Wie Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang berichtet, sorgt das Thema derzeit »für Unruhe« bei Buchhändlern, Zwischenbuchhändlern und den Verlagen – was nicht zuletzt daran liegen dürfte, dass sich Ausmalbücher für Erwachsene zur Zeit sehr gut verkaufen und immer mehr Titel dazu auf den Markt kommen.
Offenbar handhaben Verlage die Besteuerung der Produkte teilweise unterschiedlich, weil die Rechtslage nicht ganz eindeutig ist. Während die einen die Titel den Kindermalbüchern zuordnen (Steuersatz: 7 Prozent), gibt es andere, die solche Bücher als Sammlung von Illustrationen (ebenfalls 7 Prozent) einstufen. In Einzelfällen sind auch Erwachsenen-Malbücher auf dem Markt, die mit 19 Prozent besteuert werden. Vor allem der Handel dringe aktuell auf eine schnelle, verlässliche Regelung, berichtet Sprang.
Der Börsenverein ist gerade dabei, betroffene Mitgliedsfirmen zum Austausch an einen Tisch zu holen – gemeinsam mit der Münchner Kanzlei Crowe Kleeberg, die den Verband in Steuerfragen berät (Anmeldung für die entsprechende verbandsinterne Mailinggruppe: laier@boev.de oder sprang@boev.de).
Erste Tipps für Verlage gibt Steuerexperte Erwin Herzing von Crowe Kleeberg im Interview:
Die Steuerprüfung hat bei einem großen Händler der Branche angemahnt, dass Ausmalbücher für Erwachsene, aber auch Sticker- und Sudoku-Bücher mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belegt werden müssten. Ist Buch nicht gleich Buch?
Grundsätzlich unterliegen Bücher natürlich dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Aber es gibt Produkte, bei denen man sich fragen kann, ob sie überhaupt die Kriterien für Bücher erfüllen. Die Einordnung richtet sich nach dem so genannten Zollkodex, der in der Praxis leider nicht immer leicht anzuwenden ist. In kritischen Fällen muss der wissenschaftliche Dienst des Zolls um eine eindeutige Einschätzung gebeten werden – dort können Verlage eine unverbindliche Zolltarifauskunft einholen und viele tun das im Zweifelsfall auch. Bei den Ausmalbüchern allerdings war das offenbar anders: Denn erst durch die Betriebsprüfung in einem großen Handelsunternehmen sind jetzt in der Branche überhaupt Zweifel an der Anwendung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes aufgekommen.
7 oder 19 Prozent? Wie würden Sie Produkte wie Ausmal- oder Sudoku-Bücher eingruppieren? Oder lässt sich nicht alles über einen Kamm scheren?
Da muss man in der Tat differenzieren:
- Zu Sudoku-Büchern gibt es ein rechtskräftiges Urteil des Hamburger Finanzgerichts vom 30. April 2014, das ganz klar besagt, dass hier jedenfalls dann 19 Prozent Mehrwertsteuer anzusetzen sind, wenn die Veröffentlichung insgesamt keinen qualifizierenden Text hat. Daran kann die Branche erst einmal schwer rütteln. Die streitgegenständliche Veröffentlichung bestand außer einer kurzen Einleitung und den Lösungsseiten bloß aus Sudoku-Rätseln.
- Stickerbücher, die nicht nur reine Stickerheftchen sind, sollen unter die 7 Prozent fallen, ebenso wie Malbücher für Kinder. Hierzu gibt es laut Zollauskunft auch bereits positiv beschiedene Anfragen - beziehungsweise: für Malbücher für Kinder ist das bereits im Zollkodex so festgeschrieben.
- Ausmalbücher für Erwachsene dagegen sind ein Sonderfall, weil sie erst vor wenigen Jahren aufgekommen sind. Manche sind genauso gut als Malbuch für Kinder geeignet, da ist die Einordnung mit 7 Prozent unproblematisch. Steuerrechtliche Unschärfen gibt es dann, wenn die Titel eindeutig als Ausmalbücher für Erwachsene beworben bzw. konzipiert werden. Denn als der Zollkodex erarbeitet wurde, hat niemand daran gedacht, dass es solche Produkte einmal geben könnte. Deshalb finden sie dort auch keine Erwähnung.
In einem Punkt bin ich mir allerdings sicher: Wenn man die Entwicklung vorausgesehen hätte, dann wären die hier in Frage stehenden reinen Malbücher beim ermäßigten Mehrwertsteuersatz eingruppiert worden.
Das heißt, Sie empfehlen den Verlagen, die 7 Prozent weiter anzuwenden?
Ja, für die Verlage, die das Produkt augenblicklich mit 7 Prozent eingruppiert haben, denn im Moment können die Verlage nur der Dinge harren, die da kommen. Die meisten Ausmalbücher werden derzeit mit 7 Prozent Mehrwertsteuer vertrieben. Und aufgrund einer einzelnen Betriebsprüfung bei einem Händler alle Bücher im vorauseilenden Gehorsam auf 19 Prozent umzustellen, wäre aus meiner Sicht wenig sinnvoll. Die Mehrkosten können ohnehin nicht einfach an den Kunden weitergegeben werden. Empfehlenswerter ist es da, das Risiko einer Nachforderung entsprechend einzukalkulieren.
Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, dass der Fiskus hier Nachforderungen stellen könnte?
Unter der Federführung des Börsenvereins sammeln wir derzeit die Argumente der Branche für den ermäßigten Steuersatz – um die vielen guten Gründe dann entsprechend an die Finanzbehörden zu kommunizieren. Wenn es nicht gelingt, die Betriebsprüfung zu überzeugen, dann hat der Wissenschaftliche Dienst des Zollamtes das letzte Wort. Er entscheidet in solchen Fragen. Abraten würde ich den Verlagen davon, jetzt im Alleingang aktiv zu werden und für ihre Titel unverbindliche Zolltarifauskünfte beim Wissenschaftlichen Dienst einzuholen. Das wäre kontraproduktiv. Ein gemeinsames, koordiniertes Vorgehen ist der beste Weg ans Ziel. Und eine Entscheidung dürfte nicht allzu lange auf sich warten lassen.