Nachruf: Zum Tod von Inge Kralupper

"Sie war die Konstante im Verband"

12. August 2016
von Börsenblatt
Inge Kralupper, seit 1998 Geschäftsführerin beim Hauptverband des Österreichischen Buchhandels, ist, wie erst in dieser Woche bekannt wurde, am 3. August gestorben − im 50. Lebensjahr. Picus-Verleger Alexander Potyka über eine diskrete Netzwerkerin, die im Verband eine Zeitenwende markierte.

Inge Kralupper, die alle Branchenteilnehmer als freundliche, integre und humorvolle Geschäftsführerin in Erinnerung behalten werden, die stets auf Augenhöhe mit jedem Gesprächspartner kommunizierte, war eine dieser seltenen Erscheinungen, die sich den Anforderungen ihrer Aufgabe kompetent und mit großem Einsatz hingeben, ohne viel Aufhebens darum zu machen.

Dass die Führung eines Verbandes in seiner zweifachen Identität als mitgliederbestimmter Verein einerseits und wirtschaftliches Unternehmen andererseits der Quadratur des Kreises gleicht, ist wohl kein Geheimnis. Gewiss gehört dieser Job auch nicht zu den klassischen Karriereplänen Studierender. Auch Inge Kralupper, die in Waidhofen an der Thaya aufwuchs und nach ihrem Studium auf der Wiener Wirtschaftsuniversität, das sie mit einem Doktorat abschloss, und Beschäftigungen beim ORF und bei einem deutschen Pressevertrieb eine neue Herausforderung suchte, fand über Umwege zum Hauptverband: Über eine Bewerbung als Geschäftsführerin einer Druckerei kam es zu einer Weiterempfehlung durch den späteren Präsidenten des Hauptverbands, Dr. Anton C. Hilscher.

Ich kann mich noch gut an das Seminarwochenende im Jahr 1997 erinnern, an dem zwei Kandidaten für die Geschäftsführung teilgenommen haben und sich der Vorstand schließlich – ich glaube einstimmig, aber jedenfalls eindeutig – für Inge Kralupper entschieden hat, die uns nicht nur durch ihre rasche Auffassungsgabe, sondern auch durch ihre soziale Kompetenz für sich einnahm.

Die Entscheidung war ohne Zweifel richtig: Ihre Bestellung hat eine Zeitenwende markiert, weg vom autoritär angehauchten Herrenklub zu einem modernen demokratischen Verband. Inge Kralupper begann noch unter einem geschäftsführenden Präsidenten – Otto Mang –, der sie an die Aufgabe heranführte, und war dann in einer Abfolge von wechselnden Präsidenten – Anton C. Hilscher, ich selbst, Gerald Schantin und zuletzt Benedikt Föger – die Konstante im Verband, ja gewissermaßen dessen menschliches Antlitz.

Die Leistung, unter fünf so unterschiedlichen, ausgeprägten Temperamenten stets loyal die Stellung zu halten, kann sicherlich nicht überbewertet werden. All die großen Aufgaben dieser fast zwei Jahrzehnte – vom Gesetz zur Buchpreisbindung bis zur Gründung der Buch Wien –, die großen Umbrüche, die in der Branche stattgefunden haben und die auch an einem kleinen Berufsverband mit überschaubaren Ressourcen nicht spurlos vorübergehen, sind ebenso mit Inge Kralupper verbunden wie ihre besonnene Art, nicht klein beizugeben und die gestellten Aufgaben abzuarbeiten. Inge Kralupper war bei alledem eine diskrete Netzwerkerin, die mit Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland im vertrauten Gespräch war, ohne sich je in den Vordergrund zu spielen.

Mit Inge Kralupper, die einen vierzehnjährigen Sohn hinterlässt, verliert die österreichische Buchbranche nicht nur eine starke und kompetente Kraft, sondern vor allem eine große Freundin.

Alexander Potyka ist Vorsitzender des Österreichischen Verlegerverbands und war von 2004 bis 2009 Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels.