Korruptionsfall gefährdet Salone del Libro in Turin

Konkurrenz-Buchmesse in Mailand?

2. August 2016
von Nicola Bardola
Nach Korruptionsermittlungen gegen die Turiner Messegesellschaft wackelt die Buchmesse in Turin. Der italienische Verlegerverband votiert mehrheitlich für einen Neuanfang in Mailand, zieht sich aber Kritik zahlreicher Verlage und des Kulturministeriums zu. Ob es eine Konkurrenzbuchmesse in Mailand geben wird, ist noch offen. Der 30. Turiner Salone del Libro soll dennoch ungeachtet der Vorfälle 2017 stattfinden.    

Der Salone Internazionale del Libro in Turin ist die wichtigste Buchmesse Italiens. Im Mai 2016 fand der Salone zum 29. Mal statt. Es wurden über 127.000 Eintrittskarten verkauft, vier Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Buchverkäufe an den Verlagsständen nahmen stark zu. Die Jubiläumsmesse soll vom 18. bis 22. Mai 2017 stattfinden. Ob jedoch nach einem Korruptionsskandal bei der Turiner Messe der 30. Salone so erfolgreich sein wird wie seine Vorgänger, ist noch völlig offen. Einige – vorwiegend in Mailand beheimatete Verlage – wünschen sich nun den Salone vor Ort.
 
Wegen des Verdachts der Veruntreuung und der Manipulation bei Ausschreibungen ermittelt zurzeit die Turiner Staatsanwaltschaft gegen Führungskräfte der Turiner Messe. Es gab zahlreiche Rücktritte und Festnahmen und damit erhebliche Zweifel an der Fortführung der beliebten Buchmesse in Turin.

Der Verlegerverband Italiens Associazione Italiana Editore (AIE) unter dem Vorsitz Federico Mottas spielt bei einer möglichen Neuausrichtung der Messe eine treibende Rolle. Motta selbst trat im Februar aus dem Vorstandsvorsitz der Fondazione per il libro zurück, der Stiftung, die den Salone in Turin ausrichtet. Die AIE beschloss, die Turiner Messe nicht weiter zu unterstützen. Von einer Konkurrenzveranstaltung war damals noch keine Rede. Erst im Juni kamen entsprechende Gerüchte auf.

Dario Franceschini, amtierender Kulturminister Italiens, sagte am 10. Juli dem "Corriere della Sera": "Ich habe von den Plänen für eine neue Buchmesse in Mailand in Konkurrenz zum Turiner Salone gehört". Franceschini kündigte Gespräche mit Motta an und versicherte: „Meine Absicht ist es, den Salone in Turin zu stärken.“ Am 27. Juli gab nun aber die AIE nach einer sehr knappen Mitgliederentscheidung Mottas Antrag statt, gemeinsam mit der Fiera di Milano eine neue Buchmesse gründen zu wollen.
 
Der erste Mailänder Salone soll ausgerechnet im Mai 2017 stattfinden. "Das ist ein Abschied von unserem Salone", reagierte darauf die neue Turiner Messeleitung enttäuscht. Inzwischen ist in den Medien eine heftige Debatte um die Zukunft der Messe entbrannt. Vom "Krieg der Buchmessen" ist die Rede. Unter dem Hashtag #SalvaSalTo („Rette den Salone Torino“) und dem Slogan "Der Salone Internazionale del libro ist in Turin, nicht in Mailand" sammelt sich der Widerstand und bekommt Zuspruch von verschiedensten Seiten, unzer anderem vom früheren Kulturminister Italiens, Massimo Bray, aber auch von Verlagen wie Editori Laterza oder Sellerio. Zudem sagte der amtierende Bürgermeister Mailands, Giuseppe Sala, der Zeitschrift "L‘Espresso": "Die Pläne eines Umzugs des Salones nach Mailand betrachte ich mit Vorsicht. Ich glaube nicht, dass ein Wechsel jetzt sinnvoll wäre."
 
Vor wenigen Tagen wurde bekanntgegeben, dass die Verantwortung für den Turiner Salone ab sofort bei der im Juni zur neuen Bürgermeisterin Turins gewählten Chiara Appendino liegt. Diese kündigte für September neue Statuten und ein neues Programm für den Turiner Salone an, der deutlich innovativer werden soll als die Vorgänger. Schwerpunkte werden neue Entwicklungen im Verlagswesen und neue Formen des Lesens sowie nationale und internationale Startups sein. "Turin will den Salone nicht nur behalten. Wir bereiten uns darauf vor, ihn erfolgreich fortzuführen und zu vergrößern. Dank der dreißigjährigen Geschichte unserer Messe sind wir Mailand um Lichtjahre voraus, was die Buchkultur betrifft", sagte Appendino dem Magazin "L’Espresso". Zurzeit finden an der AIE vorbei direkte Gespräche der neuen Turiner Messeleitung mit den italienischen Verlagen statt.