450 künftige Buchhändler und 729 Medienkaufleute haben im vergangenen September ihre Ausbildung -begonnen, nun sind es 30 beziehungsweise 22 weniger, und mancher sorgt sich, was da denn los sei - verbunden mit der reflexartigen Frage, ob die Branche an Attraktivität verloren habe. Hat sie nicht. Vor allem mit Blick auf die anderen Lehrberufe: Da hat das Bundesinstitut für Berufsbildung schon vor zwei Jahren ermittelt, dass jede vierte Ausbildung abgebrochen wurde - 150 000 insgesamt -, ein Drittel davon in der Probezeit.
Fakt ist auch: Die Schulabgänger können sich ihre Lehrstelle aussuchen. Da sich 2015 fast die Hälfte eines Jahrgangs für ein Studium entschieden hat, suchen Unternehmen händeringend nach Auszubildenden. Mit dem Wissen, begehrt zu sein, haben sich die Verhaltensweisen der Lehrlinge in spe geändert. Auf dem von Börsenverein, Börsenblatt und Leipziger Buchmesse veranstalteten Karrieretag im März berichteten nicht wenige Buchhändler und Verleger, dass Bewerber zum verabredeten Bewerbungsgespräch oder Auszubildende am ersten Tag nicht erscheinen.
„Mit dem Wissen, begehrt zu sein, haben sich die Verhaltensweisen der Azubis geändert.“
Sie halten sich alle Möglichkeiten offen und haben zwischenzeitlich etwas in ihren Augen Besseres gefunden - auch das ist kein Branchenspezifikum. Hätten die Unternehmen vor zehn Jahren noch ob der groben Unhöflichkeit gesagt: Wer nicht will, der hat schon - der Nächste bitte!, telefonieren sie inzwischen hinterher. Denn es gibt keine Warteschlange. Die Azubis, die oft auch älter sind - laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat sich seit 2000 die Zahl der Azubis zwischen 25 und 30 Jahren auf mehr als 113.000 verdoppelt - haben höhere Ansprüche an die Qualität der Ausbildung, was keineswegs schlecht ist. Und wenn sich Vorstellungen über die Berufsinhalte als falsch erweisen oder die Soft-Skill-Probleme unlösbar sind, ist manchmal für den Lehrherrn sowie den Azubi eine Trennung sinnvoller.
Ich glaube, meiner Generation stehen zu viele Möglichkeiten offen. Ich höre so oft, dass Leute lieber was anderes anfangen wollen, als auf ihren Fähigkeiten aufzubauen (nehme mich da nicht aus, mir fallen Entscheidungen auch furchtbar schwer).
Ich wäre übigens als Angestellte im Buchhandel auch sehr glücklich, wie viele meiner bücherliebenden Komilitonen. Bisher habe ich nur absagen bekommen, da ich nicht DIE Ausbildung gemacht habe (aber noch mal 3 Jahre bei Wasser und Brot möchte ich mir nicht antun).
Wenn da noch ein bisschen mehr Flexibilität von seiten der Arbeigeber gezeigt würde, müssten sie sich nicht um Nachwuchs sorgen - nur hat der mehr einen akademsichen/quereinsteigenden Hintergrund. Geld sei meiner Generation bekanntlich ja weniger wichig als eine ausgewoene Work-Life-Balance und Zufriedenheit im Job, also warum nicht?
Ja, auch Arbeitnehmer dürfen Anforderungen an ihren Arbeitsplatz und ihren Arbeitgeber stellen, genau wie andersherum.