Aus diesem Grund hat der Vorstand des Börsenvereins Bedingungen für den Fortbestand der Plattform formuliert. Die Kernpunkte: Buchhandel.de wird Gebühren erheben und die Zahl der beteiligten Buchhändler muss steigen. Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins, betonte, dass die MVB eine Entscheidung dazu brauche, wie es mit dem Portal weitergehen solle.
Man könne die MVB und damit auch den Verband nicht weiterhin mit diesen negativen Ergebnissen belasten. „Daher ist der Vorstand der Meinung, dass wir jetzt schnell entscheiden müssen, sonst verbrennen wir weiter Geld“, sagte Riethmüller. Weil das Thema schon einige Zeit schwelt und in der Fachgruppenversammlung nicht abschließend diskutiert wurde, hat sich eine Task Force aus dem Kreis der IG Pro damit beschäftigt und Vorschläge zum weiteren Vorgehen gemacht. Diese sind, etwas modifiziert, vom Vorstand weitgehend angenommen worden. Boersenblatt.net dokumentiert den Beschluss des Vorstands zur Weiterführung von buchhandel.de im Wortlaut:
„1. Buchhandel.de ist eine wichtige Plattform zur Stärkung des lokalen Buchhandels, weil sie Sichtbarkeit des lokalen Buchhandels, Neukundengewinnung für den lokalen Buchhandel und Markenbildung für die gesamte Branche begründet und ermöglicht.
2. Die Plattform buchhandel.de soll unter Berücksichtigung des hohen Defizits (660 TEUR in 2015 / über 300 TEUR in 2016) unter folgenden Voraussetzungen weitergeführt und weiterentwickelt werden:
- Die Provision für einzelne Transaktionen soll von drei auf zehn Prozent erhöht werden.
- Es wird für jede Buchhandlung eine Grundgebühr von 20 EUR/Monat eingeführt, sowie 5 Euro je Filiale.
3. Die Akzeptanz der teilnehmenden Buchhändler für dieses Gebührenmodell soll mit der nächsten Rechnungsstellung geprüft werden. Sollten sich weniger als 75 Prozent der jetzt teilnehmenden Buchhandlungen verpflichten, diese Beiträge zu zahlen, wird buchhandel.de eingestellt.
4. Sollten sich 75 Prozent und mehr dafür aussprechen, wird buchhandel.de fortgesetzt. Den nichtzustimmenden Buchhandlungen wird ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt.
5. Bis Endes des Jahres 2016 müssen ca. 1.000 Buchhandlungen an buchhandel.de teilnehmen. Liegt die Zahl darunter, wird buchhandel.de eingestellt.
6. Für den Fall der Einstellung von buchhandel.de werden die VLB-Daten auf anderem Weg zugänglich gemacht.
7. Der Vorstand wird seine Entscheidung auf der Hauptversammlung am Freitag, dem 24. Juni 2016 in Leipzig, ausführlich vorstellen. Dies soll in der anschließenden Berichterstattung im Börsenblatt dokumentiert werden. Die MVB soll die teilnehmenden Buchhandlungen an buchhandel.de unmittelbar nach der Hauptversammlung in einem ausführlichen Schreiben über den Beschluss des Vorstands informieren und das weitere Vorgehen konkret beschrieben.“
An die Bekanntgabe des Beschlusses schloss sich eine rege Diskussion an. Michael Riethmüller (Ravensbuch) drückte sein Bedauern darüber aus, dass ausschließlich über die Kosten und nicht über die Qualität von buchhandel.de gesprochen würde. "Wir sollten darüber reden, wie buchhandel.de verbessert werden kann", sagt er.
MVB-Geschäftsführer Ronald Schild verwies darauf, dass jede Weiterentwicklung weitere Investitionen erfordere, das würde das Defizit nur verschlimmern. Gefragt, wie die hohen Verluste zustande kommen, rechnete Schild vor, dass nur minimale Umsätze (ca. 600.000 Euro pro Jahr bei drei Prozent Provision) erwirtschaftet würden, aber Infrastruktur und Personal vorgehalten werden müssten. "Die MVB kann das Produkt nicht dauerhaft subventionieren", so Schild.
Heinrich Riethmüller gab zudem bekannt, dass "Spiegel online" den Link zu buchhandel.de von seiner Seite genommen habe, weil es zu wenig Traffic gegeben habe. Stattdessen werde bald auf Thalia verlinkt.
Mehr zur Debatte um buchhandel.de gibt es am Freitag auf der Hauptversammlung des Börsenvereins.
Um den Kosten bei hinter Erwartungen zurückgebliebenen Gewinnen zu entgegnen, sollen die tragenden Säulen (die teilnehmenden Verkäufer) zur Kasse gebeten werden. Wenn ich das lese, dann ist für mich Buchhandel.de schon tot.
Das ist das völlig falsche Signal und hat noch nie funktioniert. Denn die teilnehmenden Händler - das muss klar sein - ziehen aus dem gleichen Grund auch kaum Gewinn aus ihrer Teilnahme bei Buchhandel.de. Warum sollten sie davon auch noch mehr hergeben wollen?
Ist es denn den Verantwortlichen nicht klar, dass Gewinne nur dann entstehen, wenn es genug Käufer gibt, welche die angebotene Ware kaufen? Damit diese kommen und kaufen, müssen sie Buchhandel.de aber erst einmal kennen. Stichwort: Werbung. Und genau da gehört erst einmal investiert. "Ein Gegengewicht zu Amazon aufbauen", hatte es zu Beginn der Plattform getönt. Aber da reichen doch ein paar Flyer und Plakat nicht, das muss doch klar sein! Dazu gehört schon permanente Werbung in allen Medien. Das muss man bei einem so ehrgeizigen Vorhaben von vorne herein einplanen und die Finanzierung dafür langfristig planen und sichern. Wie viele Jahre hat denn Amazon rote Zahlen geschrieben? Aha ... !
Und um ehrlich zu sein: ich sehe für den Kunden keine wirklichen Vorteile bei Buchhandel.de gegenüber Amazon. Einzige echte Motivation könnte in meinen Augen die vom Käufer beabsichtigte Stärkung des regionalen Einkaufsgebiets sein, sowie die bewusste Suche nach Einkaufsalternativen. Aber das allein bietet einen viel zu eingeschränkten, potentiellen Käuferkreis.
Und wenn ich aus den sehr wenigen, bisherigen Erfahrungen mit Buchhandel.de berichten soll, dann muss ich sagen, dass von den Kunden überwiegend Bücher bestellt wurden, die zum Zeitpunkt der Bestellung nicht mehr lieferbar waren, die also auch bei Amazon nicht mehr neu gekauft werden konnten. Die Bestellungen kamen daher meist nur durch Probleme des Abgleichs zwischen VLB und dem lieferbaren Datenbestand zustande.
Schade! Wieder eine schöne Idee, die den Bach runtergeht...
Fazit: Ausser Spesen nix gewesen!
Wenn buchhandel.de eingestellt wird, ist das für die Kunden ein sehr sehr kleines Problem. Der über diese Plattform erzeugte Umsatz ist sehr gering. Deshalb ist es auch für fast alle Buchhändler ein sehr kleines Problem, wenn buchhandel.de eingestellt wird. Die Buchhändler verfügen in der Regel über gut funktionierende Webshops, die sie bei Dienstleistern mieten und auf Ihre Buchhandlung labeln. Diese vorhandene und funktionierende Infrastruktur muss der Börsenverein als "Click & Collect" fördern. Diese hervorragende Infrastruktur ist die Alternative zu amazon und nicht diese Rumpelmaschine buchhandel.de. Außer der MVB und vorallem deren gut verdienenden Dienstleistern fällt mir überhaupt niemand ein, der einen Nutzen aus buchhandel.de zieht. Vielleicht haben noch ein paar Kleinstverleger einen Vorteil davon, aber sonst? Seit seinem Start ist buchhandel.de ein defizitäres Projekt. Der durch buchhandel.de erzeugte Defizitbetrag dürfte über die Jahre gerechnet inzwischen bei 5...7 Mio EUR liegen.