sich spezialisiert hat, durch ein reichhaltiges Angebot aus dem/den Spezialgebieten. Der Kunde soll ja Freude an der Vielfalt haben.
Und, bitte nicht irgendwelche Fantasiepreise ansetzen, welche auf dem Markt einfach keiner mehr bezahlen wird.
Die Kunden, welche für ihr Hobby Buch noch richtig Geld investieren, gibt es nur noch in kleinen Mengen. Diese tummeln sich dann auch lieber gezielt bei Versteigerungen, als beim ordinären Antiquar.
Der Zulauf zu den Antiquariatsmessen ist auch eher rückläufig. Die erzielten Umsätze reichen nicht, oder kaum noch, um die Standgebühren zu realisieren. Aber, es ist letztlich ein schöner Werbeeffekt, um potenzielle Kunden in sein Geschäft oder auf seine eigene Plattform zu locken.
Und, was »geht inhaltlich an der Sache vorbei, ja ist eigentlich ganz falsch?« Die Online-Plattformen?
Sicherlich nicht. Denn Kunden finden dort, was sie suchen.
Durch genau diese Plattformen hat mein Unternehmen einen enormen Zulauf aus dem In- und Ausland erfahren. Titel, welche nie in Deutschland verkauft würden, reisen heute prioritär in die ganze Welt. Regionaltitel, welche nicht aus der eigenen Region sind, werden plötzlich doch verkauft. Die hätten ansonsten das Schicksal der Danellas und Konsortien geteilt.
Was ist jetzt wirklich ganz falsch daran?
Wenn man sich weiter über den Preisverfall beklagt, dann spricht man im allgemeinen nur über den Ramsch, welchen auch Greti und Pleti als Privatpersonen über Amazon, Booklooker oder eBay vertickern. Denen ist es völlig egal, zu welchem Preis verkauft wird. Da hängt dann kein Unternehmen oder gar Mitarbeiter dran.
Ansonsten bestreiten Medimops, Rebuy, Getbooks und einige andere einen ruinösen Preiskrieg bei Amazon.
Aber, um welche Titel geht es dabei? Um die Massenware und um die Bücher, welche einem nur das Lager zustellen. (Beispielsweise juristische Bücherreihen)
Das Feld überlässt man doch gerne diesen Unternehmen. Wie man einen Doppelband der NJW für 7,00 EUR inkl. Versand anbieten kann, vollziehe ich nicht nach. Aus diesem Preis generieren sich Porto, Verpackung, Wareneinstand, Lagerkosten, Verwaltung, Löhne, etc…
Da legt also jemand Geld drauf.
Wenn man als Kaufmann nichts mehr an bestimmter Ware verdient, nimmt man diese aus dem Sortiment. An Massenware verdient man halt nur als Buchhändler, nie als Antiquar.
Warum immer weinen, wenn handeln doch viel effizienter ist.
ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen... sich stets wiederholendes "Journalisten-Bashing" ist nicht zielführend... und ein paar Zeilen schnell hingeschriebener Kommentar schon gar nicht. Wenn Sie hier schon kritisieren, dann bitte nicht als Schnellschuss, sondern gerne differenzierter. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, weshalb der Artikel so grundfalsch sein soll, wie sie das hier suggerieren.
Ich freue mich grundsätzlich, wenn Antiquariate im Jahr 2016 überhaupt noch Gegenstand einer reflektierenden Berichterstattung in den Medien sind.
Dr. Andreas Kleemann