Das minimal viable product, also das minimal überlebensfähige Produkt, wie Thalia-CEO Michael Busch die Plattform nennt, ist in weniger als einer Woche entstanden. Mit Hochdruck hätten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Unternehmen daran gearbeitet. "Wir wollten in der Corona-Krise nicht warten und kommen lassen", sagte Busch, "sondern aufstehen und selbst etwas tun." Am Freitag haben Michael Busch, Hartmut Falter und Christian Riethmüller shopdaheim.de der Presse vorgestellt.
Gerade jetzt sei die Bevölkerung sensibilisiert, da sie direkt vor Augen habe, wie es ist, wenn alle Läden geschlossen sind. Busch ist sich aber nichtsdestotrotz sicher, dass es nach der Krise eine weitere Tendenz hin zum Online-Handel geben werde. Umso wichtiger sei es, die Händler vor Ort sichtbar zu machen. "Damit können die Kunden die Infrastruktur, die sie erhalten möchten, unterstützen und trotzdem online einkaufen." Der Handel, der mit attraktiven Läden die Innenstädte bereichere, solle so eine erfolgreiche Zukunft haben.
Um die Plattform ans Laufen zu bringen, sind schlagkräftige Partner an Bord. Die Medienkonzerne Funke, Springer und Burda würden werben und berichten, diverse Handelsverbände wie das EHI oder die Einzelhandelsverbände von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hätten ihre Teilnahme ebenfalls zugesagt. Der Handelsverband Deutschland, HDE, solle auch noch mobilisiert werden. Dafür, dass gleich zum Start zahlreiche Buchhandlungen auf die Plattform kommen, sollen die Barsortimente KNV Zeitfracht, Umbreit und Libri mit einer Schnittstelle zu ihren jeweiligen Shops sorgen, weitere Buchhandelspartner haben sich in Deutschland ebenfalls angeschlossen, zum Beispiel eBuch. In Österreich sind Morawa, buchmedia, KNV Zeitfracht sowie Libri dabei.
Christian Riethmüller, geschäftsführender Gesellschafter von Osiander, sagte, dass die vielen guten lokalen Initiativen es bisher nicht geschafft hätten, bundesweit sichtbar zu werden. Das könne sich nun ändern, auch sie könnten dabei sein. Für die Händler sollen keine Kosten oder Fees anfallen, wenn sie bei shopdaheim.de mitmachen. "Sie müssen sich das wie eine Datingplattform vorstellen, wir wollen Kunden und Handel zusammenbringen und uns dann zurückziehen", erläuterte Busch. Bislang würden Thalia Mayersche und Osiander die Kosten für das Projekt tragen, die sechsstellig sein dürften, schätzt Busch. Hartmut Falter rechnete ein wenig anders: "Leidenschaft plus Zeit ist gleich Wertschöfpung für alle." Der Buchhandel sei der Nukleus für diese Plattform.
Erste Händler aus unterschiedlichen Branchen und Städten, die nicht zu den oben genannten Partnern gehören, sind bereits auf die Plattform gekommen.
Wer mitmachen möchte, kann folgendes tun:
- Händler, die sowohl stationär wie auch digital aktiv sind, können sich ab sofort unter der E-Mail-Adresse partner@shopdaheim.de melden, um Teil des nationalen Netzwerks zu werden.
- Sie werden sukzessive und schnellstmöglich integriert, da sich die Plattform aktuell noch im Aufbau befinde.
- Auch eine flächendeckende Kundenkommunikation sei wichtig, damit möglichst viele Menschen erreicht ─ und zum Umdenken beim Einkaufen bewegt werden können.
Eine neue Kampagne soll für hohe Aufmerksamkeit sogen. So würden zum Start rund neun Millionen Bruttokontakte erreicht: Mit dem gemeinsamen Kundenkatalog, den Unternehmens-Shops sowie Kundenmailings und Social Media-Aktivitäten.
Corona-Spenden gewünscht
Thalia, Mayersche und Osiander haben sich zudem entschlossen, für die Corona-Hilfe der RTL Kinderstiftung Bücher und Beschäftigungsmaterial im Wert von zunächst 50.000 Euro zu spenden. Alle Händler, die auf die neue Plattform kommen, werden gebeten, entweder hier ebenfalls zu spenden oder etwas für Corona-Hilfen in ihrer Gegend zu geben.
Busch hofft, dass die Graswurzelbewegung schnell einen großen Schub bekommt und auf breites Interesse stößt. Die Zeit dafür läuft ab sofort.
Aus meiner Sicht als IT-Dienstleister der Branche ist dies genau das, was die Branche in Deutschland benötigt, um die Abhängigkeit von Amazon zu reduzieren und um Online-Handel und Offline-Handel sinnvoll miteinander zu verbinden: Der Kunde muss komfortabel on- und offline einkaufen können und seinen Umsatz und seine Ware dort hinlenken können, wo er es will - wo er es abholen will, von wo er es (z.B. auch per Fahrradkurier, wie es hier gerade in Kiel begonnen wird) geliefert bekommen möchte. Überregionalen Online-Branchen-Shop mit regionalem Offline-Handel zu verbinden ist ein Konzept, das ich für zukunftsträchtig halte - auch für die Zeit nach Corona.