"Wir leben gerade in einer für uns alle sehr herausfordernden Zeit. Dennoch möchte ich heute unsere diesjährigen Literaturpreisträgerinnen und -träger bekannt geben, die Ende Februar von unseren Expertinnen und Experten in den Jurys nominiert worden sind", sagt Staatssekretärin für Kunst und Kultur Ulrike Lunacek in einer Presseinformation. "Bücher geben uns die Möglichkeit innezuhalten und Abstand zu gewinnen. Bücher – und sie werden von vielen Buchhandlungen auch nach Hause geliefert – helfen uns zu reflektieren, zu lernen und Hoffnung zu schöpfen." Das sind die Preise und Preisträger 2020:
Österreichischer Staatspreis für europäische Literatur
In diesem Jahr wird damit der slowenische Romancier, Erzähler und Essayist Drago Jančar ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich für das literarische Gesamtwerk einer europäischen Autorin bzw. eines europäischen Autors verliehen, das international besondere Beachtung gefunden hat. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.
Mit Jančar werde ein Schriftsteller geehrt, dessen Werk bezeugt: ohne Widerspruch, ohne Widerrede bleibt jedes Bild unvollständig und in der Tendenz totalitär. Sein vielgestaltiges Werk sei durchdrungen von einer "Offenheit voller Zweifel". Er schreibe seit jeher im Bemühen darum, Simplifizierungen als etwas kenntlich zu machen, das letztlich auf die Vernichtung der Menschlichkeit hinauslaufe. "Am Einzelnen die Verwerfungen unserer Geschichte eindringlich nachvollziehbar zu machen: darin liegt eine der großen Stärken seiner Literatur", so die Jury-Begründung.
Outstanding Artist Award für Literatur
Gertraud Klemm wird mit diesem Award ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich an eine Autorin bzw. einen Autor der jüngeren oder mittleren Generation vergeben, die/der bereits wichtige literarische Veröffentlichungen vorweisen kann. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
Klemm sei es in bislang fünf, in rascher Abfolge seit 2015 erschienen Romanen gelungen, Feminismus nicht nur zu propagieren, sondern auch literarisch erfolgreich umzusetzen. Sie verstehe es nicht nur, ständig sich verändernde, neue Fragestellungen einer Gesellschaft des permanenten Wandels in ihre Texte zu integrieren, sie erinnere auch auf unmissverständliche Weise an die Aktualität alter Themen: zentral sei dabei noch immer die Forderung nach der Gleichberechtigung von Frauen, die mittlerweile allzu gerne als selbstverständlich abgetan werde. "Gertraud Klemm ruft mit ihren Büchern vor allem in Erinnerung, dass alles Schreiben über jenen utopischen Kern verfügen muss, der einmal folgendermaßen definiert wurde: 'Keine neue Welt ohne neue Sprache!'", so die Jury.
Österreichischer Kunstpreis für Literatur
Damit wird Kathrin Röggla geehrt. Der Preis wird jährlich für das literarische Gesamtwerk einer österreichischen Autorin bzw. eines österreichischen Autors vergeben und ist mit 15.000 Euro dotiert.
Röggla habe sich in den vergangenen Jahren als eine der innovativsten und relevantesten Stimmen der gesamten deutschsprachigen Literatur ihrer Generation etablieren können. Ihr vielfältiges, konventionelle Gattungsgrenzen überschreitendes Schreiben decke ein auffällig breites Spektrum ab: Prosatext und Theater, Essayistik, Hörspiel und zuletzt die multimediale Installation. "Schon seit ihren Anfängen widmet sich Röggla der Darstellung, Analyse und Kritik der Gegenwartsgesellschaft, des neoliberalen Ausnahmezustands und seinen sozialen wiesprachlichen Verwerfungen. Gerade diese doppelte Optik zeichnet ihr literarisches Œuvre aus", so die Jury.
Outstanding Artist Award für Kinder- und Jugendliteratur
Die Illustratorin Leonora Leitl erhält den Award 2020. Der Preis wird biennal vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Die bisherigen Arbeiten von Leonora Leitl im Bereich der Kinderliteratur seien geprägt durch große Vielfalt. Das betreffe sowohl das Genreangebot, das vom Sagenbuch über das erzählende Sachbuch und das Bilderbuch zum philosophischen Fragebuch reiche, als auch die dafür genutzten illustratorischen Stile und Techniken. "Leonora Leitl stellt scheinbar naive Figurengestaltungen in kräftiger Farbigkeit in den Vordergrund, weiß aber die Komplexität der jeweiligen Texte künstlerisch zu inszenieren, indem sie nicht nur mit Buntstift und Collagetechniken arbeitet, sondern auch zu ganz ungewöhnlichenMaterialien greift", so die Jury.
Österreichischer Kunstpreis für Kinder- und Jugendliteratur
Preisträgerin 2020 ist die Illustratorin Renate Habinger. Der Preis wird biennal vergeben und ist mit 15.000 Euro dotiert.
Habinger sei seit nunmehr rund 40 Jahren als Illustratorin und Autorin eine Ausnahmeerscheinung in der österreichischen Kinderbuchszene, die sie auch als Gründerin eines eigenen Kinderbuchhauses wesentlich mitgestaltet habe. "Ihr umfangreiches Werk ist geprägt von der Lust am (Sprach-)Spiel, setzt vermeintliche Kleinigkeiten groß in Szene und erkundet ein ums andere Mal mit variierenden stilistischen Mitteln die Möglichkeiten und Grenzen des Erzählens in Wort und vor allem mit Bildern. Beeindruckend ist überdies, dass die Künstlerin bei aller Vielfältigkeit ihres Schaffens stets eine ganz eigene Handschrift erkennen lässt", so die Jury.
Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik
Diesen erhält Thomas Macho. Der Preis wird biennal vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Unter den Bedingungen einer Wissensgesellschaft gelinge Thomas Macho in seinem Denken und Schreiben auf erstaunliche Weise zweierlei: Er lasse sich von seiner Sympathie für Abzweigungen und Nebenwege leiten und bleibe zugleich auf eine Hauptfrage konzentriert – in seinem Fall: Tod und Sterblichkeit. "Seine besondere kulturpublizistische Leistung besteht nicht zuletzt in seinen klug gesetzten Zitaten. Wie kaum ein anderer weiß Thomas Macho die Verknüpfung menschlichen Handelns mit politischen, kunstgeschichtlichen und mythischen Narrativen sichtbar zu machen", so die Jury.
Termin für Preisverleihung noch offen
"Ich gratuliere den Autorinnen und Autoren sowie den beiden Illustratorinnen herzlich zu den Auszeichnungen. Sobald es wieder möglich sein wird, Veranstaltungen abzuhalten, werden wir mit den Planungen für die Verleihungen beginnen, damit wir dann mit den Literaturbegeisterten unseres Landes diese wunderbaren Künstlerinnen und Künstler feiern können", erklärt Staatssekretärin Lunacek.