Gestorben

Péter Esterházy ist tot

14. Juli 2016
von Börsenblatt
Der ungarische Schriftsteller Péter Esterházy ist im Alter von 66 Jahren gestorben. Im Jahr 2004 hatte er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten - und dabei auch deutlich gemacht, dass die Literatur kein Botschafter des Friedens sei, höchstens der Freiheit. Und die wolle mal den Frieden, mal den Krieg.

Péter Esterházy wurde 1950 in Budapest geboren. Als sein "Opus magnum" gilt der Roman "Harmonia Cælestis" (2000), in dem er die Geschichte der Familie Esterházy als die Geschichte Ungarns und zugleich als die Geschichte seines von den Kommunisten malträtierten Vaters erzählt.

Als nach der Veröffentlichung des Buches die Spitzeltätigkeit seines Vaters für das kommunistische Regime bekannt wurde, setzt sich Esterházy mit dem Doppelleben seines Vater in dem Zusatzband "Verbesserte Ausgabe" (2002) auseinander, in dem er Dokumente des ungarischen Geheimdienstes mit Tagebuchnotizen und Zitaten aus "Harmonia Caelestis" konfrontierte (mehr unter www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de).

"Péter Esterházy hätte schweigen können", so Michael Naumann damals in seiner Laudatio auf den Friedenspreisträger – "und wäre so selbst ein Schuldiger jener Geheimkultur geworden, jener Mentalität, die überall eine zweite Wirklichkeit mitdenkt und zugleich vertuscht. Oder er hätte sein Buch zurückziehen können in einer tragischen Geste des Verzichts. Aber das wäre der letzte und womöglich größte Sieg des kommunistischen Ungarn über die Freiheit der Dichtung gewesen."

Péter Esterházy lebte in Budapest und war vor einigen Monaten an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt. Viele seiner Romane wurden ins Deutsche übersetzt u.a. "Kleine ungarische Pornographie" (1997), "Donau abwärts" (1992) und "Harmonia Caelestis" (2001, alle im Berlin Verlag erschienen ). 2004 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In seiner Friedenspreisrede setzte er sich damals auch mit den zwei Gesichtern der Literatur auseinander:

"Die Literatur ist kein Haustier, sie ist nicht gezähmt, theoretisch zumindest nicht. Die Literatur ist nicht für Literaturpreise geschaffen. Die Literatur gehört nicht zur Rechtmäßigkeit, nicht zur Toleranz, sondern zur Leidenschaft und zur Liebe. Mit der Liebe aber wird man keine Gesellschaften bilden, dafür ist sie nicht zuverlässig genug.

Die Literatur ist kein Botschafter des Friedens; sollte der Botschafter überhaupt jemandem gehören, dann der Freiheit. Die Freiheit aber will mal den Frieden, mal den Krieg."